—=— 309 — würden bei dem Publikum in Mißkredit kommen, wenn gleichzeitig auf ihnen die Kriegsflagge der Anti⸗ alkoholiſten flattern ſollte. 1 1111 4 Der Magiſtrat hat auf die großen Erfolge der Gemeinnützigen Geſellſchaft für Milchausſchank in Rheimand und Weſtfalen bezug genommen. Dieſe großen Erfolge aber, wie ich aus den Akten erſehe, ſind lediglich auf die ſtrikte Beobachtung dieſer beiden von mir angeführten Geſichtspunkte zurückzuführen: ausſchließlich Milch, damit die Spezialität — gewiſſer⸗ maßen der Spezialausſchank — garantiert wird, und zweitens keine Verquickung mit irgendwelchen Unter⸗ nehmungen, welche das Odium der Bekämpfung des Alkohols haben. Es iſt im Kreiſe meiner Freunde der Wunſch ausgeſprochen worden, die Angelegenheit in einem Ausſchuß zu beraten. Ich meinerſeits würde für ſofortige Annahme der Vorlage ſein mit der Modalität, die ich hervorgehoben habe; aber ich erfülle den Auftrag meiner Freunde, einen Ausſchuß von neun Mitgliedern zu beantragen. Stadtrat Dr. Waldſchmidt: Meine Herren, ich möchte Sie bitten, die Vorlage nicht an einen Aus⸗ ſchuß zu verweiſen. Wir haben ſie ſchon wiederholt ſeit längerer Zeit in der Deputation durchberaten, und dies hat zu einem einſtimmigen Beſchluſſe geführt, ſo daß ich glaube, es können gar keine neuen Geſichts⸗ punkte mehr beigebracht werden. Dann habe ich noch einen zweiten Grund, und das iſt der, daß wir nun endlich vorwärts kommen möchten. Wir wünſchen die Milchhäuschen noch in dieſem Sommer in die Erſcheinung treten zu laſſen. Die Vorarbeiten ſind ſo weit gediehen, daß wir un⸗ mittelbar an die Ausführung gehen können, ſobald die Herren Stadtverordneten die Gelder dazu bewilligt haben werden. Auf die beiden Bedingungen eingehend, die der Herr Referent beſonders hervorhebt, möchte ich kurz fagen, daß wir rein aus Zweckmäßigkeitsgründen, wenn ich ſo ſagen darf, nicht nur den Ausſchank von Milch befürwortet haben, ſondern meinten, da die Häuschen ſowohl im Winter wie im Sommer den Vertrieb — verzeihen Sie, Herr Referent, wenn ich fage: von alkoholfreien Getränken, wozu ich die Milch gerechnet haben will —, bewirken ſollen, ſo wollten wir auch gerade für die kältere Jahreszeit ein warmes Getränk bieten können, ſei es Kaffee oder Tee, wie dies in verſchiedenen Städten geſchieht. Nebenbei bemerkt, bedeutet das nichts anderes als eine erweiterte Tätigkeit des Vereins, dem wir den Vertrieb der Milchhäuschen übergeben wollen: denn in der ſtädtiſchen Wärmehalle hat, wie Ihnen bekannt ſein dürfte, dieſer Verein den Betrieb ſeit dem letzten Winter übernommen. Es wird nicht abſolut Wert darauf gelegt, daß auch Kaffee und Tee verſchänkt wird. Sollten die Herren hier beſchließen, daß nur Milch verkauft wird und nur Milchhäuschen ins Leben gerufen werden, ſo wird der Verein jedenfalls auch damit einverſtanden ſein. Was nun die zweite Bemerkung des Herrn Stadtv. Wöllmer anlangt, — ja, meine Herren, es wird nicht oben auf den Häuschen eine Flagge er⸗ ſcheinen, auf der ſteht: „Alkoholfreie Getränke!“ Das verſteht ſich von ſelbſt. Der Grund für die Vorlage iſt, die Milch als ein vorzügliches Nahrungsmittel der Bevölkerung zugänglich zu machen. Ich möchte ſie bitten, die Vorlage anzunehmen. 