ohne jegliche Unterlagen vorgenommen wurden. Eine kleine Gruppe von Kaufleuten ſetzte eine Vor⸗ ſchlagsliſte auf — ſie mußten wohl oder übel daran gehen — und reichten ſie dem Magiſtrat ein; der Magiſtrat machte die Liſte bekannt, und damit waren die Vorbereitungen für die Wahlen erledigt. Abgeſehen davon, daß geſetzliche Beſtimmungen vor⸗ liegen, glaube ich, daß ein derartiges Verfahren, eine Wahl ohne jegliche Grundlage vorzunehmen — und die Grundlagen bilden meines Erachtens Wahlliſten, die von Amts wegen aufgeſtellt werden —, nicht richtig iſt. Aus dieſem Grunde iſt der Antrag entſtanden, daß der Magiſtrat für die im kommenden Herbſt ſtattfindenden Beiſitzerwahlen für das hieſige Kaufmannsgericht Wahlliſten aufſtellen und ſie aus⸗ legen möge. Ich bitte, meine Herren, dem An⸗ trage beizuſtimmen. Stadtrat Boll: Meine Herren, der Magiſtrat hat ſich in einer andern Sache über die gleiche An⸗ gelegenheit ſchon ſchlüſſig gemacht. Wir haben feſt⸗ geſtellt, daß diejenigen Städte, welche für die Kauf⸗ mannsgerichte Wahlliſten eingeführt haben, ſehr ſchlechte Erfahrungen damit gemacht haben. Geſtatten Sie mir einige Zahlen, die Ihnen das beweiſen können. So z. B. haben ſich nach dem Geſchäfts⸗ bericht des Kaufmannsgerichts Trier 502 Kaufleute in die Liſte eintragen laſſen — zur Wahl ſind 87 erſchienen; außerdem haben ſich 309 Gehilfen ein⸗ tragen laſſen — davon ſind 78 zur Wahl erſchienen. In Magdeburg haben ſich 2166 Kaufleute in die Liſte eintragen laſſen — zur Wahl erſchienen ſind 200; Gehilfen haben ſich dort 1289 eintragen laſſen — erſchienen ſind davon 760. In Freiburg haben ſich 493 Kaufleute eintragen laſſen — 77 ſind zur Wahl erſchienen; 542 Gehilfen haben ſich ein⸗ tragen laſſen — davon ſind nur 110 erſchienen. In Frankfurt a. M., wo, wie der Magiſtrat ſchätzt, ungefähr 3000 ſelbſtändige wahlberechtigte Kaufleute vorhanden ſind, haben ſich 694 in die Liſte eintragen laſſen — erſchienen ſind nur 341 ſelbſtändige Kaufleute; in Frankfurt a. M. ſind un⸗ gefähr 8000 Gehilfen vorhanden, von denen ſich 2929 haben eintragen laſſen und nur 1500 gewählt haben. Meine Herren, ebenſo iſt es in Schöneberg, das Sie am meiſten intereſſieren wird. In Schöne⸗ berg haben ſich nur 24 Kaufleute eintragen laſſen — gewählt haben nur 16, und Gehilfen haben ſich 75 eintragen laſſen — erſchienen find nur 43. Sie ſehen alſo meine Herren, wie gering das Intereſſe für die Wahlen gerade in dieſen Städten mit Wahl⸗ liſten war. Sie wiſſen ja alle aus eigener Erfahrung, wie ſchwer es iſt, bei allen Wahlen die Wähler an den Wahltiſch heranzubringen; wenn ſie nun zwei⸗ mal den Weg machen müſſen, erſt zur Liſteneintragung und dann zur Wahl ſelbſt, dann werden Sie nach meiner Meinung noch weniger Beteiligung haben. Dagegen iſt bei uns in Charlottenburg in 8 Wahl⸗ bezirken gewählt worden, und es haben gewählt ohne Liſten — 123 Kaufleute und 163 Gehilfen. In Wirklichkeit hat die Legitimation der einzelnen Wähler, die Feſtſtellung ihrer Wählbarkeit und ihrer Berechtigung zur Wahl abſolut keine Schwierigkeiten gemacht. Bei dieſen kleinen Wahlbezirken kennen die Wahlvorſteher meiſtenteils perſönlich den einzelnen Wähler. Es ſind unmittelbar nach der Wahl von mir und von Herrn Aſſeſſor Dr. Mann durch Be⸗ fragung der einzelnen Wahlvorſtände Feſtſtellungen zur Sache vorgenommen; ſie waren einheitlich der Meinung, daß ſich unſer Syſtem durchaus bewährt 289 — hütte und keinerlei Schwierigkeiten bei der Feſt⸗ ſtellung des Wahlergebniſſes machte; es war mit Leichtigkeit feſtzuftellen, ob jemand wahlberechtigt war oder nicht. 