— 186 — wahr, wo ſich die Gelegenheit bietet, aber laſſen wir auch erkennen, daß das allgemeine Intereſſe uns ſtets über dem Charlottenburger Intereſſe ſteht, daß wir dort, wo es das allgemeine Intereſſe von Charlotten⸗ burg fordert, Opfer zu bringen bereit find! Die Anfrage und die ganze Debatte war nach meinem Dafürhalten ſo überflüſſig wie nur möglich. (Zuſtimmung und Widerſpruch.) Herr Kollege Riel hat eine Frage aufgeworfen, die nun nicht bloß — deſſen können Sie ſicher ſein — in der Charlottenburger Stadtveror dnetenverſammlung erörtert werden wird; denn ſie iſt keine ausſchließlich Charlottenburger Frage. Wir verſchärfen nur die Gegenſätze, zumal die Grundfrage — die Berliner Gerichtsorganiſation — gar nicht zur Verhandlung ſteht. Es lag keine Veranlaſſung vor, eine ſolche Anfrage zu ſtellen. Herr Kollege Riel hätte ſich durch eine einfache Anfrage beim Herrn Oberbürger⸗ meiſter erkundigen können und hätte erfahren, daß ihm nichts darüber bekannt wäre, (Stadtv. Dr. Riel: Und dann?) und er hätte auch an anderen Stellen Erkundigungen einziehen können und würde gehört haben, daß Charlottenburg jetzt nicht gefährdet ſei. Ich kann nicht zugeben, daß dem Charlottenburger Intereſſe durch die Anfrage ein Dienſt erwieſen worden iſt. Stadtv. Kaufmann: Meine Herren, ich habe mich für meine Perſon zum Worte gemeldet, ebenſo wie anch die Freunde aus meiner Fraktion, die zu dieſer Sache geſprochen haben. Ich glaube aber, trotzdem ich für meine Perſon ſpreche, verſichern zu können, daß ein größerer Teil meiner Freunde hinter mir ſteht. Ich will mich nicht in den Stteit der Juriſten hier einmiſchen; dieſe Frage ſcheidet für mich zurzeit ganz aus. Ich habe mich rein auf den Boden zu ſtellen, ob die Charlottenburger Intereſſen hier zu wahren ſind oder nicht, und von dieſem Standpunkt aus, muß ich geſtehen, bin ich im Gegenſatz zu meinem Freunde Crüger dankbar, daß der Magiſtrat zur rechten Zeit aufmerkſam gemacht wird, (Sehr richtig!) die Rechte der Stadt wahrzunehmen und dagegen Stellung zu nehmen, daß man uns etwas entzieht, was wir auf das ernſteſte erſtrebt haben. (Bravo!) Ich erinnere Sie daran, daß wir, als wir das Ge⸗ lände hergaben, gerade bezweckten, ein Landgericht nach Charlottenburg zu bekommen. Auf die juriſtiſchen Fragen gehe ich, wie ich ſagte, nicht ein; aber uns hat damals der Gedanke gelenkt, daß unſere Mit⸗ bürger, die Recht ſuchen, ſehr viel Zeit ſparen würden, wenn ſie das Gericht innerhalb des Weichbildes ihrer eigenen Stadt finden würden. Ich will aber hierüber nicht urteilen; dieſe Frage ſcheidet für mich aus. Ich möchte jedoch daran erinnern, meine Herren, daß uns weſentlich beſtimmt hat, dem Fiskus durch un⸗ entgeltliche Hergabe des Geländes ein Geſchenk zu machen, die A bſicht, eine Gegend unſerer Stadt zu beleben — eine Gegend, in der ſich damals, wie Herr Kollege Dzialoszynski ſagte, die Füchſe gute Nacht ſagten; und wir haben uns in der Erwartung nicht getäuſcht, daß infolge der Errichtung des Land⸗ gerichts ſich in jener Gegend eine rege Bautätigkeit entfalten würde. (Sehr richtig!) Ich kann auch nicht zugeben, daß man ſehr ſchlecht nach Charlottenburg kommt, wie Herr Kollege Dzialoszynski