—— 214 aber die Müllabfuhr ſtädtiſch geworden iſt, ſind tat⸗ ſächlich erhöhte Anforderungen an die Arbeiter geſtellt worden, und ſie tun nur recht, wenn ſie dieſelben Lohnſätze anſtreben, wie ſie die bei der Wirtſchafts⸗ genoſſenſchaft der Berliner Hausbeſitzer beſchäftigten Arbeiter erhalten. In der Preſſe iſt dann weiter die Nachricht aufgetaucht, daß der Magiſtrat die von ihm an⸗ geſtellten Aufſeher der ſtädtiſchen Müllabfuhr der Geſellſchaft zur Verfügung geſtellt hat. Ich möchte einmal an die betr. Magiſtratsdeputation die Frage richten, aus welchen Gründen ſie ſich denn auf die Seite des Unternehmers geſtellt und veranlaßt hat, daß die Aufſeher, die doch aus ſtädtiſchem Gelde bezahlt werden und zu ganz anderen Zwecken beſtimmt find, Unternehmerintereſſen vertreten und ſozuſagen Streikbrecherdienſte für die Geſellſchaft leiſten? Da die Geſellſchaft wiſſen mußte, daß durch die rigoroſe Entlaſſung Differenzen mit ihren übrigen Arbeitern entſtehen würden, war ſie nach § 14 verpflichtet, das Gewerbegericht anzurufen, und wir glauben, der Magiſtrat wird nicht umhin können, uns eine genugende Auskunft zu geben. Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Meine Herren, derjenige Paragraph, welcher für die Beurteilung der Sachlage maßgebend iſt, iſt der § 14 der Bedingungen, die ein intigrierender Beſtandteil des Vertrages ſind, den wir mit der Allgemeinen Müllverwertungs⸗Geſell⸗ ſchaft abgeſchloſſen haben — ich werde dieſe Geſell⸗ ſchaft im folgenden immer nur „Geſellſchaft nennen, um den langen Namen zu vermeiden. Der § 14 lautet: Der unternehmer iſt verpflichtet, ſpäteſtens am 1. April 1907 — nicht 1906, wie der Herr Interpellant ſagt — unter ſeinen Arbeitern einen Arbeiterausſchuß einzuſetzen und für die Errichtung und Tätigkeit desſelben Beſtimmungen zu treffen nach dem Vorbild der für den Arbeiterausſchuß der Gas⸗ anſtalt zu Charlottenburg feſtgeſetzten Beſtim⸗ mungen. Das ift der erſte Abſatz. Dieſer Verpflichtung iſt die Geſellſchaft nachgekommen. Sie hat einen Arbeiterausſchuß wählen laſſen, welcher ſeine erſte Sitzung am 27. März dieſes Jahres hatte. In dieſer Sitzung wurde die Geſchäftsordnung für den Arbeiter⸗ ausſchuß vorgelegt, welche von ihm genehmigt wurde. Vorfitzender des Ausſchuſſes iſt der Direktor der Geſellſchaft oder ſein Stellvertreter; außerdem beſteht der Ausſchuß aus 5 Mitgliedern, welche von den dem Fuhrbeirieb eingereihten Arbeitern jedesmal aus ihrer Mitte mit Stimmzetteln auf die Dauer eines Kalenderjahres zu wählen ſind. Wahlberechtigt und wählbar ſind nur großjährige, im Fuhrbetrieb beſchäftigte Arbeiter. Ich erwähne dies, weil es von Wichtigkeit für eine Schlußfolgerung iſt, die der Herr Interpellant in unrichtiger Weiſe gezogen hat. In § 2 find die Aufgaben des Arbeiterausſchuſſes erwähnt. In § à iſt ausdrücklich von dem Falle geſprochen, daß Anträge von Ausſchußmitgliedern, welche das Wohl der Arbeiter des Fuhrbetriebes zu fördern geeignet ſind, auf die Tagesordnung der nächſten Sitzung geſetzt werden müſſen, daß davon nur in dringenden Fällen eine Ausnahme gemacht werden kann, und daß dann derartige Anträge in der Sitzung ſelbſt auf Beſchluß der Anweſenden auch 110 0 beraten und zum Beſchluß gebracht werden önnen. 