—— 3383 — werden müſſen. Daß da eine ſo kleine Unterlaſſungs⸗ ſünde, wenn ich es ſo nennen darf, begangen iſt, iſt ſehr zu bedauern; ob die Herren aber gerade deswegen zur Rechenſchaft gezogen werden ſollen, das möchte ich doch verneinen. Nach der Beſichtigung unſerer geſamten Rohr⸗ leitungen ſpricht ſich Herr Oberingenieur Hillger, nachdem er ſeine Erinnerungen gezogen hat, über die geſamten Dispoſitionen, wie folgt, aus: Bei meiner Beſichtigung konnte ich Mängel in der Dispoſition der Rohrleitungen nicht wahrnehmen; es war durch Anbringung ge⸗ eigneter Kompenſationsrohre für die Wärme⸗ dehnung der Leitungen genügend Sorge getragen, ſo daß nach dieſer Richtung hin ein Mangel nicht erhoben werden konnte. Im übrigen iſt bei ſachgemäßer Ausführung der Rohrleitung in der Geſamtdispoſition eine große Sicherheit gegen Betriebsſtörungen vorhanden, wie ſie in einem großen ſtädtiſchen Elektrizitätswerk durchaus am Platze iſt. Daraus, meine Herren, können Sie die Be⸗ ruhigung nehmen, daß in der Tat in unſerem Werke alles in beſter Ordnung ſich befindet und daß die Rohrleitung nunmehr allen Beanſpruchungen ge⸗ wachſen ſein wird. In den Blättern iſt darauf hingewieſen worden, daß wir hier in Charlottenburg ohne genügende Reſerven arbeiten. Meine Herren, wer das ſchreibt, muß wirklich von der Sache unendlich wenig ver⸗ ſtehen, denn wenn bei einem ſolchen Ereignis bereits nach ¾ Stunden der Betrieb wieder aufgenommen werden kann, ſo iſt das ein Beweis, daß für alles reichliche Reſerven vorhanden ſein müſſen. Es iſt ja auch in keiner Beziehung geſpart worden. Sie wiſſen, daß die Anſprüche, die das Elektrizitätswerk an die Geldmittel der Stadt ſtellte, durchaus nicht beſcheiden waren; Sie haben die Forderungen bereitwillig bewilligt, und es iſt alles geſchehen, was überhaupt geſchehen konnte. Wenn wir trotzdem zeitweiſe nicht mit allen Reſerven ar⸗ beiten konnten, ſo iſt das allein darauf zurückzu⸗ führen, daß uns die Lieferanten im Stich gelaſſen haben. Die Lieferanten beanſpruchen Liefer⸗ friſten von einem Jahre für große Maſchinen und liefern unter Umſtänden nach ¼ Jahren. Wir ſind faſt zu jeder Zeit in den letzten Jahren mit Bauten und Neueinrichtungen beſchäftigt geweſen. Durch die Hochkonjunktur der Induſtrie ſind die meiſten Lieferanten mit ihren Lieferungen erheblich in Verzug geraten. Dagegen iſt man machtlos. Trotzdem ſind wir immer auf der Höhe geblieben und haben größere Betriebsſtörungen nicht ge⸗ habt. Nun iſt weiter geſagt worden: ja, wenn wir nur den Gleichſtrom hätten, der Drehſtrom iſt unſer Unglück. Meine Herren, wir haben ſeinerzeit die erſten Autoritäten auf dem Gebiete des Elek⸗ trizitätsweſens zu Rate gezogen; dieſe Herren haben uns das Drehſtromſyſtem anempfohlen, und ich bin der Überzeugung, daß ſie, wenn ſie heute gefragt würden, das gleiche tun würden. Es iſt durchaus für Charlottenburg das Richtige. Das Drehſtromſyſtem arbeitet gerade ſo zuverläſſig und ſicher, wie das Gleichſtromſyſtem. Störungen kommen bei dem einen wie bei dem anderen Syſtem vor. Nun hat man bei uns ein kurzes Gedächtnis in bezug auf andere Städte. Andere Städte haben aber gerade in bezug auf Vorfälle in Charlottenburg ein recht