Vorſteher Roſenberg: Punkt 15 der Tagesordnung: Vorlage betr. Entſendung eines Vertreters zu der Informationsreiſe der Zentralſtelle für Volkswohlfahrt. Druckſache 315. (Die Beratung wird eröffnet und geſchloſſen. Die Verſammlung beſchließt nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: Der Entfendung eines Vertreters zu der dies⸗ jährigen Informationsreiſe der Zentralſtelle für Volkswohlfahrt wird mit der Maßgabe zuge⸗ ſtimmt, daß die erforderlichen Mittel dem Dispoſitionsfonds zu entnehmen ſind.) Das Protokoll vollziehen heute die Herren Stadtw. Freund, Dr. de Gruyter und Holz. Punkt 16 der Tagesordnung: Vorlage betr. Herſtellung einer Zufahrts⸗ ſtraße auf der Nordweſtſeite des Bahnhofs Zoologiſcher Garten und Regulierung der Joachimsthaler Straße. Druckſache 316. Berichterſtatter Stadtv. Dzialoszunski: Meine Herren, der Vertragsentwurf, der mit der Vor⸗ lage des Magiſtrats der Beſchlußfaſſung der Ver⸗ ſammlung unterbreitet wird, hat zum Inhalt die Anlegung einer Privatſtraße auf dem Gelände der Weſteisbahn zwiſchen dem Oberverwaltungsgericht und der Stadtbahn in einer Tiefe von 160 m von der Hardenbergſtraße, die Fortſetzung dieſer Straße in Form einer Unterführung umer der Stadtbahn, die Anlegung einer Straße im Zuge der Joachimsthaler⸗ ſtraße zwiſchen dem Zoologiſchen Garten und der Stadtbahn, gleichfalls in einer Tiefe von 160 m. Die Regulierung und die dauernde Unterhaltung der Straße auf der nordweſtlichen Seite der Stadtbahn ſoll vom Fiskus vorgenommen werden, während die Anlegung und die Unterhaltung der Verlängerung der Joachimsthalerſtraße auf Koſten der Staot Char⸗ lottenburg erfolgen ſoll. Dem Vertrage find eine Reihe von Bedingungen beigefügt: die Stadt Char⸗ lottenburg ſoll den Widerſpruch gegen die Anlegung dieſer Siraße ſowie von Ausgängen nach derſelben fallen laſſen uſw. Das Gelände in der Joachims⸗ thalerſtraße will der Fiskus der Stadt umſonſt über⸗ eignen. Weitere Bedingungen beſtehen darin, daß die Stadt vier Verträge übernehmen ſoll, welche der Staat hinſichtlich des abzutretenden Geländes ab⸗ geſchloſſen hat, und zwar einen Vertrag mit der Straßenbayn, einen Vertrag mit der Gemeinde Wil⸗ mersdorf, einen Vertrag mit den Elektrizitätswerken und einen Vertrag mit dem Aktienverein Zoologiſcher Garten. Die letzterwähnten beiden Verträge ſind ohne Bedeutung. Der Vertrag mit Wilmersdorf iſt auch von geringer Bedentung. Es handelt ſich um einen Regenauslaß, für welchen eine Anerkennungsgebühr von 250 ℳ gezahlt wird. Hingegen iſt der Vertrag mit der Straßenbahn von einer erheblicheren Be⸗ deutung. Die Straßenvahn hat einmal die Ver⸗ pflichtung übernommen, den Fiskus von etwaigen Anliegerbeiträgen zu liberieren, die im Falle der Regulierung der Joachimsthalerſtraße an die Stadt zu leiſten ſind. Außerdem iſt die Straßenbahn ver⸗ pflichtet, jederzeit die Endſtelle zu verlegen, falls ihr von ſeiten des Fiskus gekündigt wird. Auch dieſer Vertrag ſoll auf die Stadt Charlottenburg übergehen. Zur Begründung beruft ſich der Magiſtrat darauf, daß die Verkehrsverhältniſſe einer Verbeſſerung an der in Frage kommenden Stelle dringend erheiſchen, daß ſich erhebliche Mißſtände