— 340 ———— vieler Männer dahin, daß oft die Frau mehr als der Mann am Platze iſt, um die Wohnungsinſpektion richtig in die Hand zu nehmen. Die Frau kann beſſer in die Familie eindringen, ſie kann ſich beſſer mit den Hausfrauen verſtändigen, die ja doch ein ganz weſentliches Wort, das weſentlichſte Wort bei der Einrichtung und Benutzung der Wohnung mit⸗ zureden haben. Sie kann auf eine zweckmäßige Reinigung der Wohnung aufmerkſam machen, auf die Lüftung, auf die richtige Behandlung der Woh⸗ nung nach allen Richtungen hin — denn oft liegt es ja gar nicht an dem mangelnden Raum, der die Wohnung ſchlecht macht, ſondern an der Behand⸗ lung, die ſie erfährt. Daß auch da, wo es ſich um ſittlich gefährdete oder gefallene Mädchen handelt, in Mädchenherbergen uſw. die Frau auch mehr am Platze iſt als der Mann, um eventuell eine Aufſicht auszuüben und Beſſerungen herbeizuführen, das dürfte wohl auch zuzugeben ſein. Meine Herren, wir ſtehen ja — ich hoffe es wenigſtens — ziemlich nahe davor, in Charlottenburg ein Wohnungs⸗ amt zu erhalten, und gerade in dieſem Moment, glaube ich, wird es gut ſein, wenn ſich der Magiſtrat eingehend überlegt, inwieweit bei dieſer Gelegen⸗ heit ſich eine Heranziehung der Frauen als Woh⸗ nungspflegerinnen oder in anderer Weiſe ermöglichen läßt. Die Unterzeichneten haben daher den Antrag geſtellt, an den Magiſtrat das Ihnen im Druck vor⸗ liegende Erſuchen zu richten, und ich möchte Ihnen die Annahme dieſes Antrages empfehlen. Bürgermeiſter Matting: Meine Herren, die einleitenden Worte des Herrn Antragſtellers klangen faſt ſo, als ob der Magiſtrat Veranlaſſung habe, ſich hier zu rechtfertigen, daß er der Bedeutung der Frau im öffentlichen Leben ſeinerſeits noch nicht genügend Rechnung getragen habe. Ich möchte meinen, ich kann mit Fug und Recht darauf hin⸗ weiſen, daß der Magiſtrat wiederholt zum Ausd ruck gebracht hat, daß er die Arbeit der Frauen auf den Gebieten, die ihnen zugänglich ſind, vollſtändig und in hohem Maße zu ſchätzen weiß. Ich ſelbſt habe wiederholt ausgeſprochen, daß wir z. B. auf dem Gebiete der Säuglingspflege, der Hauspflege das, was wir geſchaffen haben, gar nicht hätten unter⸗ nehmen können, wenn uns nicht die Mitarbeit hilfs⸗ bereiter Frauen zur Verfügung geſtanden hätte. Auch auf anderen Gebieten trifft das ohne jede Ein⸗ ſchränkung zu. Ich möchte hinweiſen auf die Tätig⸗ keit in den Lungenfürſorgeſtellen, wo die eigentliche Wohnungspflege teilweiſe durch ehrenamtliche, teil⸗ weiſe durch beſoldete weibliche Organe ſtattfindet. Denken Sie ferner an das Jugendheim, denken Sie an die Jugendfürſorge im weiteren Sinne, insbe⸗ ſondere auch beiunſerer Waldſchule, überall begegnen wir der Arbeit der Frauen, allerdings zunächſt in der Vereinstätigkeit und nicht in dispoſitiver Stellung. Aber auch in den ſtädtiſchen Verwaltungszweigen, in denen die Frauen bereits ſeit Jahren tätig ſind, wie in der Waiſenpflege, in der Armenpflege als Waiſenpflegerinnen, als Armenpflegerinnen und auch als beratende Mitglieder der Armendirektion ſind die Frauen von der Verwaltung b9 ge⸗ ſchätzt. Welche weiteren Perſpektiven für eine ausge⸗ dehntere Betätigung der Frauen im öffentlichen Leben ſich eröffnen, das läßt ſich allerdings nicht theoretiſch erörtern, das wird immer von Fall zu Fall geprüft und entſchieden werden müſſen. Es wird nicht angehen, rein