270 geſprochen bat, daß das Vorbild der Erblaſſerin Nach⸗ folger finden möge, die ja nicht nur durch ein Teſtament, ſondern auch ſchon bei Lebzeiten die Stadt Charlottenburg bedenken könnten. Wir haben kein Bedenken gegen die Annahme des Vermächtniſſes, da die Gründe, die der Herr Referent angeführt hat, durchaus zutreffen, mithin keine Gründe gegen die Annahme vorliegen. Meine Freunde wünſchen nur eins zum Ausdruck gebracht zu ſehen, daß dieſes Vermächtnis uns nämlich nicht der Pflicht überheben kann, in aller Geſchwindigkeit, ſoweit es irgend möglich iſt, unſererſeits für die Errichtung eines ſtädtiſchen Waiſenhauſes zu ſorgen, daß die Stiftung, ſo erfreulich ſie iſt, uns nicht etwa, wie z. B. ſchon in einer Zeitungsnotiz ausgedrückt worden iſt, dieſer Sorge enthebt. (Sehr richtig!) Mit den wenig über 300000 ℳ iſt ſelbſt ein kleines ſtädtiſches Waiſenhaus wohl kaum zu errichten; jeden⸗ falls müßte es ſehr klein ſein. Die Stifterin hat aber ausdrücktich verboten, daß das Vermächtnis be⸗ nutzt wird zur Vergrößerung irgend eines beſtehenden Waiſenhauſes, und wahrſcheinlich damit gemeint: auch eines in Zukunft zu errichtenden. Es muß alſo ein voll kommen ſelbſändiges Unternehmen ſein. Nun wird wohl noch eine längere Zeit, wie das das Teſtament auch vorſieht, der Ziusertrag der Stiftung angeſammelt werden müſſen, um überhaupt etwas Seibſtändiges zuſtande zu bringen, und auch dann wird es nur einen kleinen Umfang haben können. Es kommt hinzu, daß nach dem ansdrücklichen Willen der Stifterin dieſes Schwimmerſche Waiſen⸗ haus einen ſtreng konfeſſionellen Charakter haben ſoll. Es ſind dies alles Dinge, die uns keinen Augenblick vergeſſen laſſen können, daß wir die dringende Sorge für Errichtung eines eigenen Waiſenhauſes haben. Auf dieſen Punkt wollten, wie geſagt, meine Freunde beſonders aufmerkſam machen. Stadtv. Dr. Borchardt: Meine Herren, geſtatten Sie mir doch auch noch ein paar Worte zu der Annahme dieſes Teſtaments. Gerade weil dieſes Waiſenhaus einen ſtreng konfeſſtonellen Charakter tragen ſoll, erſcheint mir die Frage zum mindeſten erwägenswert, ob wir ohne weiteres dieſe Zuwendung annehmen ſollen. Herr Kollege Hubatſch hat aller⸗ dings erklärt, daß, wenn wir die Annahme dieſes Teſtaments ausſchlagen, dann keine anderen irgendwie verechtigten Intereſſen geſtört oder verletzt werden. Nun ſieht aber das Teſtament vor, daß, wenn die Stadt Charlottenburg es ausſchlägt, dieſe ganze Zuwendung nicht etwa durch Ausſchluß der landes⸗ herrlichen Genehmigung an den Fiekus fällt, ſondern daß dann die Stadt Berlin Erbin wird und die Verpflichtung bekommt, eine Stiftung für ältere Berliner Feuerwehrleute, die nicht mehr dienſtfähig find und in bedürftigen Verhältniſſen leben, in der Weiſe zu errichten, daß ſie für ſich und ihre Familie bis zu ihrem Tode unentgeltliche Wohnung und Unterhalt erhalten. Es ſcheint mir die Frage nicht ganz von der Hand zu weiſen zu ſein, ob eine ſolche Stiftung für ſo verdiente Lente wie ältere be⸗ dürftige Berliner Feuerwehrleute nicht doch noch humaner iſt als die Stiftung eines einfachen Waiſen⸗ hauſes auf ſtreng konfeſſioneller Grundlage, wobei — da gebe ich dem Herrn Kollegen