—— 347 ſeit Jahren die Gepflogenheit beſteht, und zwar mit Zuſtimmung und auf Wunſch des Wahlaus⸗ ſchuſſes, daß die Armendirektion Vorſchläge faſt in derſelben Form, wie ſie hier gemacht worden ſind, macht, (ſehr richtig!) ich glaube, vielfach auch ſogar durch Namen⸗ nennung. (Sehr richtig!) Dieſe Vorlagen ſind ja allerdings nicht ge⸗ druckt und daher nicht verbreitet worden, während die gegenwärtige Vorlage infolge ihres ſonſtigen Inhaltes gedruckt worden iſt. Dadurch erſcheint das als etwas Neues, was ſeit langer Zeit gehandhabt worden iſt. Im übrigen, glaube ich, kann in dem, was hier geſchehen iſt, ſelbſt wenn es etwas Neues wäre, wohl keine Verſchleierung oder Verſchiebung der Rechtslage gefunden werden. Im vorliegenden Falle war es eigentlich ſelbſtverſtändlich, daß auf die Damen, die bereits Mitglieder mit beratender Stimme ſind, hingewieſen wurde. Wenn aber der Magiſtrat ſeinen Wunſch in der Form eines natür⸗ lich unverbindlichen Vorſchlages zum Ausdruck bringt, über den die Stadtverordnetenverſammlung ſelbſtverſtändlich hinweggehen kann, wenn er ihr nicht angemeſſen erſcheint, ſo verletzt er meines Erachtens ſeine Zuſtändigteiten nicht. Stadtv. Holz: Meine Herren, die Vorlage entſpricht einem lange gehegten und wiederholt ausgeſprochenen Wunſche der liberalen Fraktion. Aus der Diskuſſion, die wir heute zu Punkt § der Tagesordnung, dem Antrag betr. Heranziehung von Frauen zur ſtädtiſchen Verwaltung, gehört haben, glauben wir die freudige Zuſtimmung auch zu dieſer Vorlage entnehmen zu können. Ich glaube hoffen zu dürfen, daß dieſe Vorlage einſtimmig von der ganzen Verſammlung angenommen werden wird. Die Begründung iſt ja von dem Herrn Berichterſtatter bereits mit zureichenden Mitteln gegeben worden. Ich möchte nur noch darauf hinweiſen, daß die Vorlage ſchon Gegenſtand der Verhandlungen in der Armendirektion geweſen iſt und dort einſtimmig und freudig zur Annahme gelangt iſt, und zwar aus Erwägungen praktiſcher Art, aus Erfahrungstatſachen heraus und aus Er⸗ wägungen juriſtiſcher Natur. Wie Herr Dr Stadthagen mit Recht hervorge⸗ hoben hat, haben die Frauen im allgemeinen, insbeſondere aber die drei hier genannten Frauen, ſich hervorragend um die Armenverwaltung der Stadt Charlottenburg verdient gemacht; ſie ſind gewiß geeignet, weiter in der Armenverwaltung tätig zu ſein. Schon im Jahre 1904, beſonders aber jetzt, gelegentlich der Vorbereitung dieſes Antrags, iſt hervorgehoben worden, wie auch Herr Kollege Hirſch ſchon erwähnt hat, daß rechtlich gar kein Zweifel darüber obwalten kann, daß die Frauen zu vollberechtigten Mitgliedern der Armendirektion oder der Armendeputation ge⸗ wählt werden können, und zwar ſtützt ſich dieſe Annahme auf das Ausführungsgeſetz vom §. März 1871 zum Unterſtützungswohnſitzgeſetz, welches ſich in bewußten Gegenſatz zu unſerer Städteordnung geſtellt hat, die nur von ſtimmfähigen Bürgern handelt. Daher kann es, glaube ich, gar keinem Zweifel unterliegen, daß wir dieſe Vorlage an⸗ nehmen, und zwar mit der Einſchränkung, wie ſie der Magiſtrat gegeben hat, daß in die Armen⸗ direktion drei Frauen gewählt werden können. Sie können nur gewählt werden deshalb, weil eine Verpflichtung der