—— 234 —— unternehmer Fricke ein Vertrag über die Abfuhr des Straßenkehrichts. Dieſer Fuhrunternehmer hat gleich⸗ zeitig die Geſpanne für die Fahrzeuge der Stadt zu leiſten, alſo für die Feuerwehr und die Straßenreinigung. Außerdem hat er für ſachgemäße Unterbringung der Fahrzeuge und Geräte aufzukommen, die Reparaturen, die ſich mit der Zeit herausſtellen, zu machen uſw. uſw. Nun iſt bereits in dem letzten Etat ein Poſten von 10 000 ℳ zur Erbauung von 3 Depots für Unterbringung von Fahrzeugen und Gerätſchaften eingeſetzt. Es hat ſich weiter herausgeſtellt, daß die Reparaturen des Unternehmers nicht immer in der der gründlichen Weiſe erfolgten, wie es nötig war; ſie waren ziemlich oberflächlich gemacht, wie Sie das auch aus der Vorlage des Magiſtrats erſehen. In⸗ folgedeſſen werden die Fahrzeuge und die Gerätſchaften der Stadt außerordentlich leicht abgenutzt, und der Magiſtrat häli es im Intereſſe der Stadt und der Unierhaltung der Fahrzenge für geboten, dieſe Reparaturen ſelbſt vorzunehmen. Zu dieſem Zwecke müſſen natürlich Reparaturwerkſtätten oder wenigſtens eine Reparaturwerkſtatt eingerichtet werden. Für dieſe Reparaturen reicht nun der eingeſetzte Poſten von 10 000 ℳa nicht aus, und der Magiſtrat ver⸗ langt eine Nachbewilligung von 7500 ℳ, im gan en 17 500 ℳ für dieſe Einrichtungen. Ich beantrage die Bewilligung dieſes Poſtens. Der Vertrag mit Fricke kann nun von der Stadtgemeinde einſeitig auf zwei Jahre verlängert werden und zwar drei Monate vor ſeinem Ablauf Er läuft am 31. März 1908 ab. Nun ſteht der Magiſtrat vor der Frage: ſollen wir den Vertrag ablaufen laſſen, oder ſollen wir ihn verlängern, oder ſollen wir drittens einen andern Fuhrunternehmer auffordern, mit uns zu kontrahieren? Der Magiſtrat hat ferner Erwägungen angeſtellt⸗ ob es ratſam ſei, das ganze Fuhrunternehmen in eigene Regie zu nehmen, und wie ich aus den Akten erſehen habe, ſcheint der Magiſtrat wohl geneigt zu ſein, dies nach einiger Zeit zu tun. Die Akten er⸗ geben, daß die Stadt wirtſchaftlich ſich nicht viel ſchlechter dabei ſtehen wird, daß ihr die eigene Regie dagegen mancherlei Vorteile bietet. Vor allen Dingen wird dann das häßliche Straßenbild der abgetriebenen Pferde vor den ſtädtiſchen Fahrzeugen verſchwinden. Jedem von uns, der die Spreng⸗ wagen oder Abwaſchwagen unſerer Stadt durch die Straßen fahren ſieht, muß es aufgefallen ſein, mit welch elendem Pferdematerial dieſe ſtädtiſchen Wagen beſpannt ſind, und aus den Akten erſehe ich auch, daß ſogar unſer Magiſtratsdirigent perſönlich Ge⸗ legenheit genommen hat, auf dem Kurfürſtendamm Pferde, die ein gar zu elendes Ausſehen hatten, durch einen Beamten außer Betrieb ſtellen zu laſſen. Außerdem ſcheint es mir, als ob der Fuhr⸗ unternehmer doch nicht immer ſeine Pflicht und Schuldigkeit geran, ſeine vertragsmäßigen Pflichten in den letzten zwei Jahren nicht immer erfüllt hat. Denn ich ſehe aus den Akten, daß es Vertragsſtrafen von 35, 30, 5 ℳ. uſw. geradezu geregnet hat. Das ſteht allerdings im Gegenſatz zu dem, was uns der Magiſtrat geſagt hat, als der Vertrag im Jahre 1905 verlängert werden ſollte. Damals ſtand in der Begründung der Magiſtratsvorlage, daß der Fuhrunternehmer durchaus ſeine Pflicht und Schuldig⸗ keit tue, und daß alles in ſchönſter Ordnung ſei. Das hält der Magiſtrat jetzt nicht mehr aufrecht; es