herausgebildet haben. welchen durch dieſe Vorlage abgeholfen werden ſoll. Ich bin der Meinung, daß der Vorlage erheb⸗ liche Bedenken entgegenſtehen, daß die Annahme des Magiſtrats, es würde den Mißſtänden, um welche es ſich hier handelt, geſteuert werden, nicht zutrifft. Worin beſtehen die Mißſtände, welche an jener Stelle vorhanden ſind? Sie beſtehen darin, daß eine ganz koloſſale Verkehrsüberlaſtung an dem Schnittpunkt der Joachimsthaler und Hardenberg⸗ Straße in der Gegend des Zoologiſchen Gartens vorliegt. Sie iſt darauf zurückzuführen, daß die Hardenberg⸗Straße in der ganzen Länge zwiſchen dem Kurfürſtendamm und der Berliner Straße feinen Durchbruch hat. Wir haben ja hierüber häufig verhandelt. Es iſt ja ein Beſchwerdepunkt, der immer und immer wiederkehrt, daß wir eine derartige Durchfahrtsſtraße nicht erlangen können. Wenn wir die Tragweite der Vorlage richtig ermeſſen wollen, ſo müſſen wir ein wenig auf ihre Vorgeſchichte zurückgehen. Da intereſſiert vor allem, meine Herren, ein Brief des Magiſtrats von Berlin aus dem Jahre 1897. In dieſem Briefe nimmt die Tiefbaudeputation des Magiſtrats von Berlin bezug auf die Ablehnung der Durchlegung der Faſanen⸗Straße durch den Tiergarten ſeitens der Tiergartenverwaltung beziehentlich ſeitens des Finanzminiſteriums und ſchlägt dem Magiſtrat von Charlottenburg vor, es mögen die beiden Städte gemeinſchaftlich darauf hinwirken, daß die Joachims⸗ thaler⸗Straße durchgelegt wird von der Stadt Eharlottenburg bis zur Kurfürſten⸗Allee, und von der Stadt Berlin vom Garten⸗Ufer bis zur Kur⸗ fürſten⸗Allee. Der Magiſtrat von Charlottenburg beantwortete dieſes Schreiben, er gebe ſich nicht der Hoffnung hin, daß nach Ablehnung der Durchführung der Faſanen⸗Straße auch noch die Verlängerung der Joachimsthaler Straße geſtattet werden würde, er ſei aber im Prinzip mit dem Vorſchlage der Stadt Berlin unter der Bedingung einverſtanden, daß die Hälfte der Anliegerkoſten der Joachimsthaler Straße von der Hardenberg⸗Straße bis zur Kurfürſten⸗ Allee, da die daran angrenzende Seite des Zoolo⸗ giſchen Gartens zu Berlin gehört, von Berlin getragen würde. Die Anregung, die von der Stadt Berlin ausgegangen iſt, iſt ohne Erfolg geblieben. Inzwiſchen vergrößerte ſich der Verkehr durch den weiteren Ausbau Charlottenburgs und Wilmers⸗ dorfs, und man ſah ſich im Jahre 1899 in Char⸗ lottenburg veranlaßt, in dem Fluchtlinienplane eine Straße auf dem Gelände der Weſteisbahn zwiſchen der Stadtbahn und dem jetzigen Oberverwaltungs⸗ gericht bis zur Kurfürſten⸗Allee feſtzuſetzen. Man ging davon aus, daß dann auch wohl Berlin die Fortſetzung dazu ſchaffen würde. Demnächſt hat man verſucht, mit dem Zoologiſchen Garten eine Ver⸗ einbarung dahin zu treffen, daß der Zoologiſche Garten einen Teil ſeines Geländes abtreten ſollte zur Verbreiterung der geplanten Fortſetzung der Joachimsthaler Straße. Alle dieſe Projekte ſind aber geſcheitert. Im Jahre 1904 wurde nach mehrfachen Verſuchen die Stadtverwaltung von Charlottenburg von dem Finanzminiſter verſtändigt, daß an eine Durch⸗ legung dieſer neuen im Fluchtlinienplane vorgeſehenen Straße bis zur Kurfürſten⸗Allee nicht zu denken ſei,