—— 218 — einem Schutz ausführen konnte. Das Bild geſtaltete ſich nämlich folgendermaßen. Als die Wagen mit den engagierten neuen neuen Arbeitern aus dem Hofe hinausfuhren — am Sonnabend, den 27., früh —, wurden ſie gleich bei der Ausfahrt von Leuten, die dort herum⸗ ſtanden, und die teilweiſe zu den alten Arbeitern ge⸗ hörten, teilweiſe auch andere waren, die bei ſolchen Gelegenheiten gern hilfsbereit beiſpringen, angehalten, die Leute wurden aufs roheſte beſchimpft, es wurden die Stränge durchſchnitten, Leute und Pferde wurden mit großen ſchweren Steinen beworfen, ja es iſt vorgekommen, daß, wenn ſie an Bauten vorbeifuhren, auf ſie ſchwere Ziegelſteine herabgeworfen wurden, ſo daß einer der Kontrolleure eine ſchwere Arm⸗ verletzung davon getragen hat. Die Polizei wurde natürlich aufgeboten, telephoniſch requiriert. Sobald ſie da war, war es ſtill, die Leute hatten doch Angſt, mit der Polizei anzubinden. Da nun Ruhe war, verteilten ſich die Wagen in der Stadt. An jeder Stelle kann nicht ein Poliziſt ſtehen, das iſt nicht möglich, ſelbſt wenn die Polizei voll beſetzt wäre, was ja bei uns immer nicht der Fall iſt. Da ſind nun die Leute in der ſchwierigſten Situation geweſen. So iſt z. B. an einer Stelle jenſeits der Spree, wo nicht viele bewohnte Häuſer ſtehen, einer dieſer ſchweren Wagen mit den darauf ſitzenden drei Leuten von Leuten auf der Straße umgeſtürzt und in einen Graben geworfen worden. Die Leute ſind blutig unter dem Wagen hervorgezogen worden. Es iſt eine glückliche Fügung Gottes, daß hier kein Todesfall vorgekommen iſt. Meine Herren, es iſt „nicht das Verdienſt derjenigen Leute, die dem Herrn Auguſt (ebert gefolgt ſind, wenn hier kein Totſchlag, wenn hier kein Mord ſtattgefunden hat! ebenſogut durch einen Stein einer erſchlagen werden können, wie einem der Arm gebrochen worden iſt, und wie die Leute blutig geſchlagen worden ſind. Alſo, meine Herren, ich ſage nicht zu viel, daß durch dieſes verdammenswerte Vorgehen der Leute, welche den Frieden zwiſchen Arbeitgebern und Arbeitnehmern frevelhaft geſtört haben, in einem Teile unſerer Stadt an dieſem Tage der Zuſtand einer völligen Anarchie geherrſcht hat. Es ſind dann Kutſcher vom Bock heruntergeworfen, mit Stöcken geprügelt worden — kurz ſie waren, namentlich in einzelnen Teilen der Stadt, allen Angriffen ausgeſetzt. Zum Schutze der Leute — es befinden ſich immer zwei, ein Kutſcher und ein Mitfahrer, auf einem ſolchen Wagen, ſei es ein Aſche⸗ oder Speiſe⸗ reſtewagen — war es nun nötig, noch mindeſtens einen dritten Mann hinzuzugeſellen. Dazu wurden die Kontrolleure der Geſellſchaft verwendet, damit wenigſtens drei Leute da ſind, die ſich wehren können gegen dieſe, das Leben und die Geſundheit der arbeitswilligen Arbeiter bedrohenden, gewalttätigen Menſchen. So viele Kontrolleure waren im Augen⸗ olick nicht da, und es halfen unſere vier Aufſeher aus. Ja, es wurden auch, wenn ich recht berichtet bin, von der Nachtſchließgeſellſchaft einige Leute dazu hinzugezogen, um als Dritte zum Schutze der anderen auf den Wagen mitzufahren. weil dieſe dritten Leute nicht überall gleich zur Stelle waren. Dadurch iſt es gekommen, daß am Sonnabend und am nächſten Tage weniger Wagen gefahren worden ſind. Es find nur die Speiſereſtewagen in der Hauptſache ausgeſandt worden, und es ſind unter dem Drucke der Not und des Zwanges die Müll⸗ käſten, die ja keine hygieniſche Gefahr mehr bedeuten, wenn ſie ſtehen bleiben, nur