—— 164 treten und iſt nun ganz im Gegenſatz zu dem, was die Herren Magiſtratsvertreter heute ſagen, zu dem Reſultat gekommen, man möge von der Erhöhung der Hundeſtener Abſtand nehmen. Was Herr Stadt⸗ rat Boll damals geſagt hat, das war ſo wunderſchön und ſo zutreffend, daß, wenn ſtenographiſche Berichte von der Sitzung ſchon eriſtierten, ich Ihnen die Lektüre dieſes ſtenographiſchen Berichtes empfehlen würde. Herr Stadtrat Boll führte aus, wie der Hund der Freund der Familie iſt, er führte aus, wie er der Wächter des Hauſes iſt uſw., und das Reſultat war, daß er mit ſeiner Bitte, von dem Vor⸗ ſchlage Abſtand zu nehmen, durchdrang und der Magiſtrat mit ſiegreichen Fahnen über den Antrag hinwegging. Nun, meine Herren, die Gründe, die damals Herrn Stadtrat Boll veranlaßten, ſind es. die mich heute ebenfalls bewegen, gegen die Erhöhung der Hundeſteuer zu ſtimmen und Sie zu bitten, ſich meinem Votum anzuſchließen und die ganze Hunde⸗ ſteuervorlage des Magiſtrats abzulehnen. Die Gründe find genau dieſelben, die Herr Stadtv. Dr. Zepler vorhin auch ſchon angegeben hat: es werden durch die Maßregeln gewiſſe minderbemittelte Volksklaſſen bedrückt, ohne daß in der Sache der größeren Straßen⸗ reinlichkeit auch nur das mindeſte erreicht wird. Meine Herren, als vor drei Jahren die Hunde⸗ ſteuer verhandelt wurde, war eine geringere Anzahl von Hunden vorhanden als heute, vielleicht 500, 600, vielleicht 800 Hunde weniger vorhanden als heute. Damals waren die Klagen genau dieſelben; Herr Kollege Stein erzählte uns damals auch, daß von der Straßenreinigung die Kolonnen ins Land geſchickt werden müßten, um die Trottoirs von dem Hundekot zu reinigen. Das muß geſchehen, ob wir 3000 Hunde oder 4000 Hunde in der Stadt haben. Ich gebe zu, daß in den dichtbevölkerten Stadtteilen Rbelſtände mit dem Halten von Hunden verbunden ſind. Die Beſchmutzung der Straßen iſt Tatſache; (Stadtv. Gredy: Hört, hört!) auf den Straßen ſelbſt kommen Beläſtigungen des Publikums vor. Jawohl, meine Herren, ÜIbelſtände ſind in den dichter bevölkerten Stadtteilen vorhanden, ich erkenne ſie vollſtändig an. Bei uns in dem weniger dichtbewohnten Stadtteil, auf Weſteud, gibt es dieſe Klage nicht; wir haben Raum genug für die Hunde und keine Beſchmutzung der Straßen, wenigſtens nicht in dem Maße, daß die Entſendung beſonderer Kolonnen zur Beſeitigung des Hunde⸗ ſchmutzes notwendig iſt. Alſo, meine Herren, Übelſtände ſind in der dicht⸗ bevölkerten Stadt vorhanden. Aber ſie ſind nicht der⸗ artig, daß Sie jetzt das Mittel ergreifen müßten, die Hundeſteuer zu erhöhen. Ich bin mit den Herren voll⸗ ſtändig einverſtanden, die ſagen: der Wohlhabende, der ein Tier lieb hat, macht ſich nichts daraus, bei den heutigen Geld⸗ und Wertverhältniſſen, ob er 20 oder 30 ℳ zahlt; alſo die Hunde dieſer Bürger werden Sie nicht vermindern, wohl aber die Hunde der kleinen Leute, die ſchon wenig Lebensfreude haben, und die an ihrem Hunde hängen. Von dieſen Mit⸗ bürgern wird die erhöhte Hundeſteuer nicht getragen werden können, ſie werden genötigt, den Hund ab⸗ zuſchaffen, und denken mit Ingrimm an den Magiſtrat und an diejenigen, die ihnen zu dieſem Mißvergnügen verholfen haben. (Sehr richtig!) Das iſt der Grund, weshalb ich Sie bitte, die Magiſtratsvorlage abzulehnen: Sie treffen Leute, die ſonſt wenig Lebensfreude haben, in ihrem innerſten Empfinden, und es nützt hinſichtlich der Reinlichkeit gar nichts. 