Es iſt ferner der Antrag eingegangen: Die Verſammlung wolle beſchließen: Die Verſammlung erſucht den Magiſtrat, noch vor den nächſten Ergänzungswahlen gemäß § 12 der Städteordnung auf Grund des Ergebniſſes der Volkszählung vom Jahre 1905 die Zahl der Stadtverordneten von 72 auf 78 zu er⸗ höhen, zum mindeſten aber eine der ver⸗ änderten Bevölkerungszahl entſprechende Neueinteilung der Wahlbezirke in den ein⸗ zelnen Wählerabteilungen vorzunehmen. Unterſchrieben von Herrn Kollegen Hirſch und der genügenden Anzahl von Kollegen. Ich werde dieſen Antrag auf die nächſte Tagesordnung ſetzen. Punkt 1 der Tagesordnung: Einführung der wieder⸗ und neugewählten Stadtverordneten. Ich bitte die wiedergewählten und neuge⸗ wählten Herren Kollegen vorzutreten. Der Herr Oberbürgermeiſter hat das Wort. Oberbürgermeiſter Schuſtehrns: Um mich zu vergewiſſern, meine verehrten Herren, daß die Herren, welche heute neu einzuführen ſind, auch wirklich erſchienen ſind, werde ich mir erlauben, die Namen der Herren zu verleſen. Ich bitte freundlichſt, mir durch Beantwortung mit Ja oder Nein zu erkennen zu geben, ob die Herren anweſend ſind. Ich verleſe die Namen folgender Herren: Rentier Louis Barnewitz, — Generalmajor z. D. Guſtav Becker, — Bureaudirektor Heinrich Boll⸗ mann, — Kaufmann Paul Haack, — Brotfabrikant Paul Liebe „— Architekt Karl Mittag, — Zeitungs⸗ ſpediteur Guſtav Scharnberg, Baumeiſter Richard Wolffenſtein, Kaufmann Hermann Dunck, — Rechtsanwalt Dr Ludwig Flatau, Kaſſenbeamter Otto Flemming, — Gewerkſchafts⸗ beamter Auguſt Gebert, — Architekt Otto Harniſch, — Rentier Siegmund Jacobi, — Kaufmann Iſaac Jaſtrow, — Straßenbahnhofsvorſteher Karl Kern, — Kaufmann Alexander Klau, — Kommerzienrat Hugo Liffauer, — Konſul a. D. Jofef Litten, —. Syndikus der Handelskammer Oskar Meyer, Fabritbeſitzer Otto Mosgau, — Apotheker Rudolf Mottek, — Rentier Bernhard Nickel, — Kaufmann Max Vogel 11, — Ingenieur Johann Wagner, Mechaniker Alfred Wilk, — Fabritbeſitzer Gotthilf Zander, — Redakteur Fritz Zietſch. (Die Genannten ſind ſämtlich anweſend.) Meine ſehr geehrten Herren, nachdem Sie von der Bürgerſchaft zu Stadtverordneten gewählt worden ſind, und nachdem Ihre Wahl als gültig anerkannt worden iſt, liegt es mir ob, Sie am heutigen Tage in Ihr Amt einzuführen. Sie treten in dieſes Amt ein in einem Jahre, welches für uns von Bedeutung iſt: in ihm vollendet ſich das hun⸗ dertſte Jahr ſeit Erlaß unſerer preußiſchen Städte⸗ ordnung. Wenn wir heute zurückblicken, ſo müſſen wir bekennen, daß dieſes Werk, erdacht von einem der weitblickendſten und klügſten Staatsmänner, in deſſen Bruſt ein von glühender Vaterlandsliebe erfülltes Herz ſchlug, daß dieſes Werk, das den preußiſchen Städten das Recht der Selbſtverwaltung verlieh, in dem Jahrhundert ſeiner Wirkſamkeit ſich glanzvoll bewährt hat. Die Selbſtver⸗ waltung löſte in unſerm Volke eine Fülle von Kräften aus, die bisher ungenutzt und nutzlos für den Staat geſchlummert hatten; ſie weckte den (Gemeinſinn, der die Menſchen erhebt über die engen Grenzen ihrer eigenen