Grund für die Schuldeputation vor, dieſem Verein nun auf einmal plötzlich die Erlaubnis zu entziehen. Man kann aber auf der anderen Seite ſagen: dieſer Verein iſt als Turnverein angemeldet worden, er iſt aber zugleich ein Verein von politiſchem Charakter, (lebhafter Widerſpruch bei den Sozialdemolraten) und ſo, wie politiſchen Vereinen grundſätzlich die Be⸗ nutzung ſtädtiſcher Räume hier im Rathauſe verſagt wird, ſo gut wird ihnen auch die Benutzung ſtädti⸗ ſcher Schulräume in den Schulen und in den Turn⸗ hallen verſagt. Daß aber dieſer Verein einen ſtark politiſchen Charakter hat, das hat er nicht bloß durch die Abfingung des bekannten Liedes bewieſen, ſon⸗ dern das hat heute Herr Kollege Dr. Borchardt auf das deutlichſte ſelbſt feſtgeſtellt. Es iſt eben ein Verein mit der Tendenz, ſozialdemokratiſche Ge⸗ ſinnung bei der Jugend zu pflegen. (Stadtv. Hirſch: Nein!) Nun hat ſich die Schuldeputation eben auf den Standpunkt geſtellt, daß politiſchen Vereinen die Be⸗ nutzung der Schulräume zu verſagen ſei; ſie hat dies natürlich erſt tun können, als ſie die Kenntnis der politiſchen Tätigkeit des Vereins gewonnen hatte. Was nun die zweite Frage angeht, ob der Magiſtrat in der Lage ſein würde, den Beſchluß der Schuldeputation aufzuheben, darüber hat ja Herr Bürgermeiſter Matting ſchon ausführlich geſprochen. Ich habe von vornherein bezweifelt, daß der Magi⸗ ſtrat in dieſer Lage ſein wird. Wenn auch ein Be⸗ ſchluß der Mehrheit im Sinne des Antrages der Herren heute zuſtande kommen ſollte, ſo bin ich feſt überzeugt, daß der Magiftrat nicht zuſtimmen wird. Es iſt ja ſchon hervorgehoben worden, daß die Schuldeputation einen doppelten Charakter hat: ſie iſt einerſeits eine Verwaltungsdeputation für den Magiſtrat, andererſeits iſt ſie aber eine ſtaatliche Auffichtsbehörde für die Gemeindeſchulen, und daran iſt nicht zu rütteln. Und zu dieſer Aufficht gehört auch die Aufſicht über die Schulräume, und die Be⸗ fugnis, dieſe Aufſicht auszuüben, iſt ausdrücklich von der Königlichen Regierung der Schuldeputation über⸗ tragen worden — und wenn auch der Magiſtrat grundſätzlich Verwahrung gegen die Art der Über⸗ tragung eingelegt hat, ſo bezieht ſich das eben nur auf die grundſätzliche Frage; zu Recht beſteht aber die Befugnis. (Stadtv. Dr. Borchardt: Zu Unrecht!) Daß von der Königlichen Regierung der Schuldepu⸗ tation das ſtaatliche Aufſichtsrecht übertragen worden iſt, über die Schulräume zu verfügen, daran können wir unmöglich rütteln, (Stadtv. Holz: Sehr richtig!) und wenn nun der Magiſtrat einen Beſchluß der Schuldeputation, der ſich in diejem Bereiche der ſtaatlichen Aufſicht hält, rückgängig machen wollte, ſo würde er ſich in Konflikt mit der Schulaufſicht ſetzen. (Stadtv. Dr. v. Liszt: Sehr gut!) Das wird der Magiſtrat nicht wünſchen, und das wünſchen wir alle nicht. Alſo ich meine, es iſt doch wohl am geratenſten, wir bringen den Magiſtrat gar nicht erſt in dieſes Dilemma, daß er entweder zu dem Beſchluß, den wir faſſen, Nein ſagen muß, oder daß er ſich in einen Konflikt mit der Schuldeputation begibt, der auch zu einem Konflikt mit der Regie⸗ rung wird. Ich empfehle Ihnen, den Antrag abzulehnen. (Bravo!) 