—— 123 — — lieſt. Ich will Sie aber nicht ermüden und jetzt noch um 10 Uhr dieſes ganze Urteil des Oberver⸗ waltungsgerichtes verleſen; aber ich möchte doch qus dem Tenor desſelben folgenden Satz vorleſen: Bei der Beurteilung ſolcher Mängel muß vielmehr von dem Geſichtspunkte ausgegangen werden, daß ſie das Ergebnis des Wahl⸗ geſchäftes nur dann nicht berühren können, wenn nach verſtändigem Ermeſſen die An⸗ nahme ausgeſchloſſen erſcheint, daß durch die Zahl der Stimmen, welche während der Dauer des geſetzwidrigen Verfahrens allenfalls hätten abgegeben weredn können, eine Anderung des Wahlergebniſſes möglich geworden ſei. (Hört!) Meine Herren, wir haben durch die Tatſachen be⸗ wieſen, ob meine Auffaſſung richtig iſt oder nicht, und, um ganz korrekt zu ſein, möchte ich an der Hand eines der beſten Kommentare, von Oertel, einen Extrakt der ganzen Entſcheidung Band 17 Seite 117 vorleſen. Es ſind nur zwei Sätze. Es heißt: Eine unvollſtändige Beſetzung des Wahlvor⸗ ſtandes muß an ſich als ein weſentlicher Mangel des Wahlverfahrens erachtet werden. Die Ungültigkeit des geſamten Wahlgeſchäftes läßt ſich indeſſen nur dan annehmen, wenn die unvollſtändige Beſetzung des Wahlvor⸗ ſtandes ſo lange gewährt, daß davon das Ergebnis der Wahl ſelbſt beeinflußt wird, wenn namentlich während dieſer Zeit eine derart zahlreiche Stimmenabgabe ſtattge⸗ funden hat, daß die Anzahl dieſer Stimmen ausgereicht haben würde, ein anderes Wahl⸗ ergebnis herbeizuführen. Meine Herren, ich habe hier dasjenige vor⸗ getragen, was überhaupt in der Entſcheidung an Rechtsfragen enthalten iſt. An der Hand dieſer Geſetzesauslegung wird daher jeder Juriſt oder Laie, wenn er nur ſein verſtändiges Ermeſſen walten läßt, zu einer Gültigkeit der vorliegenden Wahl kommen müſſen. Ich bin erſtaunt, daß ein ſo kluger Mann wie mein Freund Dr Penzig nicht aus juriſtiſchen, ſondern aus allgemein menſchlichen Er⸗ wägungen zu einem genau entgegengeſetzten Re⸗ ſultat kommt. Sie ſehen, Juriſten ſind nicht ſo ſtreng wie Laien; ein Laie urteilt, ſowie er ſieht, daß eine formale Verletzung des Geſetzes vorliegt, daß das Geſetz nicht ganz genau befolgt iſt, genau nach dem Buchſtaben und kann ſich aus Angſt nicht von ihm freimachen. Damit wird oft aus dem höchſten Recht das höchſte Unrecht. Der Juriſt kann aber durch Analogien und die Kunſt der Aus⸗ legung des Geſetzes dieſem erſt zu ſeinem Sieg verhelfen. Und ſo können wir froh ſein, daß uns das Oberverwaltungsgericht den richtigen Weg gezeigt hat. Folgen wir ihm alſo getroſt und treffen wir eine Entſcheidung, die ſich jedenfalls mit dem Geiſt der Städteordnung in vollſtem Einklang befindet. Ich bitte wiederholt um Gültig⸗ keitserklärung der Wahl. (Die Beratung wird geſchloſſen. Der Bericht⸗ erſtatter verzichtet. Die Verſammlung weiſt, ent⸗ gegen dem Antrage des Ausſchuſſes, gemäß dem Antrage des Stadtv. Holz den Einſpruch des Max Prill zurück und erklärt die Wahl des Kaufmanns Haack im 7. Bezirk der III. Wählerabteilung für gültig) Vorſteher Kaufmann: Wir kommen nunmehr zu den Wahlen der