perſönlichen, ſelbſt⸗ ſüchtigen Intereſſen, der ſie erhebt auf das Gebiet der ſelbſtloſen Arbeit für die Allgemeinheit, für Stadt und Staat, für Gemeinde und Vaterland. Die Selbſtverwaltung erzieht den Bürger zur Vaterlandsliebe. So iſt das Recht der Selbſtverwaltung das, vornehmſte und bedeutſamſte Recht der Städte geworden, die Grundlage ihrer Entwicklung und damit der Ent⸗ wicklung des Vaterlandes. Der Gedanke eines geeinigten Deutſchen Reiches, die Erfolge der Jahre 1870 und 1871, der Aufſchwung der deutſchen Städte und von Handel und Induſtrie in ihnen, die macht⸗ volle Kraft des jetzigen Deutſchen Reiches: es beruht alles nach meiner Auffaſſung auf der in der Selbſtverwaltung gewonnenen Kraft, auf der in der Selbſtverwaltung errungenen Tüchtigkeit un⸗ ſeres Volkes. Auf dem Gebiete der Selbſtver⸗ waltung und in der in der Selbſtverwaltung täglich erneuten erziehlichen Arbeit iſt erwachſen und er⸗ ſtarkt täglich aufs neue die Kraft unſeres großen geeinigten Deutſchlands. Deshalb 9h alten wir auch ſo feſt an dieſem Recht der Selbſtverwaltung, deshalb verteidigen wir es mit aller Zähigkeit und Hartnäckigkeit, we il wir damit im letzten Sinne dem Vaterlande dienen. In dieſem Bewußt⸗ ſein, meine geehrten Herren, ſoll und wird ſich auch Ihre Arbeit in dieſem Saale vollziehen. In dieſem Bewußtſein laſſen Sie uns zuſammenſtehen und laſſen Sie uns zuſammen arbeiten immer im Hinblick und im Aufblick auf das große Ganze: auf das Vaterland! Die Arbeit des nächſten Jahres, meine Herren, wird ſich neben den ſonſtigen kleineren und größeren Aufgaben, die wir wie ae wöhnlich zu verrichten haben, in einem vielleicht noch höherem Maße als bisher bewegen auf de m Gebiete der Schule, der Hygiene, der ſozialen Arbeit. Die Aufgaben, die uns auf dieſen Gebieten erwachſen, erweitern und vertiefen ſich von Jahr zu Jahr und erfordern in jedem Jahre immer größere Hingabe. Im bevor⸗ ſtehenden Jahre wird der Druck, der auf den Geld⸗ verhältniſſen lagert, und der, wie es ſcheint, noch immer nicht weichen will, uns bei der Löfung der Aufgaben auf manchen Gebieten vielleicht mancherlei Schwierigkeiten entgegenbringen. Laſſen Sie uns hoffen, daß es uns gelingen wird, dieſe Schwierig⸗ keiten zu überwinden, ohne daß jene Ziele darunter leiden. Ich möchte nicht unterlaſſen, auf eine Arbeit noch beſonders hinzuweiſen, die uns in der nächſten Zeit wohl noch vielfach be⸗ ſchäftigen wird, einmal, weil ſie völlig neu für uns iſt, und ferner weil ſie meines Erachtens von ſehr großer Bedeutung für uns iſt. Schon zur nächſten Sitzung wird Ihnen, meine Herren, eine Vorlage des Magiſtrats zugehen, welche behandelt die Bildung eines Verbandes der Gemeinden Groß⸗ Berlins zum Zwecke der Errichtung und des Be⸗ triebes von Straßenbahnen. Und es ſchweben Verhandlungen über die Bildung eines zweiten ähnlichen Verbandes unter denſelben Gemeinden zur Schaffung eines gemeinſamen Bebauungs⸗ planes von Groß⸗Berlin und der Errichtung eines Wald⸗ und Wieſengürtels, der ſich um die Gemeinde⸗ oder durch dieſe Gemeinde⸗ gebiete ziehen ſoll. Dieſer Zuſammen⸗