—— 187 — dem Diklum, das Herr Stadtv. hingeſtellt hat, daß nämlich das allgemeine Intereſſe über das lokale Intereſſe gehe, durchaus einverſtanden. Wir unterſcheiden uns nur darin, daß ich der Anficht bin, daß hier kein allgemeines Intereſſe vorliegt, ſondern daß hier in der Tat nur das lokale Intereſſe maßgebend ſein kann: das Intereſſe des Rechtsſchutzes der Charlottenburger Bürger. Nun ſagt allerdings Herr Stadtv. Dr. Crüger, darin irrte ich mich, ich ſtände mit dieſer Meinung iſoliert da, die Juriſten würden mir nicht recht geben, wenn ich ſage, der Rechteſchutz werde jetzt bei der Dezentraliſation beſſer gewahrt, dadurch, daß das Landgericht III hier bleibe, als wenn es wegfalle. Wenn das ſo ſein ſollte, wenn ich heute wirklich mit dieſer meiner Anſicht iſoliert daſtehen ſollte, ſo müßten ſich die Verhältniſſe in ein paar Jahren allerdings ſehr weſentlich geändert haben. Denn, meine Herren, als die Dezen raliſation geſchaffen wurde, war die königlich preußiſche Juſtizverwaltung durchaus meiner Anſicht, da ſtand ich nicht iſoliert da, — und auch das Abgeordnetenhaus und das Herrenhans haben ja dem Geſetzentwurf zugeſtimmt! (Stadtv. Dzialoszynski: Leider!) Damals habe ich alſo nicht iſoliert dageſtanden. Nun ſoll ich heute abſolut iſoliert daſtehen? Ich ſehe das nicht. Ich glaube, die anderen Herren ſind etwas iſoliert: die Herren, die der Verliner Anwalt⸗ ſchaft angehören. (Sehr richtig!) Wenigſtens von den Richtern und Juſtizbeamten, die ich geſprochen habe, und zwar von maßgebenden Männern, die ein Urteil über die Dinge haben, habe ich ganz andere Anſichten gehört, als heute die Herren Dzialoszynski und Dr. Crüger vorgebracht haben. Alſo, meine Hecren, man wird vielleicht ſagen können: die Anſichten ſind geteilt. Ich bin anderer Anſicht als die Mehrzahl der Berliner Anwälte. Wenn man mir daraus einen Vorwurf machen will, daß ich meine gegenteilige Anſicht frank und frei bekenne, dann mag man das tun; der Vorwurf wird mich aber nicht treffen. Denn ich bin mit Dr. Crüger als maßgebend Stadtv. Dr. Stadthagen: Meine Herren, Herr Kollege Dr. Crüger wie Herr Kollege Dzialoszynsk haben in der Beſprechung, die ja von Herrn Kollegen Dzialoszynski beantragt worden iſt, einen Standpunkt eingenommen, den ich für meine Perſon — und ich glaube, die Zuſtimmung meiner Freunde zu finden durchaus zurückweiſen muß. Ich glaube, in erſter Linie haben wir die Sache heute hier doch vom Standpunkt der Stadt Charlottenburg zu betrachten als gewählte Vertreter der Stadt Charlottenburg. Gewiß können wir dabei auch auf allgemeine Geſichts⸗ punkte eingehen; aber maßgebend muß für uns doch das Intereſſe Charlottenburgs ſein, und wenn man etwas bedauern kann, dann kann man meines Er⸗ achtens nicht die Stellung der Anfrage bedauern, ſondern allenfalls den Antrag auf Beſprechung, be⸗ ſonders aber die im Laufe der Beſprechung hier zum Teil zutage geförderten Anſichten. (Stadtv. Dr. Crüger: Eine ſehr ſcharfe Kritik der Anfrage!) Wie notwendig die Anfrage war, geht, glaube ich, wohl daraus hervor, daß, wie der Herr Frageſteller ja bereits mitgeteilt hat, der Vorſchlag mit großer Mehrheit dem Herrn Juſtizminiſter unterbreitet worden iſt; es geht noch mehr daraus hervor, daß ſogar Mitglieder dieſer Verſammlung ſich auf einen