theoretiſch diejenigen Pro⸗ bleme aufzuſtellen, bei denen es erwünſcht erſcheint, Frauen zu beſchäftigen, ſondern die Beſchäftigung der Frauen wird herauswachſen müſſen aus den Inter⸗ eſſen der Frauen ſelbſt. Die Frauen ſelbſt haben, wie wir geſehen haben, durchaus die Möglichkeit und die Fähigkeit, diejenigen Intereſſengebiete, die ihnen liegen, ſich zu erobern und eine vollſtändig anerkannte Stellung darin zu erringen. Ein Gebiet hat allerdings der Herr Antrag⸗ ſteller bezeichnet, auf dem von dem ſprunghaften Vorwärtsſchreiten in der Bedeutung und in der Anerkennung der Tätigkeit der Frau wohl füglich nicht wird geredet werden können: das iſt das Er⸗ ziehungsweſen. Wenn Sie daran denken, daß ſchon im Jahre 1811 die Inſtruktion ausdrücklich darauf hinwies, man möge auf die Mitarbeit der Frau nicht verzichten, und wenn in das neue Volks⸗ ſchulgeſetz mit Mühe und auch nur fakultativ die Möglichkeit hineingebracht werden konnte, eine Lehrerin in die Deputation hineinzubringen — jede andere Frau iſt aus dieſem hohen Kreiſe ausge⸗ ſchloſſen —, ſo werden Sie von einem ſprunghaften Vorwärtsſchreiten dieſer Idee hier wohl nicht ſprechen können. (Stadtv. Hirſch: In Preußen!) Dasſelbe wird meiner Anſicht nach auch zu⸗ treffen bei der Wohnungspflege. Wenn wir da auch nicht von vornherein durch behördliche Einſchrän⸗ kungen eingeengt ſind, ſo iſt doch die Arbeit und ihr Erfolg wenigſtens, ſoweit es ſich auf polizeiliche Zu⸗ ſtändigkeiten ſtützt, auch wieder ſo von der behörd⸗ lichen Mitwirkung abhängig, daß ich fürchte, es wird ſich zunächſt keine Möglichkeit zur Betätigung der Frau in dem von dem Herrn Antragſteller bezeich⸗ neten Sinne finden. Ich muß auch ſagen: hier würde ich ſelbſt einen Vorbehalt machen; hier glaube ich,iſt der Antrag und ſind auch die Ausführungen des Herrn Antragſtellers von vornherein zu ſehr theore⸗ tiſch. Ich bin feſt überzeugt, daß ſich bei dem wei⸗ teren Ausbau und der inneren Ausgeſtaltung der Wohnungspflege und ⸗Fürſorge im Laufe der Jahre die Mitarbeit der Frau von ſelbſt einſtellen wird; heute aber ſchon zu ſagen: hier muß die Frau hinein, das halte ich für etwas verfrüht, d. h. die Sache ſchon in den Anfangsſtadien komplizieren und womöglich gefährden. Immerhin glaube ich aber im Namen des Magiſtrats erklären zu können, daß überall da, wo nur die Möglchkeit und Wahrſcheinlichkeit be⸗ ſteht, daß die Frau ſich förderlich betätigen kann, der Magiſtrat ſicherlich gern die Hand dazu bieten wird. Stadtv. Vogel: Meine Herren, wir haben die Anregung des Herrn Kollegen Dr Stadthagen mit Freude begrüßt. Wir haben die Überzeugung, d aß der Frau eine viel größere Tätigkeit auf dem Ge⸗ biete des kommunalen Wirkens zukommt, und zwar nicht bloß eine freiwillige, die viele ÜUbelſtände mit ſich bringt, inſofern, als ſie manchmal verſagt, wo ſie am nötigſten wäre. Im Sommer, in der Reiſezeit iſt man oft in Verlegenheit gekommen, weil die be⸗ treffenden Damen verreiſt waren. Ein Punkt, den der Herr Antragſteller er⸗ wähnte, über den der Herr Bürgermeiſter ſich nur reſerviert äußern zu können glaubte, iſt die Woh⸗ nungspflege oder Wohnungsinſpektion. Ich glaube allerdings auch, daß da die Frauen nicht allein im⸗ ſtande ſein werden, auch wenn von behördlicher Seite keine Emſchrantungen kommen, allen den Anforde⸗ rungen zu genügen, daß da vielmehr techniſch vor⸗