—— 382 — ſchule geben, ſtatt auf die Vorſchule, werden wenn ſie auch Kinder auf höheren Lehranſtalten haben — in die Lage kommen, zu erfahren, daß ihre Kinder ungleich lange Ferien haben. Und dann leiden die Kinder, die Geſchwiſter auf den Gemeindeſchulen haben, unter der Verkürzung der Ferien mit. Einer Stadt wie Charlottenburg, die nach ſo vielen Richtungen hin ſchätzenswerte und wertvolle Verſuche macht, kann nichts unangenehmer ſein, als wenn Fragen entweder der Erziehung oder der Geſundheit für alle Gemeinweſen im Lande über einen Kamm geſchoren werden, und ich kann nur wünſchen, daß wir uns ſo frei wie möglich nach dieſer Richtung hin halten. Ich kann deshalb nur bitten, daß Sie ſich aus hygieniſchen, vädagogiſchen und finanziellen Gründen den Ausführungen des Herrn Kollegen Dr Röthig anſchließen. Stadtv. Otto: Meine Herren, an die Stadt⸗ verordnetenverſammlung Charlottenburgs iſt in dieſer Angelegenheit eine Petition des Lehrer⸗ vereins ergangen, und eine Petition des Lehre⸗ rinnenvereins iſt an die Schuldeputation gerichtet. In dieſer Petition der Lehrerinnen wird der Wunſch ausgeſprochen, daß der Magiſtrat bezw. die Schul⸗ deputation bei der Regierung in Potsdam dahin vorſtellig werden möchte, die Stadt Charlottenburg von dem Geltungsbereiche der neuen Miniſterial⸗ verfügung auszuſchließen. Es liegt wohl ziemlich ſicher auf der Hand, daß ein derartiges Vorgehen nicht den geringſten Erfolg haben würde; denn es wäre unmöglich, die Stadt Charlottenburg allein von dem Geltungsbereich einer ſolchen Verfügung auszuſchließen. Der Wunſch der Lehrerinnen wird ſich alſo nicht gut erfüllen laſſen. Der Lehrerverein drückt ſich in ſeiner Petition allgemeiner aus: er bittet nur, ihn in dem Beſtreben, die den Gemeinde⸗ ſchulen drohende Ferienverkürzung verhindern zu wollen, mit allen tunlichen Mitteln nachdrücklich zu unterſtützen. Ich habe aus dem bisherigen Ver⸗ lauf der Beſprechung der ganzen Angelegenheit den Eindruck gewonnen, daß die Stadtverordneten⸗ verſammlung von Charlottenburg bereit iſt, dieſe Unterſtützung der Volksſchule und der Volksſchul⸗ lehrerſchaft zuteil werden zu laſſen. Der Herr Stadtſchulrat hat bereits darauf hin⸗ gewieſen, daß in einigen Vororten Berlins die Frage ebenfalls erörtert worden iſt. Das iſt geſchehen in Schöneberg, es iſt geſchehen in Wilmersdorf. Mir erſcheint deshalb der von dem Herrn Stadtſchulrat vorgeſchlagene Weg, uns mit unſeren Nachbar⸗ gemeinden und vor allem auch mit der Stadt Berlin, die ebenfalls von dieſer Verfügung betroffen wird, in Verbindung zu ſetzen, geeignet zu ſein. Wir dürfen hoffen, daß dieſer vereinte Widerſpruch vielleicht einigen Erfolg hat. Die Stadt Königsberg in Preußen hat bereits durch ihre Stadtverordneten⸗ verſammlung eine Reſolution beſchloſſen des In⸗ halts, daß ſie aus pädagogiſchen, hygieniſchen und ſozialen Gründen gegen die Verkürzung der Volks⸗ ſchulferien Einſpruch erhebt. Ich bin überzeugt, wenn es geſchäftsordnungsmäßig zuläſſig wäre, an eine Anfrage einen Antrag zu knüpfen, daß auch dieſe Verſammlung womöglich einſtimmig einem derartigen Beſchluſſe zuſtimmen würde. Da es geſchäftsordnungsmäßig nicht angängig iſt, ſo hoffe ich, Ihr ſtillſchweigendes Einverſtändnis an⸗ nehmen zu dürfen, wenn ich an den Magiſtrat