ſo weiß ich doch, daß gerade aus Gerichtserkennt⸗ niſſen von einigen Juriſten das Gegenteil deſſen oft herausgeleſen wird, was von anderen Juriſten herausgeleſen wird. So lange ich alſo nicht ſelbſt in der Lage bin, ein ſolches Erkenntnis wenigſtens in den entſcheidenden Sätzen zu hören, ſo lange ſcheint mir hier eine ſolche Ungeſetzlichkeit vorzu⸗ liegen, daß die Frage, welchen Einfluß ſie auf den Erfolg der Wahl gehabt hat, gar nicht zu prüfen iſt, und ſo lange müßte ich gegen die Gültigkeit der Wahl ſtimmen. Stadtv. Dr. Penzig: Meine Herren, in den Streit der Juriſten mich zu miſchen, habe ich weder Beruf noch Neigung. Ich möchte ſogar den un⸗ juriſtiſchen einfachen geſunden Menſchenverſtand, der ja leider oft zitiert wird, hier herbeirufen. Es tut mir ſehr leid, daß ich mir dabei ins eigene Fleiſch ſchneiden muß, weil ich einer der Wahlvor⸗ ſteher im 7. Bezirt geweſen bin. Ich will gleich hinzuſetzen, und zwar nicht in meinem Intereſſe, ſondern im Intereſſe der Beiſitzer, die ich in meiner Abteilung 7 A gehabt hatte, daß dort von den mit Recht gerügten Ehrenpflichtverletzungen gar keine Rede geweſen iſt, ſondern daß im Bezirk 7 A nicht nur die Wahl vollſtändig korrekt vorgegangen iſt, ſondern ich immer auch einen Überfluß an Beiſitzern gehabt habe. Dort haben ſich die Herren alſo keineswegs ihrer Ehrenpflicht entzogen. Nachdem ich dieſer Gerechtigkeitspflicht ent⸗ ſprochen habe, möchte ich aber doch meine Anſicht dahin ausſprechen, daß wir hier unmöglich mit den Herren Juriſten auf die Brücke einer ſolchen kniff⸗ lichen Geſetzesauslegung treten können. Wir können ſagen, es ſind erhebliche Verſtöße oder un⸗ erhebliche Verſtöße. Der geſunde Menſchen⸗ verſtand würde ja dazwiſchen auch unterſcheiden können. Die Herren Juriſten würden natürlich ſagen: erheblich und unerheblich ſei keine ſcharfe Grenzbeſtimmung. Immerhin, wenn wir dieſe beiden Fälle, die uns heute beſchäftigen, neben⸗ einander halten und ſehen, daß in dem vorhin be⸗ handelten Falle zwei Leute von, ſagen wir, 1000 ihre Stimme nicht haben abgeben können und daß hier während mehrerer Stunden ausge⸗ ſprochenermaßen ein ungeſetzlich zuſammengeſetzter Wahlvorſtand ſeines Amtes gewaltet hat, dann iſt, glaube ich, gar kein Zweifel, daß der letzte Fall ſehr erheblich iſt, wenn man den anderen unerheb⸗ lich nennt. Ich würde auch in einem ſolchen Falle, wo ein Wahlvorſtand von 9 Uhr bis abends § Uhr vollſtändig falſch zuſammengeſetzt wäre, auch wenn keine Gegenkandidaten aufgeſtellt worden wären, wenn alſo meinetwegen vor einem ungeſetzlich zuſammengeſetzten Wahlvorſtande 1000 Stimmen für einen Kandidaten abgegeben worden wären und 0 für einen anderen, das Reſultat ſelbſtverſtändlich beanſtanden müſſen. Ich glaube alſo, meine Herren, es bleibt uns gar nichts anderes übrig, nachdem ohne Wider⸗ ſpruch nachgewieſen worden iſt, daß in dem einen Teile des Bezirks während mehrerer Stunden der Wahlvorſtand nicht richtig beſetzt geweſen iſt, als dieſe Wahl einfach zu annullieren. (Sehr richtig!) Stadtv. Hirſch: Meine Herren, ich muß jetzt als Diskuſſionsredner das Wort ergreifen, da ich als Referent nur die Anſchauungen des Ausſchuſſes wiedergeben konnte. Perſönlich ſtehe ich auf dem 21 — Standpunkt, daß dieſe Wahl ganz