Perſon zu ſtimmen bereit bin. Aber da dem ſo iſt, muß ich auf die Sache ſelbſt kurz eingehen. Mein Standpunkt in der Sache iſt der: es wäre ſchweres Unrecht — und dem müſſen wir entgegen⸗ treten, — wenn einem Verein bloß wegen ſeiner politiſchen Gefinnung und wegen der Betätigung dieſer Geſinnung ſtädtiſche Räume verſagt würden; ob das ein ſozialdemokratiſcher Verein oder ein anderer iſt, iſt mir völlig gleichgültig. Aber ich würde immer für die Schuldepmation oder fonſt eine ſtädtiſche Behörde das Recht in Anſpruch nehmen, die Genehmigung der Benutzung ſtädtiſcher Räume zu verſagen wegen einer Betätigung, die als Ent⸗ gleiſung zu bezeichnen iſt. Denken Sie, daß Turn⸗ vereine, die bei uns turnen, ſich bei irgend einer Feſtlichkeit unanſtändig benehmen; dann würde ich ſagen: einem ſolchen Verein, der ſich ſo benimmt, muß die Genehmigung entzogen werden. Wegen des Liedes, welches ja eine grobe Geſchmacksloſigkeit zum mindeſten geweſen iſt — ich will einen ganz parla⸗ mentariſchen Ausdruck gebrauchen —, könnte es zweifelhaft ſein, ob die Schuldeputation in ihrem Rechte geweſen iſt. Aber da ich bereit bin, auf die Brücke zu treten, möchte ich für meine Perſon aus⸗ ſprechen — ich habe, wie Herr Kollege Spiegel, mir meine Meinung gebildet gehabt —: ich billige den Beſchluß der Schuldeputation nicht, aber ich begreife ſehr wohl, daß die Schuldeputation dieſen Beſchluß gefaßt hat, und es ſteht ſehr auf der Kippe, ob wir den Beſchluß der Schuldeputation für richtig halten oder nicht. Ich würde bitten, den Antrag des Herrn Kollegen Borchardt abzulehnen und dem Antrag des Herrn Kollegen Hirſch zuzuſtimmen. Vorſteher Roſenberg: Ich bringe den Eventu al⸗ antrag des Herrn Stadtv. Hirſch zur Kenntnis der Verſammlung: Für den Fall der Ablehnung des Antrages Hirſch und Genoſſen — Druckſache Nr. 311 — beantragen die Unterzeichneten, den Magiſtrat zu erſuchen, dem Verein „Freie Turnerſchaft“ auf ſein Erſuchen die Turnhalle in der Kunſtgewerbe⸗ und Handwerkerſchule in der Wilmersdorfer Straße zur Verfügung zu ſtellen. Dieſer Antrag ſteht mit zur Diskuſſion. Stadtv. Dr. Penzig: Meine Herren, nach den Worten des Herrn Kollegen v. Liszt könnte ich eigentlich auf das Wort verzichten, zumal ich den Eindruck habe, daß ein ſtarkes Mißverhältnis zwiſchen dem Anlaß dieſer Sache und den gehaltenen Reden vorhanden iſt. Ich will nur kurz noch ſagen, daß nämlich gar kein Unterſchied beſteht zwiſchen der Haltung, die von Herrn Kollegen Spiegel das vorige Mal als die wahrſcheinliche Haltung der Mehrheit unſerer Fraktion bezeichnet worden iſt, und der Haltung, die wir heute einnehmen. Wir hatten damals in unſerer großen Mehrheit — und ich glaube, das iſt auch heute noch der Fall — ſachlich den Beſchluß der Schuldeputation für unrichtig gehalten, den man vielleicht entſchuldigen kann, den wir aber nicht als richtig anerkennen konnten. Wir kommen aus rein formalen juriſtiſchen Gründen zur Ablehnung des Antrages Borchardt, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil tatſächlich die Zumutung, daß eine Verſammlung wie die unſrige den Magiſtrat erſuchen ſoll, eine von uns gewählte Deputation dazu zu veranlaffen, ihren Beſchluß rück⸗ gängig zu machen, ein