224m Bei der erſten Sitzung des Arbeiterausſchuſſes wurde von den Vertretern der Arbeiter darin der Wunſch ausgeſprochen, daß es dem Vertreter der ſozialdemokratiſchen Transportarbeiter⸗Organiſation, (Stadtv. Hirſch: Gibts ja gar nicht!) — ſoviel ich weiß, iſt das eine Organiſation der ſozialdemokratiſchen Partei — (Zurufe bei den Sozialdemokraten: Gewerkſchaft!) einem Herrn Auguſt Gebert, geſtattet ſein möge, an den Beratungen teilzunehmen. Die Direktion hatte Bedenken, dieſem Geſuche nachzukommen, weil ſie fürchtete, daß durch die Zulaſſung dieſes Herrn als Zuhörer Streitigkeiten und Schwierigkeiten zwiſchen den Arbeitern und der Direktion entſtehen könnten. Es iſt bedauerlich, daß die Direktion trotzdem dieſem Antrage ſtattgegeben hat, trotz ihrer Bedenken dem Herrn die Teilnahme geſtattet hat, und zwar aus dem Grunde es getan hat, um mit ihren Arbeitern nicht von vornherein in Unfrieden zu kommen. Sie hat geſagt: nun, die Arbeiter wünſchen es, es wird auch ſo gehen, wir wollen den Herrn zuhören laſſen. Ich ſage: es iſt bedauerlich, daß die Direktion das getan hat. Denn es widerſpricht ausdrücklich der Abmachung, die wir mit der Geſellſchaft in dem Vertrage getroffen haben. Nach dem Vertrage hat ſie nämlich den Arbeiterausſchuß zu berufen und einzuſetzen „nach dem Vorbilde der für den Arbeiterausſchuß der Gasanſtalt in Char⸗ lottenburg feſtgeſetzten Beſtimmungen“, und wir, meine Herren, haben uns natürlich und ſelbſt⸗ verſtändlich gehütet, einen Mann, der mit der Sache gar nichts zu tun hat, der weder zu den Arbeitern gehört noch zu den Arbeitgebern, in den Arbeiter⸗ ausſchuß hineinzulaſſen. Zu welchem Zwecke? Doch nicht etwa, um Frieden zwiſchen die Parteien zu bringen, (Stadtv. Hirſch: Selbſtverſtändlich!) ſondern um Unfrieden zu ſtiften! Und dieſe Be⸗ fürchtung hat ſich denn auch bewahrheitet. Deshalb bedaure ich, daß dieſer Mann überhaupt zu den Beratungen zugelaſſen worden iſt. Aber ausdrücklich möchte ich doch feſtſtellen, meine Herren, daß nach der Geſchäftsordnung, die von dem Arbeiterausſchuß genehmigt worden iſt, dieſer Herr niemals etwa Mitglied des Arbeiterausſchuſſes geweſen iſt. (Stadtv. Hirſch: Sehr richtig!) Zu Mitgliedern des Arbeiterausſchuſſes ſind nur wahlberechtigt wie wählbar, aktiv wie paſſiv, ſolche Arbeiter, die im Fuhrbetrieb der Geſellſchaft beſchäftigt ſind. Dies zur Klarſtellung des erſten Teiles der Anfrage. Da die Sache durch den Vortrag des Herrn Interpellanten etwas unklar erſcheinen mußte, mußte ich klarſtellend darauf näher eingehen, damit nicht falſche Schlußfolgerungen gezogen werden. Dieſem Arbeiterausſchuß iſt dann in derſelben Sitzung vom 27. März von der Direktion ein Lohn⸗ tarif vorgelegt worden; dieſer Lohntarif iſt von dem Arbeiterausſchuß genehmigt worden und iſt in Geltung geblieben, und es iſt niemals zwiſchen dem Arbeiter⸗ ansſchuß und der Direktion, niemals zwiſchen einem Arbeiter und der Direktion ein Streit über dieſen Lohntarif überhaupt aufgetreten. Der Lohntarif iſt vorläufig proviſoriſch feſtgeſetzt; das iſt ansdrücklich im Arbeiterausſchuß erwähnt und ſteht im Protokoll der Sitzung. Das wußten alle, die beteiligt waren. Denn die Geſellſchaft arbeitet heute noch unter einem Proviſorium; der Betrieb für die Schweinemäſtung in Segefeld iſt heute noch nicht fertiggeſtellt; aber