die Bitte richte, das, was er tun will, möglichſt bald zu tun, damit die drohende Ferienverkürzung ſchon für das im Frühjahr beginnende Schuljahr ab⸗ gewendet werden kann. Stadtv. Dr. Frentzel: Meine Herren, geſtatten Sie mir, den bisher vorgebrachten Gründen, welche alle darauf abzielen, der drohenden Ferienver⸗ kürzung entgegenzutreten — eine Tendenz, welcher ich mich vollſtändig anſchließe —, noch einige Worte vom Standpunkt des Arztes und vor allem vom Standpunkt des Vaters anzufügen. Eine Verkürzung gerade der kleineren Ferien erſcheint mir bedenklich, und zwar aus folgenden Gründen. Was von den Schülern der höheren Schulen — die augenblicklich ja nicht in Frage ſtehen —, aber auch von den Gemeindeſchulen geleiſtet werden muß, das iſt nach meiner Erfahrung immerhin ſo viel, daß es von den mittelbegabten Schülern und Schülerinnen nur dann geleiſtet werden kann, wenn der geſamte Apparat des Hirns und der Nerventätigkeit während der ganzen Dauer der Schule in Anſpruch genommen wird. Meine Herren, ein ſo kleines Hirn, ſo eine Schülerſeele gerät dadurch in den Zuſtand einer vibrierenden Maſchine, und wenn man auch den Gang etwa abſtellt, ſo dauert es doch immer eine gewiſſe Zeit, ehe ein Ruheſtadium eintritt, das dann für Körper, Geiſt und Seele wirklich erholungs⸗ bringend iſt. Wird dieſes Ruheſtadium zu kurz bemeſſen, ſo genügen ſchon wenige Tage, um für ſehr viele, namentlich für nervös beanlagte Kinder den Nutzen der Ferien überhaupt illuſoriſch zu machen. Deshalb halte ich es für ſehr falſch, wenn man die kürzeren Ferien, die neben der großen Pauſe ſehr zweckmäßig in das gleichmäßige Leben 10in Schule eingeſchaltet werden, noch beſchneiden will. Und zweitens vom Standpunkt der Eltern, vom Standpunkt des Vaters aus, der hier bisher noch nicht in Rückſicht gezogen iſt, möchte ich doch bemerken, daß auch die Eltern eine gewiſſe Be⸗ rechtigung haben, öfters in dem Jahre mit ihren Kindern mehr zuſammen zu ſein, als die Schule und der regelmäßige Gang des Unterrichts ihnen ermöglichen. Meine Herren, darüber iſt ja wohl nicht zu ſtreiten, und auch die anweſenden Vertreter des Lehrerſtandes werden es mir nicht übelnehmen, wenn ich ſage: uns Eltern raubt die Schule die Kinder bis zu einem gewiſſen Grade. Das iſt ja auch abſolut nicht anders möglich. Aber da iſt es doch ſehr ſchön, und es iſt auch für die Geſamterziehung der Kinder genau ebenſo notwendig wie die Schul⸗ erziehung, wenn auch die häusliche Erziehung, das heißt das gegenſeitige Kennenlernen zwiſchen Eltern und Kindern, das gegenſeitige Beeinfluſſen in ihr Recht tritt. Das iſt ein Wunſch und ein Ver⸗ langen, das Eltern haben müſſen und mit vollem Rechte ſtellen können. Zunächſt wünſchen wir, ſolange die Kinder klein ſind, ſie kennen zu lernen, und ſpäter, wenn ſie größer und verſtändiger ſind, wünſchen wir, daß auch ſie ihre Eltern in ihrer Eigenart kennen und würdigen lernen, um alles das zu verſtehen, was im Hauſe um ſie herum vorgeht. Und endlich, meine Herren, auch vom Stand⸗ punkt der Lehrer, der Lehrerſchaft aus halte ich eine Verkürzung gerade der ſchon kurz bemeſſenen kleinen Ferien für ſehr falſch. Wir verlangen — und wir haben die feſte Zuverſicht, daß es ge⸗ ſchieht —, daß unſere Lehrer ſich ſtets wiſſenſchaftlich