—— 183 —— zwungen wäre, nun in jedem Bezirk von Groß⸗Berlin, — beim Landgericht 1, II und III, ſich einen beſonderen Anwalt zu nehmen. Gerade im Intereſſe des Pub⸗ likums und auch im Intereſſe der Rechtspflege iſt die Simultanzulaſſung gewährt worden. Der An⸗ walt, der ſeinen Klienten kennt, wird eine ganz andere Information aufnehmen und den Prozeß ganz anders führen als ein Anwalt, der den betreffenden Klienten nicht kennt. Es iſt gerade die Tätigkeit der Anwälte im Intereſſe einer ſorgfältigen ſachgemäßigen Sammlung und Bearbeitung des Rechtsſtoffes not⸗ wendig, und aus dieſem Grunde hat die Staatsver⸗ waltung nicht den Anwälten die Simultanzulaſſung geſchenkt, ſondern dem Recht ſuchenden Publikum Groß⸗Berlins. Die Simultanzulaſſung iſt alſo im weſentlichen dem Berliner Publikum gewährt worden, und es empfiehlt ſich, den ſchwierigen Berliner Verhält⸗ niſſen auch durch eine Zuſammenlegung der Gerichte Rechnung zu tragen. Nun hat ſich der Herr Oberbürgermeiſter auf den Vertrag mit der Staatsverwaltung berufen. Gewiß, der Fiskus wird den Vertrag halten müſſen, wenn die Stadt Charlottenburg ihn nicht losläßt, und wenn der Fiskus nicht im Intereſſe der ge⸗ ordneten Rechtspflege ſich dazu entſchließen würde, 700 000 ℳ zu opfern. Aber ich gebe zu bedenken, ob wir nicht richtiger und klüger handeln, wenn wir den Fiskus von dem Vertrage für den Fall entbinden, daß er eine andere Staatsverwaltung in dieſes Ge⸗ bäude hineinverlegt. Ich bin der Meinung, daß wir kein Intereſſe daran haben, dem Antrage der An⸗ waltskammer entgegenzutreten für den Fall, daß eine andere Verwaltung von ſeiten des Staates in das Gebäude hineingelegt wird. Stadtv. Dr. Riel: Meine Herren, ich bitte Sie um Entſchuldigung, wenn ich mein Urteil über die bisherige Debatte dahin zuſammenfaſſe, daß ſie voll⸗ ſtändig abwegig geht. Wir haben hier gar nicht dar⸗ über zu debattieren, was die Veranlaſſung dazu iſt, daß ſich in der Rechtspflege Ubelſtände herausgeſtellt haben. Wir haben gar nicht darüber zu urteilen, ob die Simultanzulaſſung für die Anwaltſchaft oder für das Publikum beſtimmt war, ob man den Anwälten damit einen Vorteil zuwenden wollte oder nicht. Die Frage, die geſtellt worden iſt, iſt außerordentlich klar. Sie geht dahin: iſt dem Magiſtrat bekannt, daß man Beſtrebungen ins Werk geſetzt hat, die Kammern des Zivilgerichts zu verlegen? Die An⸗ frage iſt vom Herrn Oberbürgermeiſter dahin be⸗ antwortet worden, daß ihm offiziell nichts davon bekannt gegeben worden iſt, daß er aber aus Zeitungen und durch Privatmitteilungen davon gehört habe. Wenn wir die zweite Frage ſtellen: was gedenkt der Magiſtrat dagegen zu tun? — ſo iſt meines Erachtens vorher feſtzuſtellen, ob die Gemeinde Charlottenburg durch die Verlegung der Kammern des Landgerichts I1I1I1 nach Berlin 1 Nachteile hat, die uns zwingen, dagegen Front zu machen, — nichts anderes können wir hier beurteilen. Die außerordentlich zweifelhaften Fragen, ob es für die Rechtspflege wünſchenswert iſt, in ein Gebäude, deſſen Gänge genau eine deutſche Meile lang ſind, rund 50 Kammern zu legen, in dem dann auch noch die Beweisaufnahmen ſtattfinden müſſen, ſo daß wir höchſtens unter Zuhilfenahme einer Stufenbahn allenfalls einen Teil der Termine bewältigen könnten,— dieſe