oben angeführten Gründen vor einigen Jahren die Berliner Stadtverordnetenverſammlung die damalige faſt gleiche Magiſtratsvorlage abgelehnt habe. (Stadtv. Ruß: Damals!) Ich habe auch nicht gehört, daß jetzt eine neue Vorlage dort vorbereitet würde. Ich mache noch darauf aufmerkſam. daß eine ganze Anzahl von Leuten Hunde zur Bewachung ihrer Wohnungen und zu ihrem Schutze halten. Das iſt bei unſerer durchaus nicht auf der Höhe ſtehenden Polizei leicht begreiflich. Mir iſt der Antrag Zepler, wenn er durch⸗ führbar iſt, durchaus ſympathiſch; nur dadurch könnte eine wirklich gerechte Verteilung der Hundeſteuer herbeigeführt werden, wenn ſie nach der Einkommen⸗ ſteuer abgeſtuft würde. Vorſteher⸗Stellv. Kaufmann: Ich nehme an, daß Herr Kollege Bollmann ſeine Bemerkung von der nicht auf der Höhe ſtehenden Polizei ſo gemeint hat: wir haben eine zu geringe Anzahl von Polizei⸗ organen —, daß er gemeint hat, nach dieſer Richtung hin ſei ein Mangel vorhanden, daß er aber im übrigen nicht einen Vorwurf hat machen wollen. Stadtv. Bollmann: Das wollte ich damit ſagen. Bürgermeiſter Matting: Meine Herren, die Vorlage iſt tatſächlich einem Notſchrei unſerer Ver⸗ waltungen entſprungen, die außerordentlich unter den Ubelſtänden leiden, die durch die große Zahl von Hunden in unſerer Stadt hervorgerufen werden. Es ſind die Straßenreinigungsverwaltung und die Partverwaltung. Es iſt Ihnen in der Vorlage bereits mitgeteilt worden, daß im Verhältnis zur Zunahme der Bevölkerung auch die Zahl der Hunde in vollſtändig gleichmäßiger Weiſe zugenommen hat: der Verdoppelung der Bevölkerung entſpricht die Ver⸗ doppelung der Zahl der Hunde. Aber weil nicht in gleicher Weiſe auch das Stadtgebiet ſich ausgedehnt hat, das Stadtgebiet ſich nicht verdoppelt hat, ſondern nur um ein Drittel zugenommen hat. hat fich die Zahl der Hunde, auf die Fläche berechnet, tatſächlich beträcht⸗ lich vermehrt. Wenn nun hinzukommt, daß in der Tat das Reinlichkeitsbedürfnis in unſerer Be⸗ völkerung außerordentlich gewachſen iſt und daß wir einen Stolz in unſeren ſchönen Garten⸗ und Park⸗ anlagen beſitzen, ſo werden Sie empfinden können, daß unter dieſen Verhältniſſen heute der Übelſtand, der durch die große Zahl der Hunde hervorgerufen wird, größer wirken muß, als er 1895 empfunden wurde, wo man die Hundeſteuer auf 20 feſt⸗ ſetzte. Ausſchließlich dieſer Geſichtspunkt hat den Magiſtrat zu der Vorlage veranlaßt. Daß gleichzeitig dabei eine Erhöhung des Auf⸗ kommens an Hundeſteuer eingetreten iſt, das iſt ein ſekundares Moment, das allerdings nicht zu um⸗ gehen geweſen iſt und uns natürlich auch nicht un⸗ angenehm war, das muß ich wohl ſagen. Wenn ſie nämlich ſelbſt damit rechnen, daß die Zahl der Hunde um 1000 zurückgeſchraubt wird, ſo würde immerhin durch die Erhöhung der Stener noch ein Plus von 30000 ℳ., wie es in den Etat eingeſtellt iſt, hervorſpringen. Das entſpricht aber nach unſerer Auffaſſung reichlich den erhöhten Aufwendungen, die wir unter den geſchilderten Verhältniſfen zur Ab⸗ wendung wenigſtens der gröbſten IIbelſtände zu machen gezwungen find. Nun, meine Herren, iſt es uns ja von vorn⸗ herein klar geweſen, daß dieſe Vorlage, wie ſelten 162 — eine, ein ungeheures Für und Wider hervorrufen würde. Das hat ſich ſchon im Magiſtrat gezeigt; das iſt hier ſchon in der