—— 339, — Frageſteller Stadtv. Lingner: Meine Herren, der größere Teil von Ihnen wird ſich wohl noch er⸗ innern, daß bei der Errichtung des Kaiſer⸗Friedrich⸗ Denkmals auf dem Luiſenplatz dem göttlichen Apollo ein ſehr menſchliches Schickſal zugeſtoßen iſt: beim Aufwinden auf ſein Poſtament hat er ſich ſeiner Feſſeln entledigt und iſt, ſtatt in die Höhe zu ent⸗ weichen, in die Tiefe geſtürzt, hierbei hat er ſich leider das Genick gebrochen. Nun iſt damals nur keine Möglichteit mehr geweſen, den Schaden rechtzeitig, d. h. zur Enthüllung wieder in Ordnung zu bringen; man hat vielmehr vorgezogen, den Kopf wieder auf⸗ zuſetzen und den Apollo einſtweilen proviſoriſch auf das Poſtament zu ſtellen. Es wurde uns damals aber mitgeteilt, daß die neue Figur in kurzer Zeit aufgeſtellt werden ſoll. Das ſind nun 2½ Jahre her, und es iſt bis dato noch nichts geſchehen. Des⸗ wegen richte ich die Anfrage an den Magiſtrat. Vorſteher Roſenberg: Der Magiſtrat iſt bereit, die Anfrage zu beantworten. Stadtbaurat Bredtſchneider: Es iſt allerdings richtig, daß die Apollofigur beim Aufwinden auf ihren Standort beſchädigt worden iſt; aber ſie hat ſich nicht das Genick gebrochen, ſondern der ausge⸗ ſtreckte Arm iſt abgebrochen. Das war kurz vor der Enthüllung. Man hat den Arm mit mächtigen bronzenen Bändern wieder an die Figur befeſtigt, und die Figur aufgeſtellt. Der Erbauer des Denk⸗ mals, Herr Profeſſor Uphues, iſt vom Magiſtrat ver⸗ anlaßt worden, eine neue Figur aufzuſtellen und hat zur Sicherung ſeiner Verpflichtung bei dem Magiſtrat eine Kaution von 10 000 ℳ, hinterlegt. Anfangs ſchien es, als wenn das Zuſammenflicken der Apollofigur von Dauer ſein würde, und Herr Profeſſor Uphues ſcheint ſich eine Zeit lang mit der Idee getragen zu haben, er würde vom Magiſtrat von der Verpflichtung, die Apollofigur zu erneuern, entbunden werden. Seit einem Jahre aber haben ſich dort, wo das Bronzeband in die Nähe des Halſes kommt, Roſtflecke oder vielmehr rote Flecke gezeigt, welche die Figur verunſtalten, und ſeit jener Zeit hat Herr Profeſſor Uphues ſich davon überzeugen müſſen, daß die Figur unmöglich ſo bleiben kann. Er hat in Erfüllung ſeiner Verpflichtungen nunmehr den Marmorblock beſtellt, der, wie er ſchreibt, ſehr umfänglicher Natur iſt und ſein muß, weil ja die ganze Figur mit dem ausgeſtreckten Arm aus einem einzigen Block gehauen werden muß. Der Block iſt, wie Herr Profeſſor Uphues in einem Schreiben vom 28. dieſes Monats mitteilt, in Carrara gebrochen und bereits im Rohen punktiert. Herr Profeſſor Uphues wird zur näheren Beſtätigung ſeiner Mit⸗ teilung eine Photographie von dieſem Block her⸗ ſenden, damit wir uns auch überzeugen können, daß er nunmehr wirklich Ernſt mit der Erneuerung der Figur macht. Er ſchreibt, der Block werde dem⸗ nächſt hier ankommen und von ihm hier weiter be⸗ arbeitet werden; er hofft, im Dezember oder Januar fertig zu werden; er bittet aber, ihn davon zu ent⸗ binden, mitten im Winter die Figur aufzuſtellen; er werde, ſobald das Frühjahr ins Land kommt, ſie auf den Platz bringen und an Stelle der altenFigur auf⸗ ellen. 