zweifellos un⸗ gültig iſt. Ich habe dieſem Standpunkte auch im Ausſchuſſe Ausdruck gegeben. Ich ſchließe mich da im weſentlichen dem an, was Herr Kollege Dr Penzig eben ausgeführt hat. Es handelt ſich um eine Un⸗ regelmäßigkeit, die ſo groß iſt, daß ſie, gleichviel ob die Majorität der Stimmen 1000 betragen hat oder ob es ſich um eine Stimme handelt, die Un⸗ gültigkeit der Wahl zur Folge haben muß. Meine Herren, der Ausſchuß hat Erhebungen beſchloſſen, und der Magiſtrat hat dieſe Erhebungen angeſtellt. Dieſe Erhebungen ſind natürlich für den, der auf meinem Standpunkt ſteht, vollkommen unweſent⸗ lich. Aber wenn man einmal Erhebungen anſtellen will, warum gehen Sie dann nicht ſo weit, feſtzu⸗ ſtellen — ich habe ſchon darauf im Ausſchuß hin⸗ gewieſen —, ob nicht Hunderte von Wählern in⸗ folge der falſchen Zuſammenſetzung des Wahlvor⸗ ſtandes überhaupt nicht ihre Stimme abgegeben haben! (Lachen.) ob die ſich nicht geſagt haben: vor einem ſolchen Wahlvorſtande gebe ich meine Stimme nicht ab! (Wiederholtes Lachen.) — Ja, meine Herren, ich hätte das ganz ſicher getan. (Große Heiterkeit.) Ich bin eben ein Mann der Geſetzmäßigkeit. (Zurufe und erneute Heiterkeit.) Herr Kollege Dzialoszynski hat mir nun den ſchweren Vorwurf gemacht, daß ich nicht vollſtändig zitiert habe. Man könnte, wenn man ſeine Worte hört, das ſo auffaſſen, als ob ich ein Zitat hier wieder⸗ gegeben und dabei den entſcheidenden Satz fortge⸗ laſſen habe. So iſt es natürlich nicht, das werden Sie mir nicht zutrauen. Ich habe nämlich eine ganz andere Stelle zitiert, als Herr Dzialoszynski er⸗ wähnt hat. Ich habe — ich brauche ja doch nicht den ganzen Jebens vorzuleſen — eine Stelle zitiert, die ſich auf § 24 Anmerkung 1 bezieht, während Herr Kollege Dzialoszynski ein auf § 24 Abſatz 4 bezüg⸗ liches Zitat wiedergegeben hat. Und gerade das Zitat, das Herr Kollege Dzialoszynski wieder⸗ gegeben hat, unterſtützt noch meine Ausführungen; denn daraus geht hervor, daß Jebens in erſter Linie den Satz an die Spitze ſtellt: „Eine nicht während der ganzen Dauer der Wahlhandlung fort⸗ geſetzte legale Zuſammenſetzung des Wahlvorſtandes ſtellt die Gültigkeit der geſamten Wahlhandlung in Frage; „es müßte denn, fährt er fort, „nach Lage des Falles damit gerechnet werden dürfen“ — und nun kommt die Möglichkeit, bei der doch die Wahl gültig iſt. Ebenſowenig glücklich hat Herr Kollege Dzialos⸗ zynski und auch ſein Spezialkollege, Herr Holz, mit der Anführung der Entſcheidung aus dem 17. Bande abgeſchnitten. Das iſt ja die Entſcheidung, auf die ich im Ausſchuſſe zur Bekräftigung meiner Anſchauung hingewieſen habe. Nun iſt es nichts Seltenes, daß man Entſcheidungen des Oberverwaltungsgerichts ſowohl für die Richtigkeit einer Anſchauung wie für die Richtigkeit einer entgegengeſetzten Anſchau⸗ ung anführen kann. In dieſem Falle handelt es ſich darum, daß bei einer Wahl in Berlin eine Stunde lang der Wahlvorſtand nur aus zwei Perſonen beſtanden haben ſoll. Die Berliner Stadtverord⸗ netenverſammlung hat infolgedeſſen die Wahl für ungültig erklärt. Hiergegen hat ein Bürger Proteſt eingelegt, und es hat ſowohl der Bezirksausſchuß wie das Oberverwaltungsgericht ſich für die Ungültigkeit der Wahl ausgeſprochen. In der Entſcheidung wird