355 preiſe in der letten Zeit bedeutend in die Höhe gegangen, und es ſteht zu erwarten, daß dieſe Preis⸗ ſteigerung mit Eintritt der kälteren Jahreszeit noch weiter vor ſich gehen wird. Wenn wir die Preis⸗ bewegungen in den letzten 10 Jahren auf dem Markte für Haus⸗ und Küchenfeuerung verfolgen, ſo finden wir, daß gerade der Gaskoks die größte Preisſteigerung erfahren hat. Von dieſer unge⸗ heuren Preisſteigerung werden in erſter Linie doch die wirtſchaftlich Schwachen, die ohnehin unter der anhaltenden Teuerung aller Lebens⸗ mittel und der anderen wirtſchaftlichen Bedürf⸗ niſſe zu leiden haben, am meiſten getroffen. Es iſt auch zumeiſt derjenige Teil unſerer Bevölke⸗ rung, der ſich den Koks in kleineren und kleinſten Quanten ſelbſt von der Gasanſtalt abholt. Die Leute benutzen Koks für die Zubereitung ihrer Mahlzeiten und zugleich auch zur Erwärmung der Küche, die ihnen ja vielfach als Wohnraum dient. Ich kann ja nun den kaufmänniſchen Stand⸗ punkt unſerer Verwaltung verſtehen, möglichſt hohe Überſchüſſe aus unſeren gewerblichen Anlagen zu erzielen. Aber wir haben doch auch beim Gas einen Einheitspreis, und das ließe ſich auch mit unſerem Koks, ſoweit Charlottenburger in Betracht kommen, machen. Die Überſchüſſe aus der Gas⸗ anſtalt, die im letzten Jahre bekanntlich 2 Millionen Mart betragen haben, erlauben uns ſchon dieſen tleinen Luxus, daß wir einen Teil unſeres Koks billiger abgeben als zum Tagespreiſe. Wenn wir die einzelnen jährlichen Überſchüſſe verfolgen, ſo ſehen wir, daß ſie ſtetig gewachſen ſind: ſie be⸗ trugen im Jahre 1901 pro 10 000 chm abge⸗ gebenes Gas nur 146,08 Mart und ſind ſukzeſſive bis zum Jahre 1905 auf 464,0§ Mark pro 10 000 cbm geſtiegen. Das iſt eine Steigerung um über das Dreifache. Meine Herren, es kommt aber auch in Betracht⸗ daß die Selbſtkoſten bedeutend gefallen ſind. Während wir im Jahre 1901 noch an Selbſtkoſten pro 10 000 obm verkauftes Gas 1632,53 ℳ Aus⸗ gaben hatten und die Einnahme aus Gas, Gas⸗ meſſermieten und Vermietungen von Gaskoch⸗ und Heizungsapparaten 1273,06 ℳʒ betrug, alſo noch eine Differenz von 349,47 ℳ vorhanden war, iſt dieſe Differenz im Jahre 1905 bis auf 2,25 ℳ geſunken. Sie ſehen alſo daraus, daß unſere Gas⸗ anſtalt ſehr rentabel arbeitet. Gerade aus dieſem Grunde möchte ich Ihnen empfehlen, unſerer Anfrage den Rücken zu ſtärken, den Magiſtrat zu veranlaſſen, zu erwägen, ob und inwieweit er unſerer Anfrage ſtattgeben und den Kokspreis ermäßigen will. Stadtrat Caſſirer: Meine Herren, die Anfrage der Herren Interpellanten ließe ſich kurz dahin beantworten, daß es den vereinten Bemühungen des Magiſtrats und der Gasdeputation nicht gelungen iſt, Ihnen irgendwelche greifbaren Vor⸗ ſchläge zu machen, wonach die Kokspreiſe für die minderbegüterten Bürgerherabgeſetzt werden tönnen. Der Herr Stadtv. Klick hat den Anſpruch damit begründet, daß die Überſchüſſe im Laufe der Jahre dauernd gewachſen und daß die Selbſt⸗ koſten heruntergegangen ſind. Meine Herren, es iſt richtig, daß wir in den letzten Jahren bei der Gasanſtalt günſtig arbeiten. Es iſt anläßlich der Etatsberatung auch darauf hingewieſen worden, daß wir augenblicklich in einer ſehr günſtigen Epoche inſofern leben, als wir zurzeit mit