1 (Sehr richtig! und Bravo!) Stadtv. Dzialoszynski: Meine Herren, auch ich bin ein Hundefreund: aber gleichwohl trete ich dafür ein, daß wir prohibitiv vorgehen, weil die Frage, um die es ſich hier handelt, eine Frage der Reinlich⸗ keit des Hauſes iſt, in dem wir wohnen, das wir zu verwalten haben. Meine Herren, die Zuſtände in Charlottenburg ſind viel ſchlimmer als in Berlin. Ich habe auf ſie geachtet. Gehen ſie auf die Straße, über den Kurfürſtendamm, über die Grolmanſtraße, die Tauenzienſtraße, es wird kein Tag vergehen, wo Sie nicht auffallend viel Hundeſchmutz auf den Straßen finden, wo Sie nicht finden, daß die Straßen, die wir mit vielen Koſten rein halten ſollen, ekelerregend beſudelt ſind. Es iſt in Berlin nicht ſo ſchlimm, weil in Berlin wahrſcheinlich die Hunde nicht ſo dicht find wie in Charlottenburg. In Charlottenburg ſind die Zuſtände dermaßen un⸗ angenehm, daß ſie eine underung erheiſchen. Ich möchte dann noch auf den Unfug hin⸗ weiſen, welcher einmal bei uns eingeriſſen iſt und welchen wir als etwas ganz Selbſtverſtändliches hin⸗ nehmen: daß die Hundebefitzer ihre Hunde allabend⸗ lich auf die Straße führen und unſere Straßen ge⸗ fliſſentlich und abſichlich beſchmutzen laſſen. Nie⸗ mand fällt es ein, einem Hunde ſeinen eigenen Teppich hinzulegen, damit er dort ſein Exkrement ablegt, (Heiterkeit. Zuruf: Aufs Kloſett!) ſondern er wird auf die Straße geführt, und dieſe wird verunreinigt. Dazu ſind unſere Straßen nicht da. Meine Herren, Sie lachen über den Hinweis, daß die Hunde heruntergeführt werden und unſere Straßen verunreinigen. Aber wir können von denen, die gefliſſentlich ihre Hunde herunterführen und die Straßen beſudeln laſſen, verlangen, daß ſie ein Opfer bringen und für die Reinigung der Straßen auch einen entſprechenden Obolus entrichten. Nun iſt hier geſagt worden: ja, die Minder⸗ bemittelten werden betroffen. Das ſtimmt nicht. meine Herren. Der Magiſtrat hat im Jahre 1903 eine Aufnahme des Standes der Hundebeſitzer ge⸗ macht — es gab damals nur 4229 Hunde —, und ich möchte Ihnen die Reſultate dieſer Erhebungen vortragen. Da iſt geſagt: Es gibt in Charlottenburg 280 Hunde, welche von Rechtsanwälten, Ingenieuren, Baumeiſtern und höheren Beamten gehalten werden, 535 Hunde, die von Rentiers, Penſionären und Hausbefitzern gehalten werden. 955 Hunde werden von Künſtlern, ſelbſtändigen Handwerkern und ſelbſt⸗ ſtändigen Gewerbetreibenden gehalten, von Be⸗ amten, Lehrern und Bureauperſonal 335, von Studenten, Schülern und ſonſtigen Kandidaten 175, — auch nicht gerade ein dringendes Bedürfnis! — Offizieren, aktiven und inaktiven, und Militär⸗ beamten 291, von Profeſſoren, Arzten und Direktoren 291, von Witwen, Frauen, Jung⸗ frauen ohne Beruf 559, von Künſtlerinnen, Lehrerinnen und ſonſtigen weiblichen Angeſtell⸗ ten 524, von Kellnern, Arbeitern, Kutſchern, Dienern nur 530. (Hört, hört!) — Nicht mehr als 530! Nun, meine Herren, wenn eine verhältnismäßig geringe Anzahl von minder⸗