Frauen zur Annahme nicht vorliegt; die Frauen können nicht gezwungen werden wie die Männer nach der Städteordnung. Das iſt wohl die einzige Erwägung geweſen, die den Magiſtrat zu dieſer Einſchränkung beſtimmt hat, und ich halte ſie auch für ganz zutreffend. Im übrigen glaube ich doch dem Herrn Kollegen Stadthagen Recht geben zu müſſen, wenn er be⸗ züglich der nicht ganz korrekten Ausdrucksweiſe in der Nummer 2 des Magiſtratsantrags gemeint hat, daß es bisher wohl noch nicht vorgekommen ſei, daß der Magiſtrat Vorſchläge für die zu wählenden Perſonen gemacht habe. Der Herr Bürgermeiſter hat wohl nur von Perſonen geſprochen, die in die Armenkommifſionen zu wählen ſind. In eine ſtädtiſche Verwaltungsbehörde wie die Armen⸗ deputation können aber Perſonen nur von der Stadtverordnetenverſammlung gewählt werden. Selbſtverſtändlich kann ja indirekt einmal ein Name genannt werden. Ich habe aber Herrn Kollegen Stadthagen nur ſo verſtanden, daß er ſagen wollte: Beſchluß kann nur in der Stadtverordnetenver⸗ ſammlung ſelbſt gefaßt werden, unbeeinflußt von ſeiten des Magiſtrats. Meine Herren, was nun die geſchäftliche Be⸗ handlung der Frage betrifft, ſo möchte ich auch darin dem Herrn Kollegen Dr Stadthagen bei⸗ pflichten. Es kann gar keinem Zweifel unter⸗ liegen, daß wir dieſe drei Damen, die ſich ſo vorzüglich bewährt haben, unter allen Umſtänden wählen werden. Aber nach der Geſchäftsordnung § 30 beſteht nun einmal die Beſtimmung, und in der Praxis iſt immer ſo gehandelt worden, daß bei Wahlen in Deputationen immer erſt der Wahl⸗ ausſchuß Vorſchläge machen muß. Wir werden alſo ordnungsmäßig die Vorlage dem Wahlausſchuß überweiſen und abwarten müſſen, ob der Wahl⸗ ausſchuß uns die drei Frauen wieder vorſchlagen wird, was wohl keinem Zweifel unterliegt. Meine Herren, es wäre vielleicht ganz zweck⸗ mäßig, wenn man bei dieſer Gelegenheit Veran⸗ laſſung nehmen könnte, die alte wiederholt erörterte Frage wegen der größeren Beteiligung der Frauen auf dem Gebiete der direkten Armenpflege aufzu⸗ werfen und hier einer Würdigung zu unterziehen. Sie wiſſen, meine Herren, daß bisher ſich verhält⸗ nismäßig wenig Frauen an der Armenverwaltung beteiligen, namentlich in den Armenkommiſſionen. Das liegt, wie die Erfahrungen bewieſen haben, zum Teil an dem Widerſtande der Armenkom⸗ miſſionsvorſteher und der Armenpfleger ſelbſt, die nicht gern mit Frauen zuſammen arbeiten, und auch wohl daran, daß man den Frauen nicht zumuten kann, gewiſſe Armenpflegſchaften zu übernehmen, z. B. wenn es ſich darum handelt, daß eine Frau bei einem alleinſtehenden Manne eine Pflegſchaft übernehmen ſoll, was doch geradezu unmöglich iſt. Immerhin wäre es ſehr wünſchenswert, wenn dieſe Frage unſere ſtädtiſchen Behörden, beſonders den Magiſtrat ſo ernſtlich wie möglich beſchäftigte, weil ich es in der Tat für ſehr erſprießlich halte, die Armenpflege auf ein noch höheres Niveau zu bringen, was nur dadurch geſchehen kann, daß die Frauen herangezogen werden. Die Frage, ob die Frauen in die Armenkommiſſionen mit Stimmrecht gewählt werden können, wie in die Armendeputation, muß ja verneinend beantwortet werden aus den Er⸗ wägungen heraus, die ich bereits vorgetragen habe.