—— 14129 —— Juſtizminiſter gewandt mit einer Eingabe, welche eine Abhilfe der beſtehenden Ubelſtände bezweckt. Der Herr Miniſter hat darauf geantwortet, es ſolle ihm Material unterbreitet werden, und zwar ſollten einige beſonders markante Fälle, aus denen ſich er⸗ ebe, daß die Rechtspflege durch dieſe neue Organi⸗ 2 ſchwer geſchädigt würde, ihm zur Kenntnis gebracht werden. Es hat dann vor etwa 5 Wochen eine ziemlich ſtark beſuchte Verſammlung von An⸗ wälten, berufen vom Vorſtande der Anwaltskammer, ſtattgefunden. Der Kollege Maxr Hahn hat ein ſehr eingehen⸗ des und an ſich auch durchaus zu berückſichtigendes, ich möchte beinahe ſagen vortreffliches Referat gehal⸗ ten, in dem er die Übelſtände, die ſich herausgebildet haben, beleuchtet hat. Man hat erklärt, daß man nicht in der Lage ſei, einzelne Fälle anzugeben. Tatſächlich iſt auch, was ich nebenbei nur mitteilen will, nur ein einziger Fall, in dem eine ſolche be⸗ ſondere Unzuträglichkeit ſich herausgeſtellt haben ſoll, dem Vorſtande der Anwaltskammer zur Kenntnis gebracht worden. Es iſt dann nicht ſehr viel debattiert worden; wir, die wir vom Landgericht 111 dort an⸗ weſend waren, ſind nicht groß zu Worte gekommen, was ja auch eigentlich ſelbſtverſtändlich war, und es iſt eine ſehr große Majorität für die beantragte Re⸗ ſolution geweſen, die dahin geht, den Herrn Juſtiz⸗ miniſter zu erſuchen, die Zivilkammern des Land⸗ gerichts I1I ſowie die Kammern des Landgerichts 11 nach dem Geſchäftsgebäude des Landgerichts 1, nach der Grunerſtraße — Neue Friedrichſtraße — Berlin, zu verlegen. Selbſtverſtändlich, meine Herren, ge⸗ hören zu den Zivilkammern auch die Kammern für Handelsſachen, ſo daß alſo die Folge die ſein würde, daß das Landgericht 11I1 de facto eingezogen werden würde, daß wir da ein „wunderſchönes“ — d. h. ich ſage das mit Anführungszeichen — Gebäude am Tegeler Weg 17/19 ſtehen haben, in dem aber das Landgericht nicht mehr betrieben wird. Meine Herren, einige Zeitungen, darunter auch die Voſſiſche, brachten mit Rückſicht auf die Tages⸗ ordnung, die ja bekannt geworden war, Bemerkungen, in denen z. B. die Voſſiſche Zeitung ſagte, daß der⸗ artige Gerüchte jeder Begründung entbehren. Offen⸗ bar iſt die Voſſiſche Zeitung nicht hinreichend in⸗ formiert; denn wenn die Anwaltskammer der Mark Brandenburg einen derartigen Antrag an den Herrn Miniſter ſtellt, mit der Bitte, wie ich ſie Ihnen vor⸗ getragen habe, ſo iſt das immerhin eine begründete Beſorgnis für uns, daß ſeitens der Behörde einem ſolchen Antrage ſtattgegeben werden könnte. Daß die Verlegung des Landgerichts für uns als Stadtgemeinde recht erhebliche Nachteile haben kann, glaube ich nur ſkizzieren zu brauchen. Es ge⸗ nügt, darauf hinzuweiſen, daß gerade in jener Gegend mit Rückſicht auf die Schaffung des Landgerichts 111 eine kräftige, geſunde Bauſpekulation eingeſetzt hat. Ob ſie nach jeder Richtung hin geſund iſt, laſſe ich dahingeſtellt ſein; denn ich habe gehört, daß ſich die Bauſtellen zum Teil im Werte verſechsfacht haben ſollen; ich weiß nicht, ob das noch geſund zu nennen iſt. Jedenfalls iſt aber zu befürchten, daß, wenn das Landgericht I1II eingezogen wird, dadurch in jener Gegend ſehr erhebliche Vermögenswerte ver⸗ loren werden können. Es iſt davon geſprochen wor⸗ den — natürlich nicht einmal offiziös —, daß man ja dort etwas anderes hinbringen könne, z. B. ein Militärgericht. Na, zunächſt