Etatsberatung zutage ge⸗ treten, und es iſt in den Erörterungen, die die Vor⸗ lage in der Preſſe gezeitigt hat, auch hervorgetreten. Mit großer Emphaſe iſt dort auf der einen Seite ſelbſt von den Hundefreunden, die aber das allgemeine Intereſſe über ihre perfönlichen Neigungen zu ſtellen wußten, die Vorlage vertreten worden, dagegen an⸗ dererſeits namentlich von den Hundefreund innen in Grund und Boden verurteilt worden. Auch hier wird es Freunde und Gegner der Vorlage geben, und ich maße mir keineswegs an, die enragierten Hundefreunde der Verſammlung unbedingt auf meine Seite zu ziehen. Aber das wird zugegeben werden: es beſteht eine große Neigung⸗ auf ſeiten der Hunde⸗ freunde, die Ubelſtände, die durch die Hunde hervor⸗ gerufen ſind, zu überſehen. Es iſt eine ganz be⸗ fannte, notoriſche Tatſache, daß es Hundefreunde gibt, die tatſächlich die Augen vor dem Unfug ver⸗ ſchließen, der von den Hunden verübt wird. Es gibt ja ſogar Leute, die es übelnehmen, wenn ſie in einer Reſtauration den Hund von dem Teller, von dem ſie eben gegeſſen haben, freſſen laſſen und ſie darauf aufmerkſam gemacht werden, daß das un⸗ ſchicklich iſt. (Sehr richtig!) Meine Herren, das ſoziale Moment, das Herr Stadtv. Stadthagen herangezogen hat, iſt, meine ich, nicht tragiſch zu nehmen. Ganz abgeſehen davon, ob man gerade die Geſichtspunkte des Herrn Stadtv. Stadthagen als ſozial bezeichnen kann Herr Stadtv. Dr. Stadthagen hat ſich z. B. als Freund der Klavier⸗ ſteuer hingeſtellt; ſicher würden ſodann ſehr viele Klavierfreun dinnen höchſt ungehalten ſein, wenn Sie mit einer ſolchen Steuer kämen und ihnen dadurch ein gewiß ſehr hohes und ideales Vergnügen ver⸗ gällen würden. Rechnen Sie alſo immerhin damit, daß tatſächlich eine Anzahl von Bürgern ſich durch die Erhöhung der Hundeſteuer angeärgert fühlen wird; aber, meine Herren, Sie müſſen, wenn Sie gerecht ſein wollen, auf der Gegenſeite den Wunſch einer großen und überwiegenden Anzahl von Bürgern in Rechnung ziehen, die an den Ubelſtänden, die auf unſeren Straßen beſtehen, Anſtoß nehmen. Sie ſind ja ſchon vielfach hier gekennzeichnet worden, könnten aber noch weiter und unſympatiſcher aus⸗ gemalt werden. Es iſt unter allen Umſtänden da⸗ mit zu rechnen, daß Übelſtände vorliegen, denen ernſtüch zu Leibe gegangen werden muß. Nun ſagt ja ein Teil der Gegner der Vorlage: gewiß, zugegeben; aber mit eurer Vorlage erreicht ihr ja eben das Ziel nicht! Wenn das der Fall wäre, würden wir euch zuſtimmen. Ja, meine Herren, ſchwarz auf weiß wird man das ⸗ in dieſem Augenblick vor allen Dingen — nicht beweiſen können; der ſpätere Effekt wird das klar tun. Aber das iſt doch klar — und das beweiſen die Gegenanträge, die vor allem Herr Stadtv. Dr. Zepler geſtellt hat —: die Steuer wird für viele Bürger doch zu hoch ſein, als daß ſie ſie aufbringen möchten, und ſie werden es vorziehen, ihre Hunde abzuſchaffen bezw einen neuen ſich nicht anzuſchaffen. Daß die Steuer eine Prohibitivwirkung hat, wird aber ſchon dadurch be⸗ wieſen, daß ſie überhaupt beſteht. Die Steuer iſt nicht gedacht und eingeführt als eine Finanzſteuer, ſondern durchweg als Prohibitivſteuer; in allen den Städten, wo ſie beſteht, iſt ſie, nur deswegen ein⸗ eführt, weil man durch ſie das Überhandnehmen der undehaltung hat hemmen wollen Dieſe Wirkung 5