294 —— Stadtu. Dr. v. Liszt: Meine Herren, der Stand⸗ punkt meiner Freunde geht erſtens dahin, daß wir es für gänzlich überflüſſig halten, nochmals in eine ſachliche Debatte über die Veranlaſſung einzutreten, die zu dieſem Beſchluß der Schuldeputation geführt hat; dann aber, daß wir aus reinen Rechtsgründen den Antrag, der geſtellt worden iſt, ablehnen müſſen. Ich möchte dieſe unſere Stellungnahme ganz kurz begründen. Herrn Kollegen Borchardt möchte ich zunächſt darauf aufmerkſam machen, daß er in der Sitzung vom 5. Juni ausdrücklich ausgeſprochen hat — es ſteht auf Seite 241 —, daß er fich der Hoffnung nicht hingebe, daß dieſe Maßregel ruͤckgängig gemacht werden würde; „wohl aber“ — fährt er fort — „gebe ich mich der Hoffnung hin, daß dieſem Verein dann, wenn er darum einkommt, eine andere ſtädtiſche Turnhalle, die der Schul⸗ deputation nicht unterſteht, die alſo auch mit der Schulaufſichtsbehörde gar nichts zu tun hat, zur Verfügung geſtellt wird.“ Als ich nun den auf unſerer Tagesordnung ſtehenden Antrag las, konnte ich mir nicht recht erklären, wieſo denn die Herren Kollegen auf der äußerſten rechten Seite des Hauſes (Heiterkeit) zu dieſem Antrage gekommen wären. Ich dachte mir zunächſt, da der Name des Herrn Kollegen Borchardt nicht darunter ſteht, es wäre eine Meinungsver⸗ ſchiedenheit unter Ihnen. Als ich nun erfuhr, daß Herr Dr. Borchardt auch dieſen Antrag vertreten ſolle, war ich ſofort überzeugt, es müſſe eine ganz weſentliche Verſchiebung der Tatſachen eingetreten ſein, um dieſen Antrag zu rechtfertigen; ich nahm alſo an, daß das Lied gar nicht geſungen wäre, oder ſonſt etwas Ahnliches. Daß nun aber Herr Kollege Borchardt in genau derſelben Frage einen ganz anderen Standpunkt vertreren hat als am 5. Juni, iſt mir allerdings etwas überraſchend gekommen. Nun geht der Antrag dahin, daß der Magiſtrat erſucht werden ſoll, den Beſchluß der Schuldeputation rückgängig zu machen. Ich möchte doch den Aus⸗ führungen des Herrn Kollegen Hubatſch, denen ich vollkommen zuſtimme, noch ein paar ergänzende Worte hinzufügen. Ich halte es für ganz unmöglich, ſchon wenn es ſich um eine gewöhnliche Deputation handelt, daß ein Beſchluß der Deputation durch den Magiſtrat rückgängig gemacht werden könne. Ich weiß ganz genau: unſere gewöhnlichen Deputationen ſind im Sinne des § 59 der Städteordnung Organe des Magiſtrats, ſie ſind dem Magiſtrat unterſtellt, ſie haben, wenn ich mich ſo ausdrücken duf, bloß be⸗ ratende Stimme, ſie können eigentliche Beſchlüſſe gar nicht faſſen; der Magiſtrat iſt in der Lage, ihren Beſchlüſſen beizutreten oder nicht, d. h. er macht die Beſchlüſſe der Deputationen zu den ſeinigen und unterbreitet ſie der Stadtverordnetenverſammlung oder nicht. Aber ich halte es für ganz unmöglich, daß der Magiſtrat einen Beſchluß einer Deputation annulliert. Wenn die Verſammlung geſtattet, werde ich ein mir naheliegendes Beiſpiel heranziehen: die Fakultäten haben das Recht, bei Vakanzen Vorſchläge zu machen, der Miniſter kann dieſen Vorſchlägen zu⸗ ſtimmen oder nicht; es würde aber eine ganz abſurde Idee ſein, wenn der Miniſter einen Beſchluß der Fakultäten rückgängig machen wollte. So kann auch der Magiſtrat nicht einen Beſchlut einer Deputation rückgängig machen, auch wenn es ein Beſchluß einer