5 Vorſteher Roſenberg: Wir verlaſſen dieſen Gegenſtand. Punkt §8 der Tagesordnung: Antrag der Stadtv. Dr. Stadthagen und Gen. betr. Heranziehung von Frauen zur ſtädtiſchen Verwaltung. Druckſache 441. Der Antrag lautet: Die Unterzeichneten beantragen, den Ma⸗ giſtrat zu erſuchen, 2 daß er eingehende Erwägungen anſtellen und der Stadtverordnetenverſammlung dar⸗ über berichten möge, ob eine weitergehende Heranziehung von Frauen zur ſtädtiſchen Verwaltung auf den Gebieten der weiblichen Erziehung und der Wohnungsfürſorge mög⸗ lich, zweckmäßig und durchführbar iſt. Antragſteller Stadtv. Dr. Stadthagen: Meine Herren, über die Stärkung, die die Stellung der Frau im öffentlichen Leben in den letzten Jahren er⸗ fahren hat, ſind wir alle orientiert. Wir wiſſen, wie ſprunghaft beinahe die Bedeutung der Frau ge⸗ wachſen iſt, wir ſehen das z. B. aus der Vorlage unter Nr. 10, in welcher der Magiſtrat ja erklärt, heute auf einem weſentlich anderen Standpunkt zu ſtehen als früher, nämlich auf dem, den die Stadt⸗ verordnetenverſammlung ſchon vor drei Jahren eingenommen hat. Damals konnte ſich der Magi⸗ ſtrat noch nicht für dieſen Standpunkt erklären; heute nimmt er denſelben ein. Meine Herren, ſo geht es, möchte ich ſagen, den Frauen überall im öffentlichen Leben, und es iſt Sache der ſtädtiſchen und der ſtaatlichen Gewalten, den richtigen Moment abzu⸗ paſſen, wo es angebracht erſcheint, den Forderungen unſrer weiblichen Genoſſen — im weiteſten Sinne des Wortes — entgegenzukommen. Die Antrag⸗ ſteller haben nun geglaubt, es wäre jetzt wohl an der Zeit, daß der Magiſtrat eingehende Erwägungen anſtellt, inwie weit in unſerer ſtäd ti⸗ ſchen Verwaltungder Frau weitere Mitwirkung eingeräumt werden kann, als es bisher geſchehen iſt. Es iſt von vornherein zuzugeben, daß die Frau im allgemeinen nicht die Schulung in den öffent⸗ lichen Dingen beſitzt, die wir Männer haben. Es iſt aber ebenſo zuzugeben, daß da, wo die Frau Ge⸗ legenheit gehabt hat, ſich auch öffentlich zu betätigen und zu lernen, ſie wenigſtens in vielen Fällen ſich den Aufgaben, die an ſie herantreten, gewachſen ge⸗ zeigt hat. Andererſeits kann man, glaube ich, nicht ver⸗ kennen, daß bezüglich der Frage der weiblichen Erziehung im weiteſten Sinne, bezüglich des Unterrichts auf den Gemeindeſchulen, in den Fort⸗ bildungsſchulen, auf den höheren Schulen für die Mädchen es jedenfalls heutzutage doch eine gewiſſe Anomalie iſt, wenn die Frauen gar nicht oder ſo gut wie gar nicht mitzuwirken haben. Und es iſt wohl zu überlegen, wie man einen Weg finden kann, der unbeſchadet der geſetzlichen Beſtimmungen und un⸗ beſchadet der ſonſtigen Wünſche, die wir für die ord⸗ nungsmäßige ſtädtiſche Verwaltung hegen müſſen, doch den Frauen ein gewiſſes Mitwirkungsrecht einzuräumen ermöglicht. Ich darf nur kurz darauf hinweiſen, daß an einzelnen Stellen auch ſchon Vor⸗ gänge vorhanden ſind. Ich erwähne, daß in Offen⸗ burg z. B. die Frauen im Aufſichtsrat für Mittel⸗ ſchulen ſitzen. Ein weiterer Punkt betrifft die Fürſorge für die Wohnungen. Da geht die Meinung