1 clec . Unſer ſtatiſtiſches Material, das wir von Amts wegen aufſtellen, ergibt hierüber nicht das geringſte. Sie wiſſen, daß das ſtatiſtiſche Material nur An⸗ gaben über den Wohnort des betreffenden Kaufmanns oder des Gehilfen enthält. Wahlberechtigt iſt aber nur derjenige, der hier in Charlottenburg beſchäftigt iſt, und bei dem ſelbſtändigen Kaufmann kommt es darauf an, ob er regelmäßig oder zu gewiſſen Zeiten des Jahres mindeſtens einen Gehilfen beſchäftigt. Dieſe Feſtſtellungen haben wir in unſerm Material nicht. Sie werden nur durch Befragen, durch Gehen von Haus zu Haus zu machen ſein. Das würde eine unendliche Mühe machen und, wie ich ſchon eingangs ſagte, auch nicht viel dazu beitragen, um mehr Wähler zu der Wahl heranzuziehen. Ich weiſe darauf hin, daß unſer Gewerbegericht ja auch keine Wählerliſten hat. und ſeit Jahren hat ſich unſer Syſtem dort bewährt, trotzdem es dort nicht leicht iſt, die Wählbarkeit feſtzuſtellen: denn Sie werden ſo gut wiſſen wie ich: ob der Betreffende wahlberechtigt iſt oder nicht, iſt z. B. bei Gärmern ſehr ſchwer nachzuweiſen, d. h. ob der Gärtner ein Gewerbetreibender iſt, oder ob er nur eine land⸗ wirtſchaftliche Tätigkeit ausübt. Was die Legitimation betrifft, ſo iſt in unſerm Ortsſtatut ausdrücklich geſagt worden, daß als Aus⸗ weis nicht nur die Legitimation des Prinzipals gilt, die er dem Gehilfen ausſtellt, ſondern daß jeder andere Ausweis von dem Wahlvorſtand nach ſeinem Ermeſſen als ausreichend anerkannt werden kann. Wie gefagt, bei uns hat ſich die Sache ſehr glatt abgewickelt. Sämtliche Wahlvorſteher waren mit dem Syſtem ſehr zufrieden — ich betone das —, und ich empfehle Ihnen, von den Wahlliſten auch für das Kaufmannsgericht Abſtand zu nehmen, ſo wie ſich die Wahl ohne Wanltiſten auch bei dem Gewerbericht ſeit Jahren bewährt hat. Stadtv. Münch: Meine Herren, wenn man das Ergebnis aller Wahlen nach ſolchen Aufſtellungen beurteilen wollte, wie ſie der Herr Magiſtratsdezernent eben vorgetragen hat, dann brauchten wir überhaupt keine Wahlliſten, auch bei den Stadtverordnetenwahlen nicht. Manchmal iſt die Wahlbeteiligung ſo ſchlecht, daß, wenn das wirklich als Motiv aufrecht erhalten werden ſoll, wir überhaupt keine Wahlliſten mehr brauchen. Ich ſtütze mich aber auf geſetzliche Vor⸗ ſchriften. Erſtens ſteht in unſerm Ortsſtatut § 9: Die Aufſtellung von Wahlliſten kann durch Gemeindebeſchluß angeordnet werden. (Zurufe: Jawohl, kann!) Zweitens beziehe ich mich aber auf das Geſetz: darin ſind ganz beſtimmte Vorſchriften enthalten: der Wähler darf nicht beſtraft ſein, er muß zwei Jahre am Orte ſein uſw. Welcher Wahlvorſteher iſt in der Lage, das alles herauszubekommen? Die Wähler treten an den Wahltiſch und legen ein Schriftſtück des Prinzipals vor, daß ſie bei ihm beſchäftigt ſind; ob aber der Prinzipal ihre Quali⸗ fikation zur Wahl geprüft hat, das wird nicht feſt⸗ geſtellt. Der Wähler muß 25 Jahre alt ſein — das ließe ſich ja wohl prüfen. Es iſt nicht richtig, daß man die geſetzlichen Beſtimmungen einfach bei Seite ſtellt und die Vorſchriften, die das Geſetz gibt, nicht auf die Wähler anwendet. Es iſt aber auch im Ortsſtatut vorgeſehen, meine Herren, und ich bin