Frage haben wir hier gar nicht zu behandeln. Wir haben nur zu erörtern, ob uns, d. h. der Stadt⸗ gemeinde, ein Schaden entſtehen kann. Ich bin der Anſicht, der Herr Oberbürgermeiſter hat dieſe meine Anſicht beſtätigt: es iſt in der Tat zu befürchten, daß der Stadtgemeinde Charlottenburg wie einzelnen Einwohnern ein ſolcher durch die Verlegung des Landgerichts 1II nach Berlin entſteht. Die Frage, ob wir ein Aequivalent bekommen, etwa durch Herlegung der Bergakademie oder der⸗ gleichen, (Heiterkeit) dieſe Frage iſt ja noch nicht einmal anregenswert, (ſehr richtig!) 1 weil wir noch gar nicht wiſſen, ob wir überhaupt etwas derartiges bekommen. Wir können uns heute nur darüber ſchlüſſig werden: ſollen wir dagegen Front machen, daß das Landgericht III nach Berlin verlegt wird, und haben wir eine Handhabe dagegen? Die Handhabe haben wir, dieſe Frage iſt von dem Herrn Oberbürgermeiſter beantwortet worden, und ich meine, daß wir damit zufrieden ſein können. Wenn wir noch einen Wunſch im Intereſſe des Publitums ausſprechen wollen, dann kann er höchſtens dahin gehen: ſorge der Maaiſtrat möglichſt dafür, daß dieſe Einöde durch beſſere Verbindungsmittel aufhöre, eine Einöde zu ſein. (Sehr richtig!) Aber das iſt dann auch das äußerſte. Die Anfrage als ſolche iſt vom Magiſtrat in ausreichender Weiſe beantwortet worden, und auf die Nebenfragen hier einzugehen, haben wir meines Ermeſſens hier keine Veranlaſſung. Stadtv. Dr. von Liszt: Meine Herren, ich bin der Meinung, daß wir uns eigentlich die ganze Debatte über die Frage hätten ſchenken können. Es iſt ziemlich ausgeſchloſſen, daß die Anreguug, die von der Berliner Anwaltskammer ausgegangen iſt, beim Juſtizminiſterium auf beſonders freundliches Entgegenkommen zu rechnen hat. Es ſind unſere Berliner Anwälte von ſeiten des Juſtizminiſteriums, ſoviel ich weiß, bisher nicht beſonders verwöhnt worden, und wenn nun erſt noch für das Juſtiz⸗ miniſterium ſich auf der Grundlage des geſchloſſenen Vertrages finanzielle Schwierigkeiten herausſtellen. ſo halte ich es für ganz ſicher, daß dieſer Antrag der Anwaltskammer ein Schlag ins Waſſer iſt. Ich habe mich nur aus einem einzigen Grunde zum Wort gemeldet, und zwar weil ich ganz ebenſo wie Herr Kollege Dzialoszynski die Ausführungen des Herrn Oberbürgermeiſters über die Motive, die die Berliner Anwaltskammer zu ihrem Antrage beſtimmt haben, nicht unwiderſprochen laſſen möchte. Der Herr Oberbürgermeiſter hat, wie er ſelber ſagt, die Gründe der Anwaltskammer auf der Grund⸗ lage des Referats nicht durchgeleſen. Er hat ſie nicht gekannt. Ich bin überzeugt, daß der Herr Oberbürgermeiſter. wenn er das Referat gekannt hätte, die Sache doch weſentlich anders dargeſtellt haben würde. Der Gedanke, von dem der Referent in der Anwaltskammer und die Anwaltskammer ſelber ausgegangen iſt, war ja gerade der, daß im Intereſſe der Recht Suchenden eine derartige Verlegung wünſchenswert iſt, (Stadtv. Dr. Riel: Sehr richtig!) — nicht im Intereſſe der Rechtsanwälte in erſter Linie, ſondern im Intereſſe der Recht Suchenden, denen ja ſelbſtverſtändlich an einer tüchtigen und ausreichenden Vertretung durch den Anwalt gelegen ſein muß. Und gerade unſere Charlottenburger Gerichtseingeſeſſenen wollen doch eine tüchtige Ver⸗