gutes Gedächtnis und tragen ſie uns lange nach. Es wird die Herren erſtaunen — auch mir war es entfallen —, daß in Berlin in dieſem Jahre zwei koloſſale Störungen eingetreten waren. Ich ſage das nicht, um das Berliner Werk herunter⸗ zuſetzen, ſondern nur, um zu zeigen, daß in Gleich⸗ ſtromwerken die Verhältniſſe gerade ſo liegen wie in Drehſtromwerken. Das Wert in der Voltaſtraße hat 5 Tage keinen Strom abgeben können — es war vom 3. bis 7. April dieſes Jahres —, und Stadt⸗ teile, ſo groß wie ganz Charlottenburg, haben keinen Strom bekommen können, erſt am fünften Tage iſt die Stromabgabe wieder aufgenommen worden. Damals iſt auch von den Berliner Elettrizitäts⸗ werken eine Erklärung zu der Sache erfolgt, in der ſich folgender Paſſus befindet: Leider gibt es ſolchen elementaren Ereigniſſen gegenüber keine Vorkehrungen, die den un⸗ gefährdeten Betrieb einer Unterſtation ſichern könnten. Alſo auch hier wird erklärt: elementaren Er⸗ eigniſſen gegenüber iſt man machtlos. Und, meine Herren, ein Elektrizitätswerk be⸗ findet ſich in dieſer Beziehung in einer ganz anderen Lage als irgendein anderes induſtrielles Wert. Wenn Sie es mit unſeren anderen induſtriellen Werken vergleichen, mit den Waſſerwerken, den Gaswerken, ſo wird Ihnen auffallen, daß bei dieſen Werken derartige Störungen nicht ſo leicht vor⸗ kommen. Das iſt ganz natürlich: ſie können auf Vorrat arbeiten. Wenn ein Waſſerwerk ſeine Reſervoirs aufgepumpt hat, kann ſchon Erhebliches paſſieren, ohne daß irgendein Menſch davon etwas erfährt. Ebenſo liegt es mit den Gaswerken: dieſe haben ihre großen Gasbehälter; kommt einmal eine Störung vor, ſo merkt das Publikum ſie gar nicht, das Gaswerk kann von dem Vorrat abgeben. Es iſt ja ein ſcheinbarer Vorzug des Gleichſtrom⸗ ſyſtems, daß es ſich durch Akkumulatoren gleich⸗ falls Vorräte halten kann. Aber, meine Herren, für eine Stadt wie Charlottenburg würde eine ſolche Einrichtung koloſſale Dimenſionen annehmen müſſen, wenn ſie nur für eine halbe Stunde aus⸗ reichen ſollte. Wir haben uns für die Straßen⸗ bahnen eine Reſerve dadurch geſchaffen, daß unſere Betriebsleitung mit den benachbarten Werken ein Abkommen getroffen hat, ſich in ſolchen Fällen gegenſeitig beizuſpringen. Paſſiert alſo etwas, ſo werden unſere Bahnen auf Berlin oder Südweſt umgeſchaltet und umgekehrt. Natürlich vergeht darüber einige Zeit. Die zweite große Betriebsſtörung in Berlin trat ca. 5 Wochen nach jenem Ereignis ein, am 8. Mai. Damals lagen von abends 8 Uhr bis abends 12 Uhr die Leipziger Straße, die große Friedrichſtraße bis zu den Linden, die Linden ſelber, das Opernhaus und das Schauſpielhaus im Dunkeln — — — die „Macht der Finſternis“ iſt im Opernhauſe viel vollkommener als bei uns aufgeführt worden: die Salome⸗Aufführung mußte damals unterbrochen werden, und die Leute mußten mit Hilfe von Streichhölzern den Ausgang ſuchen. Gleichſtromſyſteme haben auch Hamburg und Bremen: in beiden Städten ſind vor Jahr und Tag große Störungen eingetreten; aber von ſolchen Ereigniſſen nehmen die auswärtigen Zeitungen kaum Notiz. Charlottenburg hat nur das große Glück, die Augen der Welt auf ſich zu ziehen, und wenn hier etwas paſſiert, wird es in die Berliner