II. Abteilung. Berichterſtatter Stadtv. Dr. Frentzel: Meine Herren, gegen die Wahlen der II1. Abteilung ſind Einſprüche nicht ergangen in den Bezirken 1, 2 und 3. Auch der Ausſchuß hat keinerlei Gründe gefunden, dieſe Wahlen irgendwie zu beanſtanden, und ich möchte Sie bitten, nach dem Vorgange, den wir in der III. Abteilung befolgt haben, die Gültig⸗ keit der Wahlen im 1., 2. und 3. Bezirk der II. Ab⸗ teilung auszuſprechen. (Die Verſammlung erklärt die Wahlen im 1., 2. und 3. Bezirk der II. Abteilung für gültig.) Meine Herren, wir haben uns nun weiter mit dem einzigen Bezirk zu beſchäftigen, in welchem Einſpruch ergangen iſt — das iſt der vierte Be⸗ zirk —, und zwar iſt der Einſpruch ergangen von unſerem Kollegen Herrn Stadtv. Stein, und bezieht ſich auf drei Punkte. Der Ausſchuß iſt nicht, und zwar übereinſtimmend nicht der Anſicht geweſen, daß dieſe Einſprüche von ſolcher Bedeutung ſind, daß ihnen in irgend einer Weiſe nachgegeben werden müßte; er hat ſich auf den Standpunkt ge⸗ ſtellt, daß die beiden Wahlen trotz der Einſprüche für gültig zu erachten ſind. Ich darf im einzelnen ganz kurz auf dieſe Einſprüche ſelbſt eingehen. Der erſte Einſpruch beſchäftigt ſich damit, daß der Wahlvorſteher in unzuläſſiger Weiſe die Wahlzeit verkürzt hat. Der Ausſchuß war der Anſicht, daß der Wahlvorſteher durchaus mit der nötigen Sorgfalt vorgegangen iſt, daß er nach Abſtimmung ſeiner Uhr mit denen der übrigen im Vorſitze amtierenden Mitglieder den Schluß der Wahl feſtgeſtellt hat, und daß er vollkommen zu Recht die Wahl zu demjenigen Zeitpunkt geſchloſſen hat, zu welchem er es getan hat. Zu zweit iſt ein Einſpruch dahin ergangen, daß durch ein unzuläſſiges Einwirken des Vorſtehers es dahin gekommen wäre, daß für einen Wähler eine andere Stimmabgabe verzeichnet worden wäre, als in der Intention des betreffenden Herrn gelegen hätte, eine ſolche kund zu tun. Der Aus⸗ ſchuß iſt auch einſtimmig in dieſem Falle der An⸗ ſicht geweſen, daß der Einſpruch in keiner Weiſe genügend begründet iſt, um darzutun, daß der Vorgang ſo ſich abgeſpielt hat, wie es nach der Der Ausſchuß hat ſich vielmehr der Anſicht an⸗ geſchloſſen, daß die Dinge ſo ſich nicht abgeſpielt haben könnten, und daß es ausgeſchloſſen iſt, an⸗ zunehmen, daß ein Wähler, der im Vollbeſitz ſeiner geiſtigen Kräfte iſt, an den Wahltiſch kommt, eine Stimme abgibt für jemand, den er nicht wählen will, ohne daß er gegen dieſe, ich möchte ſagen, Beeinträchtigung des richtigen Reſultats durch den Wahlvorſteher ſelbſt einen lebhaften Proteſt erhebt. Und endlich haben wir einen Einſpruch dahingehend, daß der Wahlvorſtand während einer Zeit von einigen Minuten nicht vorſchriftsmäßig zuſammengeſetzt geweſen iſt. Dieſe Tatſache an und für ſich iſt unbeſtreitbar, und wir haben es hier, wenn auch in kleinem Grade, mit einer der⸗ jenigen Unregelmäßigkeiten zu tun, mit denen wir uns ja ſchon in der III. Abteilung des weiteren beſchäftigt haben. Es iſt aber nachgewieſen, daß während der fraglichen drei Minuten nur Darſtellung des Einſprechenden erſcheinen könnte.