ſagt. Die Verbindung mit Charlotten“ burg iſt jetzt ſchon ſehr gut; ſeit der Errichtung des Landgerichts ſind mehrere neue Straßenbahn⸗Linien dorthin geführt worden, abgeſehen davon, daß in der Nähe des Landgerichts ſich ein Bahnhof der Ringbahn befindet. Außerdem iſt mit ziemlicher Sicherheit vor⸗ auszuſetzen, daß die Untergrundbahn über die Spree hinweggeführt und gerade beim Landgericht eine Station errichtet werden wird. Meine Herren, daß uns eine Entſchädigung dadurch geboten werden könnte, wie Herr Kollege Dzialoszynski meinte, daß Chambregarniſten der Berg⸗ akademie jene Gegend bewohnen würden, das war nicht unſere Abſicht. (Sehr richtig!) Wir wollten in jener Gegend die große Zahl von Richtern und von Beamten anſiedeln, die am Gericht zu tun haben; damit haben wir das Stadtgebiet dort heben wollen! Deshalb werde ich dem Magiſtrat auch ſehr dankbar ſein, wenn er alle Schritte tun wird, um die Verlegung des Landgerichts zu ver⸗ hindern, (Sehr richtig!) und ich bin glücklich, daß in dem Vertrag mit dem Fiskus eine hohe Abſtandsſumme eingeſetzt worden iſt, für den Fall das Landgericht ſeinen Zwecken ent⸗ zogen werden ſollte, (Stadtv. Dr. Riel: Sehr richtig!) wovon Herr Kollege v. Liszt ja ſchon mit Recht be⸗ hanptete, darauf würde der Fiskus nie eingehen. Aber felbſt wenn der Fiskus käme und uns ein Abſtands⸗ geld bieten würde, dann würde ich für meine Perſon es doch noch recht ſehr überlegen, ob wir auf ein ſolches Abſtandsgebot eingehen ſollten, oder ob wir nicht die BVeibehaltung des Gebäudes für ſeinen jetzigen Zweck verlangen müſſen. Wenn Herr Kollege Crüger ſagt — das will ich zum Schluß nur noch hinzufügen —: wir wollen die Charlottenburger Intereſſen wahrnehmen und dabei die vielleicht höher ſtehenden allgemeinen Intereſſen nicht verletzen, ſo kann ich theoretiſch dieſen Satz vollkommen unterſchreiben. Es iſt hier aber durch eine einſeitige Darſtellung der Anwaltskammer noch nicht bewieſen, daß die Intereſſen der Recht Suchenden dadurch verletzt werden, daß ſie in Charlottenburg ſelbſt ihr Recht ſuchen, und ſolange dieſer Beweis nicht ohne jeden Zweifel erbracht iſt, bleibe ich auf dem ſtreng Charlottenburger Standpunkt — er mag vielleicht von Berlin als kleinſtädtiſch angeſehen werden —: wir haben die Intereſſen unſerer Gemeinde, für die unſere Gemeinde Opfer gebracht hat, zu vertreten. (Sehr richtig! und Bravo!) Oberbürgermeiſter Schuſtehrns: Meine Herren, ich muß mich doch noch mit ein paar kurzen Worten gegen die Angriffe des Herrn Stadtv. Dr. Crüger wenden. Herr Stadtv. Dr. Crüger hat mich getadelt, daß ich mit ſolcher Energie gegen den Antrag der Berliner Anwaltskammer eingetreten ſei, und hat ſeine Ausführungen in dem Ausſpruch gipfeln laſſen: das allgemeine Intereſſe gehe doch über das lokale Intereſſe, und es würde die Gefahr vorliegen, daß auf Grund meiner Ausführungen ſich eine große Miß⸗ ſtimmung geltend machen würde und wir dargeſtellt würden als Leute, die das allgemeine Intereſſe nicht verſtänden und das lokale Intereſſe in den Vorder⸗ grund rückten. Meine Herren, wenn das geſchähe, ſo würde es mit Unrecht geſchehen; man würde das mit Unrecht aus meinen Ausführungen folgern.