einer außerordentlich günſtigen Ausnutzung unſerer Werte rechnen können. Wir haben in früheren Jahren, vor etwa 10 Jahren, auf Vorrat gebaut; dieſe Bauten werden jetzt wirtſchaftlich ausgenutzt, die Amortiſation, die Verzinſung der Werke geht von Jahr zu Jahr herunter, und ſo befinden wir uns dauernd in einer aufſteigenden Linie in bezug auf die Erträge. Ich habe aber anläßlich der letzten Etatsberatung bereits darauf hingewieſen, daß wir nun an einem Wendepunkt angelangt ſind, daß wir jetzt ganz bedeutende Neubauten vorzu⸗ nehmen haben. Sie haben ſich im letzten Jahre ja damit beſchäftigt und die Mittel bewilligt für die Erweiterung der Waſſergasanlage, für den neuen Gaſometer und vieles andere. Sie haben zirka 3½ Millionen für Grunderwerb bewilligt. Zum großen Teil ſind das Ausgaben, die zurzeit nicht gewinnbringend arbeiten. Sie werden bei der Aufſtellung des diesjährigen Etats ſchon beob⸗ achten können, daß ein ganz weſentlicher Rück⸗ ſchritt gegen das Vorjahr zu verzeichnen ſein wird. Der Herr Stadtv. Klick meinte, daß dieſe augenblicklich günſtigen ÜUberſchüſſe uns den Luxus geſtatten, die Kokspreiſe herabzuſetzen. Das iſt aber nach Lage der Dinge nicht der Fall. Aber, meine Herren, ſelbſt wenn es möglich wäre, ſo würde doch das nicht erreicht werden, was die Anfrage will. Die Anfrage will, daß den minder⸗ begüterten Bürgern Vorteile zuwachſen. Nun, meine Herren, der Verkauf des Koks findet zur⸗ zeit in verſchiedener Art ſtatt: durch den Groß⸗ verkauf, durch den Verkauf in größeren Mengen nach freier Vereinbarung und durch den Tages⸗ verkauf. Auf den Großverkauf werden wir nicht verzichten können, zurzeit wenigſtens noch nicht. Sie wiſſen, daß die Gasproduktion während des ganzen Jahres fortdauert, daß wir auch in der Zeit, wo kein oder nur ein geringer Konſum für Koks vorhanden iſt, ſehr große Mengen Koks pro⸗ duzieren. Gerade in Eharlottenburg iſt ein außer⸗ ordentliches günſtiges Verhältnis im Gaskonſum, in Charlottenburg werden auf den Kopf der Be⸗ völkerung etwa 170 chm Gas gebraucht gegenüber einem Verbrauch in anderen Städten, wie z. B. in München, von 100 chm. Das hängt mit der Ver⸗ wendung von Gas zu Kochzwecken zuſammen. Die Urſache davon iſt, daß wir einen außerordent⸗ lich großen Tageskonſum an Gas haben, und dieſer Tageskonſum iſt auch in den Sommermonaten vorhanden. Dieſer Tageskonſum bewirkt nun, daß wir auch in den Sommermonaten große Mengen Kols produzieren, und dieſe großen Mengen müſſen untergebracht werden. Sie können nicht gelagert werden, deshalb nicht, weil wir nicht ge⸗ nügende Lagerplätze haben; aber auch wenn das der Fall wäre, ſo wäre es nicht möglich, ſolche großen Mengen Koks lagern zu laſſen, weil das unwirtſchaftlich, unrationell wäre; der Koks würde durch Lagerung erheblich leiden. Alſo auf den Groß⸗ verkauf können wir unmöglich verzichten. Was den Tagesverkauf betrifft, ſo würde durch eine Herabſetzung des Tagespreiſes dem Wunſche der Interpellanten nicht entſprochen werden. Wir müſſen in bezug auf den Tagespreis mit unſeren Nachbargemeinden Fühlung haben, mit ihnen Hand in Hand gehen. Die Erfahrung lehrt, daß in demſelben Augenblick, wo wir z. B. mit Berlin nicht denſelben Preis halten, ſondern teurer als