2 Berichterſtatter Stadtv. Wöllmer: Ich bin ja ſehr befriedigt durch die beruhigende Erklärung des Herrn Stadtrats Waldſchmidt, daß die Flagge der Anti⸗ alkoliſten auf den Häuschen nicht wehen ſoll; aber ich bin durch die Lektüre der Akten — auch jetzt noch, als ich wieder in die Akten hineingeſehen habe — deſſen nicht ganz ficher; denn der Verein hat, wie ich höre, die Abficht, ſich „alkoholfreier“ Wohl⸗ fahrtsverein zu nennen. Darin liegt doch die Tendenz der Bekämpfung des Alkobols. Ich möchte deshalb die, wie ich betone, an und für ſich überaus glück⸗ liche Idee, den Milchkonſum zu begünſtigen, keines⸗ wegs mit dieſen Beſtrebungen erquickt wiſſen. Ich mache darauf aufmerkſam, daß dieſer Verein nicht ſehr glänzend gewirtſchaftet hat. Ob wir nicht vielleicht in kurzer Zeit in die Lage kommen werden, ein Zuſchuß geben zu müſſen, das weiß ich nicht. Der Verein hat im vorigen Jahre, obwohl er durch Wohltätigkeitsfeſte 9000 ℳ Zuwendungen bekommen hat, einen Verluſt von 1800 ℳ gehabt; alſo ich weiß nicht, ob der Verein finanziell auch ſo abſolut ſicher und einwandfrei ſein wird wie z. B. eine große Molkerei. Wenn Sie einen Ausſchuß beſchließen, dann werden Sie Gelegenheit haben, vor allen Dingen das Material zu ſtudieren, welches der rheiniſch⸗ weſtfäliſche Verein dem Magiſtrat zur Verfügung geſtellt hat. Dieſer rheiniſch⸗weſtfäliſche Verein hat große Erfolge gehabt, indem er in 38 Städten etwa 90 ſolcher Milchhäuschen betreibt, aber nur in der Weiſe, wie ich vorgeſchlagen habe. Der natürliche Gang der Dinge iſt der: die Stadt Charlottenburg baut auf ihre Koſten dieſe Häuschen und ſchließt mit einer großen angeſehenen Molkerei einen Pachtvertrag, damit dieſe den Vertrieb der Milch übernimmt. Ich perſönlich möchte Ihnen deshalb vorſchlagen, da Herr Stadtrat Waldſchmidt auf die Beſchleunigung der Beſchlußfaſſung großen Wert legt, folgenden Antrag anzunehmen: Die Stadtverordnetenverſammlung ſtimmt der Vorlage betr. Errichtung von 3 Milch⸗ häuschen mit der Maßgabe zu, daß nach dem Vorbilde der Gemeinnützigen Geſellſchaft für Milchausſchank in Rheinland und Weſtfalen ausſchließlich Milch verabfolgt und ein Pacht⸗ vertrag mit einer geeigneten Molkerei ab⸗ geſchloſſen wird. Es iſt ja richtig, daß, wie Herr Stadtrat Wald⸗ ſchmidt ſagte, im Winter vielleicht Tee oder andere warme Getränke verſchänkt werden können; aber ich glaube, dies iſt nicht ſo wichtig wie die zweck⸗ mäßige Durchführung des Planes, den Verbrauch von Milch durch den Verkauf in ſolchen Häuschen zu heben. Stadtrat Dr. Waldſchmidt: Meine Herren, wenn Sie das annehmen, was der Herr Referent fordert, dann muß ich Sie fragen: wer ſoll den Betrieb übernehmen? Seibſtredend wird — ſo gut wie wir — der Verein einwandfreie Milch beziehen können. Aber es muß doch ein Menſch den Vertrieb übernehmen! Ganz anders verhält es ſich mit der Gemein⸗ nützigen Geſellſchaft, die ſich in Rheinland und Weſt⸗ falen gebildet hat. Dieſe iſt zum Betrieb ſolcher Milchhäuschen ins Leben gerufen worden. Sie kauft die Milch von Molkereien und vertreibt ſie in den Häuschen. Wir wollen nicht von Stadt wegen in eigener Regie die Häuſer betreiben, ſondern den Betrieb einem Wohlfahrtsverein übergeben, der nichts