etwas Unſauberkeit und 1 Es hätte 9 Unbequemlichkeit machen, an dieſen beiden Tagen nicht vollſtändig geleert worden. Aber ſchon nach zwei Tagen iſt die Ruhe wieder hergeſtellt worden. und dank der Ordnung, die in unſerem preußiſchen Staate Gott ſei Dank doch noch gegenüber ſolchen Leuten, welche ſie mit frevelhaftem Mute zu ſtören gewillt find, beſteht, iſt dann nachher eine Gefährdung der arbeitswilligen Arbeiter nicht mehr eingetreten. Infolge dieſer Roheiten, die gegen Leben und Geſundheit von Arbeitern, von unſern Bürgern ver⸗ uübt worden ſind durch fremde Menſchen, die uns nichts angehen — (Stadtv. Hirſch: Wohnen die nicht auch in Charlotten⸗ burg?2) — ich ſcheide mich von ihnen, ich will mit ihnen nichts zu tiun haben; es iſt Geſchmackſache, ob man ſich zu ihnen zählt, meinem Geſchmack entſpricht es nicht —, ſind von ſeiten der Direknion überall da Snafanträge geſtellt worden, wo es hat feſtgeſtellt werden können, wer der Angreifer geweſen iſt, und überall da, wo Zeugen im Augenblick vorhanden ge⸗ weſen ſind. Man hat von den Fällen 11 der ſchlimmſten Art herausgegriffen. Die Anzeigen liegen bei der Staatsanwaltſchaft. Mir liegen vor die Namen der Antragſteller, der Angeklagten, der Zeugen, und was ſie im großen und ganzen verübt haben. Das Gericht wird darüber abzuurteilen haben, ſodaß die Buben, die hier gegen ihre eigenen Berufsgenoſſen derartig roh vorgegangen ſind, hoffentlich ihre verdiente Stra fe erhalten werden. Aus dieſer Sachlage erſehen Sie, meine Herren, daß der Tatbeſtand des § 14 nicht vorliegt. Der Der Magiſtrat bat keinerlei Veranlaſſung gehabt, egen die Direktion der Geſellſchaft vorzugehen. Im Gegenteil, er kann ihr dankbar ſein für die umſichtige Art, mit der ſie in dieſer ungeheuer ſchwierigen Situation, in welcher ſie ſich befand, es verſtanden hat, ohne einem von ihren Arbeitern ein Unrecht zu tun, den Betrieb, abgeſehen von einer geringen vor⸗ übergehenden Verzögerung, aufrecht zu erhalten. Ich will noch hinzufügen, meine Herren, daß viele von den alten Arbeitern jetzt, nachdem die Hetz⸗ apoſtel nicht mehr direkten Einfluß auf ſie haben, zu der Direktion gegangen ſind und ſie gebeten haben, ſie möchte ſie doch nur wieder einſtellen, — Leute, die ſeit Jahren bei der Geſellſchaft gearbeitet haben. Als nun Dr. von der Linde ſie fragte: aber ſagt mal, wie iſt das denn nur möglich, daß ihr euch mit den anderen, mit den Hetzern zuſammentun konntet, ihr ſeid doch mit eurem Lohn zufrieden? — da antworteten ſie: ja wir mußten, es blieb uns nichts anderes übrig, man hat uns gedroht, daß man uns die Knochen im Leibe zerſchlagen würde, wenn wir es wagen würden, weiter zu arbeiten. Alſo der herriſchen Anordnung ſeitens des Transportarbeiter⸗ verbandes oder ſeines Vorſitzenden — er iſt ja wohl bezahlter Direktor dieſes Verbandes, der von dieſer Bezahlung lebt — dieſer herriſchen Anweiſung, ſagten die Leute, die uns dort gegeben wurde, mußten wir folgen! Wir haben weder an Frau noch an Kinder denken können, wir haben für unſer Leben fürchten müſſen, wenn wir nicht folgten! So, meine Herren, liegen die Verhältniſſe. Der Ein⸗ olick, der uns in dieſe Verhaltniſſe hier gewährt wird, iſt erſchreckend. Man kann auf das Argſte gefaßt ſein, wenn ſolche anarchiſtiſchen Zuſtände fich vielleicht gar in er⸗ höhtem Maße wiederholen. In höchſtem Maße iſt die Tätigleit dieſer hetzenden Leute zu verdammen, und es wäre ſehr wünſchenswert, wenn auch die Männer