wüßte ich nicht, welches Militärgericht dahin ſollte, und wenn wirklich ein Militärgericht hinkommen ſollte, ſo, glaube ich, würden wir nicht das gleiche davon haben, wie jetzt vom Zivilgericht. Es iſt auch einmal in einer kleinen Geſellſchaft von Kollegen die etwas kühne Idee entwickelt worden, daß das Gebäude des Landgerichts 1I1 für das Oberverwaltungsgericht paſſe. Man ſehe ſich nur die Größe des Baues des Oberverwaltungsgerichts an, um von vornherein die Unmöglichkeit derartiger Pläne zu erkennen. Meine Herren, das iſt ja aber eine Frage, die wir hier nicht zu löſen und zu be⸗ antworten haben. Ich darf vielleicht kurz ſtreifen, daß ein großer Teil der Kollegen vom Landgericht III1, die alſo hier in Charlottenburg ihren Wohnſitz haben, die Uber⸗ zeugung hegen, daß für ſie die ſchwerſten Schädigungen von einer Verlegung des Landgerichts III zu be⸗ fürchten ſind. Wir haben jüngere Kollegen, die ſich hier niedergelaſſen haben mit der Abſicht, in erſter Linie ſich auf Subſtitutionen zu verlaſſen, die ſie von Berliner Kollegen bekommen: das würde natür⸗ lich fortfallen, und dieſe Herren würden von vorn⸗ herein brotlos ſein. Meine Herren, wenn ich in der Anfrage an den Magiftrat auch die Frage geſtellt habe, was der Magiſtrat zu tun gedenkt, ſo habe ich natürlich nicht die Abſicht, irgendwie vorzugreifen. Indeſſen auf eins möchte ich mir hinzuweiſen erlauben. Soweit mir bekannt iſt, iſt der Grund und Boden, auf dem das Landgericht 111 ſteht, zu dem Zwecke geſchenkt worden, daß dort das Landgericht II1 errichtet werde (Sehr richtig!) — natürlich, meine Herren, nicht nur errichtet, ſon⸗ dern auch in Betrieb gehalten werde! (Sehr richtig!) Wenn nun dieſer Zweck der Schenkung wegfällt, ſo wird man ev. zu überlegen haben, ob man eine ſolche Schenkung widerrufen kann. Indeſſen ich habe nicht die Abſicht, da irgendwelche Winke zu geben, und das um ſo weniger, als mir die Urkun⸗ den oder ſonſtigen vertraglichen Beſtimmungen, auf Grund deren dieſe Schenkung an den Juſtizfiskus gemacht worden iſt, nicht bekannt ſind. Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Meine Herren, amtlich iſt dem Magiſtrate von dieſem Antrage der Berliner Anwaltskammer nichts bekannt. Was wir wiſſen, wiſſen wir nur aus Zeitungen, und aus Zeitungen haben wir das entnommen, was der Herr Vorredner eben ausgeführt hat, daß die Anwalts⸗ kammer beim Herrn Juſtizminiſter um Aufhebung des Landgerichts II1I in Charlottenburg und Ver⸗ einigung desſelben mit Landgericht 1 in einem Gebäude in Berlin vorſtellig geworden iſt. Nun, meine Herren, wenn dieſem Antrage ſtattgegeben werden würde, ſo würde das, wie der Herr Vor⸗ redner mit Recht ausgeführt hat, ein ungeheuer ſchwerer Schlag für die Einwohner Charlottenburgs als Gerichtseingeſeſſene des Bezirks des Landgerichts III ſein. Ich betone, daß es ſie in bezug auf ihren Rechsſchutz treffen würde, und ſtelle erſt an zweite Stelle die finanziellen Nachteile, die der Herr Vor⸗ redner ganz mit Recht, meine ich, hier auch hervor⸗ gehoben hat. Aber meines Erachtens ſtehen die erſt in zweiter Reihe; in erſter Linie trifft die Gerichts⸗ eingeſeſſenen eine ſolche Verlegung des Land⸗ gerichts III nach Berlin. Das vitale Intereſſe der Stadt Charlottenburg iſt in der Tat hier gefährdet, das vitale Intereſſe für die Ausgeſtaltung auch jenſeits der Spree. Darin ſtimme ich mit dem Herrn Vorredner überein.