—— 372 — Schreiben wird ausgelegt und gelangt bei Punkt 11 der Tagesordnung mit zur Erledigung. Ausgelegt werden ferner 10 Einladungskarten zu der am 5. d. M. ſtattfindenden Eröffnungsfeier der internationalen Automobilausſtellung ſowie 10 Dauerkarten für dieſe Ausſtellung. Ich bitte die Herren Kollegen, die davon Gebrauch machen wollen, die Karten hier zu entnehmen. Meine Herren, als ich vor 3 Wochen hier dem Bedauern Ausdruck verlieh, daß Herr Stadtrat Jebens ſein Mandat niedergelegt habe, ahnte keiner in dieſem Saale, daß er zur ſelben Stunde bereits nicht mehr unter den Lebenden weilte. (Die Verſammlung erhebt ſich.) Die Nachricht hat Sie alle jedenfalls ſo tief erſchüttert wie auch mich. Herr Stadtrat Jebens war ein hervorragender Mann im Staatsdienſt und in unſerer Gemeinde; er war ebenſo ausgezeichnet durch ſein Wiſſen wie durch eine ſeltene Beſcheiden⸗ heit. Herrn Stadtrat Jebens hier einen Nachruf zu halten, erübrigt ſich. Er hat ſich in die Geſchichte unſerer Stadt mit ehernen Lettern eingetragen. Ich glaube, ein jeder von uns wird ein unauslöſch⸗ liches Andenken an ihn in ſeiner Bruſt bewahren. Sie haben ſich zu Ehren des Dahingeſchiedenen ſchon von ihren Plätzen erhoben; ich konſtatiere das. Der Witwe habe ich namens der Stadtverordneten⸗ verſammlung ein Beileidſchreiben geſandt. Wir kommen nunmehr zur Tagesordnung. Punkt 1: Einführung des nengewählten Stadtrats Seydel. Der Herr Oberbürgermeiſter hat das Wort. Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Mein lieber Herr Stadtrat Seydel! Sie treten heute ne u in das Amt ein, in welches Sie einzuführen mir am heutigen Tage obliegt; aber Sie kommen nicht zu uns als ein neuer Mann, als ein Fremder. Bevor Sie nach unſerer Nachbarſtadt Rixdorf als Stadtrat gingen, wo Sie Gelegenheit gehabt haben, Ihren praktiſchen Blick auf dem kommunalen Gebiete zu vertiefen und zu erweitern, haben Sie länger als drei Jahre in unſerer ſtädtiſchen Verwaltung in Charlottenburg als Magiſtratsaſſeſſor gearbeitet und haben ſich während dieſer Zeit durch ihre Arbeit und durch die Art ihres Weſens das große Vertrauen nicht nur des Magiſtrats, ſondern auch derjenigen Stadtverordneten erworben, mit denen Sie wäh⸗ rend dieſer Zeit in Berührung gekommen ſind und mit denen Sie haben zuſammen arbeiten können. Der Erfolg dieſes Vertrauens iſt Ihre Wahl zum Rate der Stadt Charlottenburg. Ich hege, weil ich Sie kenne, die freudige Zuverſicht, daß Sie dieſes Vertrauen im vollen Maße rechtfertigen werden, und ich wünſche Ihnen perſönlich, daß Sie ſich in Ihrem neuen Amte wohl und glücklich fühlen mögen. Indem ich namens der ſtädtiſchen Verwaltung, insbeſondere namens des Magiſtrats der leb⸗ haften Freude über die voll⸗ zogene Wahl Ausdruck verleihe, begrüße ich Sie herzlichſt als Mitglied unſeres Magiſtrats und heiße Sie aufrichtig in unſerer Mitte willkommen. Unter Hinweis auf den von Ihnen geleiſteten Staatsdienereid verpflichte ich Sie hiermit durch Handſchlag auf Ihr Amt. (Der Handſchlag erfolgt.) Vorſteher⸗Stellv. Kaufmann: Sehr ge⸗ ehrter Herr Stadtrat! Es gereicht mir zur be⸗ ſonderen Freude, Sie namens der Stadtverordneten⸗ Verſammlung zu begrüßen. Sie