Attentat iſt auf unſere eigene Freiheit, 4 (Sehr richtig! bei den Liberalen) 298 — auf unſere eigene Verwaltung. Es iſt ein logiſcher Nonſens⸗ Der Magiſtrat iſt in der Lage, den Be⸗ ſchluß irgend einer Deputation, auch den der Schul⸗ deputation, zu beanſtanden; er kann ſogar den Kon⸗ flikt erheben aus irgend welchen ſtaatsrechtlichen, juriſtiſchen Gründen; er kann ihm beitreten, er kann ihn ablehnen; er kann aber niemals etwas, was ge⸗ ſchehen iſt, nicht geſchehen, rückgängig machen; er kann unmöglich die Minderheit in eine Mehrheit und die Mehrheit in eine Minderheit verwandeln. Wir können ihm doch nicht ein Recht einräumen, das wir, wenn es von der Staatsregierung in Anſpruch genommen würde, als ſchweren Eingriff in die Selbſt⸗ verwaltung zurückweiſen würden, daß nämlich irgend welche Einflüſſe hinter den Kuliſſen einwirken ſollten, damit eine bisherige Mehrheit ſich in eine Minder⸗ heit verwandelt. Das iſt ganz und gar unmöglich. Es iſt alſo gar nicht die Rede von irgendwelcher Konfliklsfurcht, die uns leitel — das haben wir häufig genug bewieſen —, ſondern einfach die Über⸗ legung, daß wir in der ganzen Angelegenheit in der unglücklichſten Poſition wären, wenn wir dem Ma⸗ giſtrat etwas zumuteten, was gegen unſere eigene Selbſtverwaltung und Freiheit wäre, und in einer Angelegenheit, die wirklich die vielen Worte nicht wert iſt. Stadtv. Otto: Meine Herren, geſtatten Sie mir nur wenige Worte zu dem Coentualantrag des Herrn Kollegen Hirſch! Herr Kollege Dr. v. Liszt hat für ſeine Perſon erklärt, daß er dieſem Antrage zuſtimmen wird. Ich bin nicht in der Lage, dieſem Antrage zuſtimmen zu können, (Stadtv. Dr. Borchardt: Aha!) — warten Sie meine Gründe ab! — und zwar aus zwei Gründen. Einmal bringen wir durch dieſen Antrag dem Magiſtrat um die Freiheit ſeiner Ent⸗ ſchließung, indem wir ihm von vornherein eine be⸗ ſtimmte Marſchroute vorſchreiben. Ich halte das nicht für richtig. Zum zweiten behandeln wir, wenn wir dieſen Antrag annehmen, den Verein, um den es ſich handelt, in einer Ausnahmeform, die ich keineswegs rechtfertigen kann. (Sehr richtig! bei den Liberalen und bei der Freien Vereinigung.) Ich ſtehe auf dem Standpunkt: gleiches Recht für alle, aber keineswegs Sonderrecht für dieſen Verein. Warten wir ab, ob der Verein den Antrag ſtellt, (Stadtv. Dr. Borchadt: Hat ihn ja ſchon geſtellt!) ihm die Turnhalle in der Wilmersdorfer Straße zu überlaſſen, — darüber iſt bis jetzt noch nichts geſagt worden — warten wir ab, ob der Verein dieſen Antrag an den Magiſtrat richtet; dann werden wir uns entſchließen. (Die Beratung wird geſchlofſen.) Antragſteller Stadtv. Dr. Borchardt (Schlußwort): Ich wollte auch nur ganz wenige Bemerkungen machen, (Na, na! bei der Freien Vereinigung) zunächſt gegenüber Herrn Kollegen Otto, der um die Freiheit der Entſchließung des Magiſtrats ſo beſorgt iſt. Meine Herren, der Magiſtrat wahrt ſich die Freiheit ſeiner Entſchließung. (Stadtv. Otto: Sie aber nicht!) — Er wahrt ſie ſich ſelbſt; das iſt nicht meines Amtes, ſie ihm zu wahren. Meine Aufgabe iſt, die Meinung der Stadtverordnetenverfammlung zum Ausdruck zu bringen, und wenn der Magiſtrat mit der Meinung der Stadtverordnetenverſammlung