ähnlichen Standpunkt ſtellen. Meine Herren, ich bedaure das auf das lebhafteſte; ich glaube aber, daß gerade darin ein Moment liegt, das uns veranlaſſen muß, den Magiſtrat ganz dringend zu bitten, die Gefahr nicht auf die leichte Achſel zu nehmen. Meine Herren, ich hätte allerdings gewünſcht, daß der Magiſtrat die Anfrage erſt dann beantworten würde, nachdem er die Grundlagen, die zu dem An⸗ trage der Anwaltskammer geführt haben, genau ſtudiert und auch mit den maßgebenden Behörden, mit den Juſtizbehörden, bereits Fühlnng genommen hatte. Ich habe das allerdings erwartet. Die An⸗ frage war, glaube ich, vollkommen im richtigen Moment geſtellt; die Beſprechung und auch die Beantwortung des Magiſtrats hätte aber wohl noch einige Wochen unterbleiben können, (Stadtv. Dr. Crüger: Warum denn?) bis die Fühlung genommen war. Nun, meine Herren, iſt mir heute von befreun⸗ deter Seite die Denkſchrift, um die es ſich hier handelt, zugegangen mit der Bemerkung, ich würde mich vielleicht auf den Standpunkt der Denkſchrift ſtellen können. Meine Herren, ich kann wohl ſagen: nachdem ich dieſe Denkſchrift der Berliner Anwalts⸗ kammer geleſen habe, bin ich, während ich vorher nur aus dem Geſichtspunkte des Charlottenburger Stadtverordnelen die Sache betrachtete, zu dem Schluß gekommen: die Verleaung empſiehlt ſich nicht im Intereſſe der Stadt Charlottenburg, ſte empfiehlt ſich aber auch nicht im Intereſſe der Rechtspflege der Stadt Charlottenburg, auch nicht im Intereſſe der Recht ſuchenden Bürger. Die Denkſchrift kritiſiert die Gründung des Landgerichts III; aber tatſächlich wendet ſie ſich gegen die ganzen Berliner Gerichts⸗ verhältniſſe. Ich kann daher das, was Herr Kollege Riel über die Güte der Denkſchrift ſagte, nicht voll unterſchreiben. Herr Rechtsanwalt Hahn hat hier eigentlich gegen die ganze Gerichtsorganiſation in Groß⸗Berlin polemiſiert; aber er konnte genau ſo dagegen polemiſieren vor der Errichtung de 8 Landgerichts III. Durch die Gründung des Land⸗ gerichts III iſt eine kleine Verſchärfung eingetreten, aber nur eine kleine Verſchärfung. Die Rechts⸗ anwälte in Berlin haben am Landgericht 1, am Landgericht II, in Moabit in der Strafkammer und am Amtsgericht ſowie an Amtsgerichten in den Vor⸗ orten zu tun gehabt. Daß ich damit Recht habe, daß die Verlegung des Landgerichts III gar nicht den Erfolg haben würde, der erſtrebt wir d, gibt die Denkſchrift ſelber zu erkennen, indem ſie ſagt: Auch nach dieſer Vereinigung — alſo der drei Landgerichte in Berlin — werden die Schwierigkeiten beſtehen bleiben, die einer ſachgemäßen Führung der Prozeſſe vor den neuen A m tsgerichten ſich entgegen⸗ ſtellen. Fortbeſtehen werden auch die Schwierig⸗ keiten, die es dem hauptſächlich im Zivilprozeß beſchäftigten Anwalt faſt zur Unmöglichkeit machen, auch Mandate in Strafſachen zu übernehmen; aber um etwas würde dieſer Not⸗ ſtand doch gemildert. Meine Herren, das iſt alſo des Pudels Kern: um etwas würde der Notſtand doch gemildert! Ich habe es doch für notwendig gehalten, da wir hier über die Gründe . der Anwälte geſprochen haben, auch dieſen Satz Ihnen zu verleſen; ich glaube, er wird Sie doch etwas in Ihrer Stellungnahme beeinfluſſen. Zum Schluß möchte ich den dringenden Wunſch, den Herr Kollege Kaufmann ausgeſprochen hat, auch