——— 14 eine Leipziger Firma. Wir hätten dieſe Firma, die nach ganz anderen Prinzipien organiſiert iſt, wirklich etwas derartiges einrichten wollte, erreicht, daß eine Firma aus Leipzig ein Charlottenburger Unternehmen — denn das iſt es doch de facto — verdrängt. Sie würden aber ſehr bald ſehen, daß das, was die Deutſche Kiosk⸗ geſellſchaft leiſten kann durch ihre Verbindungen nach außerhalb, durch ihren Bezug von Zeiiſchriften aller Art, die Leipziger Firma nicht leiſten kann. Sie würden entſchieden ſchlechter abſchneiden und ſehr bald einſehen, daß Sie etwas Minderwertiges eingetauſcht hätten. Ich bitte Sie dringend, den Antrag des Ausſchuſſes anzunehmen. Stadtv. Dr. Zepler: Meine Herren, ich bin auch gegen den Magiſtratsantrag, im Einverſtändnis mit meiner Fraktion ſelbſtverſtändlich. Indeſſen motivieren möchte ich die Sache doch etwas anders, als mein Fraktionsgenoſſe Borchardt getan hat. Es tut mir leid, hier in einen gewiſſen Gegen⸗ ſatz zu ihm zu treten, (Stadtv. Dr. Borchardt: Ich bitte ums Wort!) aber ich möchte doch meinen Standpunkt charakteriſieren, weil ich es nicht für unweſentlich halte, ihn hervor⸗ zuheben. Ich bekenne mich zu den Anſichten des Herrn Kollegen Braune. Uberlegen Sie ſich doch mal die Verhältniſſe, meine Herren! Es handelt ſich hier um ein großkapitaliſtiſches Unternehmen. Der induſtrielle Konzentrationsprozeß iſt ſonſt ganz ſpontan. Wir können ihn nicht aufhalten, wir müſſen ihn uns gefallen laſſen. Die Entwicklung geht über die einzelnen ſchwachen Eriſtenzen un⸗ barmherzig hinweg. Hier aber wird ein ſolches Unternehmen künſtlich gefördert, und zwar würde die Hand dazu die Behörde bieten. Ich glaube nicht, daß es das Richtige iſt, daß die Stadt dazu die Hand bietet, eine ganze Anzahl ſelbſtändiger, noch dazu nur kleiner Eriſtenzen zu vernichten; denn es iſt ganz klar, daß es ſich um eine Vernichtung, mindeſtens um die Schwächung der Exiſtenz ſolcher Leute handelt. (Widerſpruch.) Stellen wir uns nicht auf den unbarmherzigen Standpunkt der Entwicklung. Die Entwicklung fönnen wir nicht aufhalten; aber wir haben keine Veranlaſſung, ſie künſtlich zu fördern. Das würde das Gegenteil von Mittelſtandspolitik ſein, mit der ſich auch neuerdings die Liberalen ſo ſehr befaſſen. (Zuruf bei den Liberalen: Die treiben wir nicht!) Ich ſtehe auf dem Standpunkt, daß wir die Exiſtenz dieſer kleinen Leute nicht gefährden helfen ſollen. Etwas anderes iſt es nicht. Wenn es ſich um un⸗ vermeidliche Sachen handelte, würde ich gar nichts ſagen. Aber wozu ſoll die ganze Geſchichte ſein? Liegt eine zwingende Notwendigkeit vor, daß dieſe Kioske begründet werden? Würde es ſich um etwas Notwendiges handeln, z. B. um hygieniſche Maß⸗ nahmen, ſo würde ich gewiß der erſte ſein, der die Hand dazu bietet. Aber um ſo etwas handelt es ſich nicht; es handelt ſich um eine zweifelhafte Ver⸗ ſchönerung unſerer Stadt. Wenn beſtritten wird, daß den Händlern Konkurrenz gemacht wird, ſo be⸗ greife ich das nicht. Der Verkehr wird ſich dahin ziehen, wo die leiſtungsfähigen Händler ſind, alſo die Kioske; kleine Händler die in der Stadt verſtreut ſitzen, ſind ja ohnehin mit kleinem Verdienſt zu⸗ frieden. Aber dieſen wird dann der Verdienſt no ſo beſchnitten, daß kaum etwas übrig bleibt, währen