— 181 —— fördern. Auch hier, glaube ich, wird der Herr Juſtizminiſter ſehr wohl die gegenſeitigen Intereſſen abwägen. Und mit dem Intereſſe der Anwälte hängt auch wieder in eminentem Maße das Intereſſe des Rechtsſchutes der Ortseingeſeſſenen zuſammen. der dieſen Männern anvertraut iſt. Alſo wieder das Publikum, die Gerichtseingeſeſſenen, um derentwillen doch das Gericht da iſt, haben das leb⸗ hafteſte Intereſſe daran, daß ihre Anwälte, die in ihrem Bezirk wohnen und ſich ihr Vertrauen er⸗ worben haben, nun nicht einfach ausgeſchaltet werden. Das ſind die allgemeinen Gründe, die, wie ich annehmen möchte, der Herr Juſtizminiſter nicht überſehen wird. Nun kommt noch hinzu, daß wir mit dem Juſtizfiskus einen Vertrag über die Hergabe von Grund und Boden zur Errichtung eines Land⸗ gerichts geſchloſſen haben. Die Stadt Charlottenburg hat ſeinerzeit, als es ſich darum handelte, wo das Landgericht hinkommen ſollte, ſehr wohl das Intereſſe ihrer Einwohner erkannt, ſie hat es in ſehr viel richtigerem Maße erkannt, als es die Berliner An⸗ wälte erkennen können: denn was ſind den Berliner Anwälten die Gerichtseingeſeſſenen des Kreiſes Charlottenburg! Die ſtehen ihnen nicht nah; aber der Stadtverwaltung Charlottenburgs ſtehen ſie ſehr nahe, und die Stadtverwaltung hat infolgedeſſen ſehr große Opfer gebracht, um zu erreichen, daß das Landgericht 111 nach Charlottenburg hinkommt. Für diejenigen Herren, die nicht mit dem Verlauf der Dinge vertraut ſind, will ich erwähnen, daß die Opfer, die die Stadt gebracht hat, darin beruhen, daß ſie das Grundſtück zur Errichtung des Land⸗ gerichts unentgeltlich an den Juſtizfiskus abgetreten hat. Der § 7 des Vertrages, der hier maßgebend iſt, lautet: Falls das in den §§ 1 und 3 bezeichnete Geſamtgrundſtück vor Ablauf von 100 Jahren der Zweckbeſtimmung zur Unterbringung der Geſchäftsräume für ein Landgericht entzogen werden ſollte, ſo iſt der Fiskus verpflichtet, an die Stadtgemeinde nach ſeiner Wahl entweder das Grundſtück unentgeltlich pfand⸗ und laſtenfrei wieder aufzulaſſen oder denjenigen Wert zu erſetzen, den alsdann — nämlich zur Zeit der Auflöſung — das Grundſtück ohne Gebäude haben wird. Meine Herren, dieſer Wert beläuft ſich zurzeit, gemeſſen nach den Grundſtückspreiſen, die in der Gegend jetzt gezahlt werden, auf 600—700009 f. Ich möchte nicht glauben, daß der Herr Juſtizminiſter und der Herr Finanzminiſter aus Gefälligkeit gegen die Berliner Anwaltſchaft geneigt ſein ſollten, dem Fiskus ein ſolches Opfer zuzumuten, 600 oder700000 ℳ an die Stadt Charlottenburg zu zahlen. Aber es würde auch heißen, in das Vertrauen zu der preußiſchen Juſtizverwaltung Zweifel ſetzen, wenn ich daran denken ſollte, daß der preußiſche Juſtiz⸗ miniſter den Vertrag, den er abgeſchloſſen hat, ſo leichten Herzens aufheben und uns das, was er im Vertrage zugeſichert hat, nämlich das Landgericht, wieder entziehen ſollte Ich habe zum Herrn Juſtiz⸗ miniſter ein beſſeres Vertrauen. Meine Herren, der Magiſtrat iſt bereit, mit aller Energie dahin zu wirken, daß der Antrag der Berliner Anwaltskammer nicht durchgeht, und alles zu tun, um den Herrn Miniſter davon zu überzeugen, daß das Intereſſe Charlottenburgs nach den ver⸗ ſchiedenſten Richtungen hin, namentlich aber inbezug auf den Rechtsſchutz ſeiner Eingeſeſſenen, gewahrt werden wird. Ich würde es von meinem