ſcheint ſich alſo in den letzten zwei Jahren manches außerordentlich geändert zu haben. Andere Städte haben derartige Unternehmungen bereits in eigene Regie genommen. Mir liegt hier ein Bericht von Dresden vor. Der Bericht iſt aller⸗ dings nicht bis in die letzten Jahre hinein vervoll⸗ ſtändigt; er geht von 1897 bis 1901. Ich ſehe daraus, daß die Stadtgemeinde Dresden kein ſchlechtes Geſchäft bei der eigenen Regie gemacht hat; denn die Einnahmen im Jahre 1897 — ich werde Ihnen nur einige Zahlen nennen — betragen rund 133000 ℳ, die Ausgaben rund 106000 ℳ, es ſind alſo bei dieſem Fuhrunternehmen rund 27 000 ℳw gewonnen, d. h. vom Buchwert des Inventars in Prozenten ausgedrückt 35 %. Das Geſchäft iſt alſo für die Stadt nicht ſchlecht geweſen. Im Jahre 1899 hat man ſogar 36% — die einzelnen Zahlen will ich Ihnen erlaſſen — Gewinn gehabt, im Jahre 1901 — ſo weit geht dieſe Statiſtik leider nur — 24,72 % des Anlagewertes. Allerdings handelt es ſich in Dresden nicht nur um die Straßenabfuhr und um die Leiſtungen für das Hochbau⸗ und Tiefbauamt uſw., ſondern man hat dort — ich glaube, ich habe das bei einer anderen Gelegenheit ſchon erwähnt — noch das Beerdigungsweſen hinzugenommen, (Stadtv. Sellin: Das können wir ja auch!) und das bringt wohl auch noch einigen Nutzen. In Breslau iſt auch bereits eigene Regie eingeführt; ich kann aber nicht ſagen, wie ſich dort die Zahlen ſtellen. Nun fragt es ſich bei uns: iſt der Vertrag mit dem bisherigen Unternehmer zu erneuern, iſt von dem einſeitigen Rechte der Stadtgemeinde, der Verlängerung auf zwei Jahre, Gebrauch zu machen? Da komme ich denn zu dem Reſultate: da es kaum möglich ſein wird, bis zum 31. März 1908 die eigene Regie her⸗ zuſtellen, iſt man wohl oder übel gezwungen, mit dem bisherigen Unternehmer weiter zu kontrahieren, allerdings, wie mir praktiſch ſcheint, auf möglichſt kurze Zeit. Die Stadtgemeinde hat, wie ich bereits erwähnt habe, das vertragliche Recht, drei Monate vor Ablauf des Vertrages den Vertrag auf zwei Jahre zu ver⸗ längern. Ich meine, hiervon muß Gebrauch gemacht werden. Vielleicht könnte aber der Weg gefunden werden, daß der Fuhrunternehmer ſich etwa mit einem Jahre begnügt. Mir ſcheint das um ſo mehr mög⸗ lich, als mir von Mitgliedern der Straßenreinigungs⸗ deputation geſagt worden iſt, daß der Fuhrunternehmer auf dieſen Vertrag, der ihm nichts einbringt, und bei dem er Geld zulegt, keinen großen Wert legt. Wenn alſo die Stadtgemeinde in der Lage iſt, bis zum Jahre 1909 die eigene Regie herzuſtellen — und ich ſollte meinen, daß das in anderthalb Jahren doch wohl zu ermöglichen wäre —, ſo würde ich raten, den Verſuch zu machen, den Vertrag mit dem bisherigen Unternehmer nur auf ein Jahr, alſo bis 31. März 1909, zu verlängern. Geht dies nicht, dann bleibt nichts anderes übrig, als ihn auf zwei Jahre zu ver⸗ längern; denn mit einem neuen Unternehmer kann man auf ſo kurze Zeit nicht kontrahieren; es wird ſich keiner darauf einlaſſen. Ich möchte, bevor ich einen Antrag ſtelle, wenn das geht, die Anſicht des Magiſtrats hören, ob es möglich ſein wird, den Vertrag nur auf ein Jahr zu verlängern, und ob es ferner möglich ſein wird, nach anderthalb Jahren die eigene Regie herzuſtellen. Kann ich ſo lange mit meinem Antrage warten? Vorſteher Roſenberg: Anträge ſind bis zum Schluß der Diskuſſion zuläſſig.