den Kiosken, ſchließlich, wenn auf den Untergrundbahnſteigen breit machen. einem großen Unternehmen, mehr Profit zugeſchanzt wird. Ich glaube, dazu ſind wir entſchieden nicht da. Es wurde auch die Frage der Konzeſſionsent⸗ ziehung angeſchnitten; es hieß: die Händler haben ja keine Berechtigung, kein juriſtiſches Recht, den Platz, den ſie einnehmen, zu beanſpruchen. Das iſt richtig. Wir dürfen aber nicht bloß den Rechts⸗ ſtandpunkt geltend machen. Es gibt auch ein moraliſches Recht, und in unſerer Zeit müſſen wir in ſozialer Hinſicht die kleinen Eriſtenzen berück⸗ ſichtigen. Es iſt doch ſehr wahrſcheinlich, daß die Konzeſſion den Händlern nachher entzogen wird. Jetzt wird das Bedürfnis zugeſtanden; wenn erſt Kioske da ſind, kann ſich die Polizei dahinter ver⸗ ſchanzen, daß kein Bedürfnis vorhanden iſt, fliegende Händler zu konzeſſionieren. Alſo wird ihnen die Konzeſſion entzogen. Das müſſen wir auch in Be⸗ tracht ziehen. Wenn Herr Kollege Stadthagen auf andere Städte, beſonders auf Paris bezug nahm, wo durch den Straßenverkehr der Einzelverkauf von Zeitungen gefördert wird, ſo möchte ich entgegnen, daß in Paris gerade die kleinen Leute davon leben. Hier ſollen es die Pavillons ſein, die an beſtimmten Stellen ſtehen. Dort iſt alſo das Umgekehrte der Fall. Dort werden die kleinen Leute begünſtigt. Es wurde hervorgehoben, daß die kleinen Leute keine Miete zahlen. Das iſt der richtige krämerhafte Standpunkt: wenn ſie keine Miete zahlen, können ſie verhungern, brauchen ſie nicht zu eriſtieren. Dafür müſſen ſie ſich aber auf der Straße Rheuma⸗ fismus und dergleichen holen. Mögen die Laden⸗ inhaber darin ihre Beruhigung finden und es damit ſein Bewenden haben laſſen. Auch die ſchlechte Lektüre würde durch die Kioske nicht eingeſchränkt. Die iſt auch in den Läden zu haben. Und wenn den Händlern der Zeitungsverkauf genommen wird, dann werden ſie ſich erſt recht auf die ſchlechte Lektüre werfen und damit hauſieren. Sie werden ja geradezu zum Hauſieren angetrieben werden; das hat alſo noch viel ſchlimmere Folgen, als wenn hier und da ein ſchlechtes Buch auf der Straße gekauft werden kann. Das ſind die Bedenken die ich ausſprechen möchte. Im übrigen ſchließe ich mich meinem Fraktionskollegen an. (Stadtv. Dr. Crüger: Iſt ja nichts mehr übrig! Heiterkeit.) Stadtv. Dr. Spiegel: Meine Herren, ich möchte zunächſt betonen, daß der Gedanke, Zeitungskioske zu errichten und namentlich, wie der Magiſtrat es vor⸗ ſieht, ſie mit Telephonapparaten und Schreibſtuben zu verbinden, mir durchaus ſympathiſch iſt. Aber weniger ſympathiſch iſt mir der vorgeſchlagene Weg, dieſen ganzen Betrieb an eine große Geſellſchaft zu vergeben. Ich kann mich den Gründen, die Herr Kollege Braune angeführt hat, ohne weiteres anſchließen. Ich kann auch die Gründe, die dagegen angeführt find, nicht ohne weiteres gelten laſſen. Was ſpeziell die ethiſchen Grundſätze anbetrifft, die angeblich durch die Deutſche Kioskgeſellſchaft ſo ausgezeichnet gewahrt werden, ſo muß ich ausdrück⸗ lich darauf hinweiſen, daß dieſelben Räuberromane, die mit Mißfallen der Herr Kollege Borchardt auf den Straßen geſehen hat, ſich in den Auslagen der Firma Stielke auf den Stadt⸗ und beſonders . Ir müſſen alſo die Schubbeſtimmungen, die Herr Kollege