Stand⸗ punkte aus ſehr freudig begrüßen, wenn auch die Herren Anwälte Charlottenburgs denſelben Weg gehen und ihrerſeits bei dem Herrn Juſtizminiſter dahin vorſtellig werden wollten, daß auch ihre Intereſſen und die Intereſſen des Publikums durch die Genehmigung des Antrags ſchwer geſchädigt werden würden. (Bravo!) Stadtv. Dzialoszynski erfolgt die (Auf Antrag des Anfrage.) Beſprechung des Gegenſtandes der Stadtv. Dzialoszynski: Meine Herren, ich möchte die Ausführungen des Herrn Kollegen Riel und insbeſondere die des Herrn Oberbürgermeiſters nicht unwiderſprochen laſſen. Es iſt kaum eine Maßregel der Juſtizverwaltung ſo kritiſiert worden wie die Teilung der Gerichte in Berlin. Wir beobachten in Groß⸗Berlin im allgemeinen das Verſchwinden der Dezentraliſation der Verwaltungen. Ich weiſe darauf hin, daß wir einen Poſtbezirk Groß⸗Berlin geſchaffen haben. (Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Leider!) — Nicht leider, wie der Herr Oberbürgermeiſter dazwiſchenruft, ſondern der Poſtbezirk iſt erforderlich, weil der Verkehr ihn dringend verlangt. Wir haben auch große Teile der Polizeiverwaltung von Char⸗ lottenburg der Kompetenz des Berliner Polizei⸗ präſidiums unterſtellen müſſen, weil wir, was ja bei zahlreichen Gelegenheiten immer anerkannt wird, eigentlich nur ein Teil von Groß⸗Berlin ſind und mit allen unſeren Intereſſen, beſonders mit den Verkehrsintereſſen, nach Berlin gravitieren. Geſund und im Intereſſe der Rechtspflege würde es gelegen ſein, wenn auch die Landgerichte 11 und III mit dem Landgericht I vereinigt würden, wenn wir ein einziges großes Landgericht hätten. Es iſt unbe⸗ greiflicherweiſe ſeinerzeit von dem früheren Juſtiz⸗ miniſter Schönſtedt ein anderer Weg beſchritten worden. Ich glaube, wohl unterrichtet zu ſein, daß man dieſe Entwicklung in der Juſtizverwaltung zurzeit lebhaft bedauert, und es werden ſehr draſtiſche Bemerkungen in Anwaltskreiſen kolportiert, wo man dieſe Organiſation, die jetzt geſchaffen iſt, hinwünſcht. Alſo, meine Herren, die Kritik die ſich dagegen gewendet und die ihren Ausdruck in dem Beſchluſſe der Anwaltskammer gefunden hat, hat ihre natürliche Berechtigung, und ich muß ſagen, der Herr Ober⸗ bürgermeiſter verkennt die Verhältniſſe vollſtändig, wenn er behauptet — das ging wie ein roter Faden durch ſeine ganze Rede —, daß hier ein finanzielles Intereſſe der Berliner Anwaltſchaft vertreten wird. Ich werde nachweiſen, daß dieſer Vorwurf gegen die Berliner Anwälte vollſtändig unberechtigt iſt. Es handelt ſich bier in der Tat um die vitalſten Intereſſen der Rechtspflege und auch um die Intereſſen des Charlottenburger rechtſuchenden Publikums, welche durch die Dreiteilung der Gerichte auf das ſchwerſte geſchädigt werden. Das behaupte ich im Gegenſatz zu dem Herrn Oberbürgermeiſter. Meine Herren, das Weſen des Zivilprozeßver⸗ fahrens beſteht darin, daß der Parteibetrieb geſetzlich feſtgelegt iſt. Kann der Anwalt nicht auftreten, ſo kann auch eine ſpruchreife Sache nicht erledigt werden, und wenn in einer kontradiktatoriſchen Sache eine von beiden Parteien fehlt, ſo bleibt die Sache uner⸗ ledigt. Auf die mit der Schwierigkeit, das abgelegene Cyarlottenburger Landgericht zu erreichen, verknüpfte Verhinderung der Parteivertreter, zu den Terminen rechtzeitig und gleichzeitig zu erſcheinen, führe ich es zurück,