kehren zu uns nach einem Zwiſchenraum von 11 Monaten zurück, an eine Stelle, wo Ihnen die Arbeit ſchon bekannt iſt. Die Arbeit, die Sie vorfinden werden, iſt allerdings nun viel größer geworden; es ſind noch größere Auf⸗ gaben an die Stadtgemeinde herangetreten, und durch teilweiſe Behinderung mehrerer Herren aus dem Magiſtrat wird ihre Arbeitskraft noch mehr in Anſpruch genommen werden als bisher. Ich freue mich, daß Sie wieder hierher zu uns zurückgekehrt ſind, und ich möchte mich des franzöſiſchen Sprich⸗ worts bedienen: „Parce qu'on revient toujours à ses premiers amours“. Indem ich in dieſem Bilde bleibe, hoffe ich, daß Sie der alten Liebe Treue bewahren, daß Sie ſich aufs neue mit wahrem Eifer in den Dienſt unſerer Stadt ſtellen werden, und daß Ihre Tätigkeit Ihnen zur Be⸗ friedigung, der Stadtgemeinde zum Segen ge⸗ reichen möge. In dieſem Sinne heiße ich Sie herz⸗ lich willkommen. Stadtrat Seydel: Hochverehrter Herr Ober⸗ bürgermeiſter! Selten wohl erfüllt das Schickſal einem Sterblichen ſo ſchnell einen Wunſch, wie es mir den Wunſch erfüllt hat, in dieſe Stadt zurück⸗ zukehren, — in die Stadt, in der ich die Zeit meiner Lehrjahre verbracht habe, in die Stadt, die mich damals in die endloſe Reihe ihrer Bewunderer zwang. Dem Magiſtrat, in den ich heute einzu⸗ treten die Ehre habe, danke ich es, wenn jene Lehr⸗ zeit von Erfolg gekrönt war. Ganz beſonders aber danke ich es Ihnen, hochverehrter Herr Oberbürger⸗ meiſter, der Sie ſich mit gütiger Nachſicht damals des Unerfahrenen annahmen, der Sie mir Ihr förderndes Intereſſe die Jahre hindurch bewahrten, indem Sie allmählich auch ſchwerere und dadurch dankbarere Aufgaben auf meine Schultern legten, die Kräfte nutzend und fördernd zugleich. Ich wüßte keinen Ort, der geeigneter wäre als dieſer hier, um Ihnen von ganzem Herzen zu danken für die ſorgende Mühe, mit der Sie ſich meiner Aus⸗ bildung angenommen und durch die Sie es mir ermöglicht haben, den Weg zu gehen, der mich heute hierher zurückgeführt hat. Danken muß ich Ihnen endlich für die gütigen Worte, mit denen Sie meine Einführung begleitet haben und die mir zu Herzen gegangen ſind. Ihnen und dem geſamten Magiſtrat verſpreche ich, daß ich, ebenſo wie einſt ein lerneifriger Lehrling, auch in Zukunft ein ge⸗ treuer Geſelle ſein will, in guter Kollegialität mit⸗ folgend dem Geiſte, der hier hereſcht, dem Geiſte der Ordnung und des Kulturfortſchritts. Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorſteher! Meine ſehr geehrten Herren! Ihnen gegenüber liegt es mir zunächſt ob, eine freundliche Pflicht zu erfüllen, die Pflicht des Dankes: Ich danke Ihnen dafür, daß Sie mich für würdig befunden haben, an der Verwaltung dieſer bedeutenden Stadt teilzunehmen. Ihnen, Herr Stadtverordnetenvor⸗ ſteher, gebührt dazu mein beſonderer Dank für die freundlichen Worte der Begrüßung. Wie der Herr Oberbürgermeiſter ſchon bemerkt hat, bin ich ja den meiſten von Ihnen kein Fremdling, — und ich darf wohl in Parentheſe bemerken, daß gerade deshalb meine Wahl mich mit beſonders ſtolzer Freude er⸗ füllt hat. Ich bin Ihnen kein Fremder, ſagte ich; liegt doch kaum ein Jahr zwiſchen meinem Ausgang