Spiegel recht — der Verdacht in der Tat nicht abzuweiſen iſt, daß manche Kreiſe ſich ſagen werden: nun haben wir ja mit der Errichtung eines ſtädtiſchen Waiſenhauſes noch etwas mehr Zeit. Um dieſe Frage noch einmal zu erwägen, möchte ich bitten, die Sache vielleicht an einen Ausſchuß zu verweiſen. Stadtv. Dr. Frentzel: Meine Herren, ich möchte Sie bitten, dieſem Antrage des Kollegen Dr. Borchardt nicht ſtattzugeben. Ich glaube nicht, daß der Aus⸗ ſchuß irgendwie in dieſer Frage noch etwas klären kann. Ich möchte Herrn Kollegen Borchardt daran erinnern, daß wir hier Charlottenburger Stadtver⸗ ordnete ſind, (Sehr richtig!) und daß wir doch eigentlich daran zu denken haben, den Charlottenburger Bürgern und den Charlotten⸗ burger Waiſen in erſter Linie etwas Gutes zu tun, und daß gerade dieſe Politik der Heimatsſcholle hier ſehr berechtigt iſt. (Sehr richtig!) Auch mir wäre es vielleicht angenehmer ge⸗ weſen, die Erblaſſerin hätte dieſe Beſchränkung nicht gemacht. Sie hat ſie aber gemacht, und ſie wird wohl einem inneren religiöſen Gefühl bei ihr entſprungen ſein. Dieſes religiöſe Gefühl kann ich jedenfalls verſtehen, und ich bin auch bereit, dem Rechnung zu tragen, weil ich abſolut nicht ſehe, daß irgendwelche allgemeine öffentliche oder ethiſche Intereſſen dadurch geſchädigt werden können, oder daß auch nur der Schein erweckt werden kann, daß ſie geſchädigt werden, wenn die Stadt Charlottenburg dieſer Empfindung der Verſtorbenen nachgibt und das Teſtament mit der von der Erblaſſerin gewünſchten Einſchränkung annimmt. Im übrigen ſehe ich auch durchaus noch nicht ein, daß das Waiſenhaus einen ſtreng konfefſionellen Charakter haben ſoll. Es heißt doch allgemein: im chriſtlichen Glauben aufge⸗ zogene Kinder. Es iſt doch nicht irgendwie ausge⸗ ſprochen, daß eine ſpezielle orthodoxe Richtung vor⸗ herrſchen ſoll. Ich möchte Sie alſo bitten, dem Antrage des Herrn Referenten zu folgen und dem Magiſtrat die Genehmigung zur Annahme der Stiftung zu erteilen. Stadtv. Vogel: Meine Herren, ich ſehe auch keinen Grund, das Teſtament nicht anzunehmen. Herr Kollege Borchardt hat da nur in ſeinem eigenen Namen geſprochen. Die Beſtimmung der Erblafſerin bezieht ſich doch auf allgemein chriſtliche Kinder; es iſt nicht geſagt: katholiſche, evangelſche oder reformierte, ſondern es heißt nur: Chriſten —, und das ſind doch vorläufig immer noch die Mehrzahl. (Heiterkeit.) Im übrigen glaube ich, daß gerade darin, daß andere Kinder ausgeſchloſſen ſein und z. B. auch Kinder unter 5 Jahren nicht aufgenommen werden ſollen, für die es doch eigentlich noch nötiger wäre als für die älteren, ein Grund mehr für die Stadt liegt, die Errichtung eines ſtädtiſchen Waifenhauſes beſonders zu fördern. Für die älteren Kinder iſt ſchon das Luiſen⸗Andenken da; aber gerade für die Kinder bis zu 5 Jahren und für die Kinder anderer Konfeſſion fehit eine ſolche Anſtalt. Daraus kann die Stadt einen Grund herleiten, den ſchon längſt beſchloſſenen Bau des ſtädtiſchen Waiſenhauſes endlich in Angriff zu nehmen. (Die Beratung wird geſchloffen.) Vorſteher Roſenberg: Ich darf feſtſtellen, daß ein definitiver Antrag auf Ausſchußberatung nicht geſtellt worden iſt.