— 13 — meiner Anſicht nach ſchon oft widerlegte Kritik der Stadt Berlin. Aber wie man ſich dazu auch ver⸗ halten möge, das ſteht doch wohl feſt, daß wir auf dieſem Gebiete nicht anders als in Ver⸗ bindung mit der Stadt Berlin werden vorgehen können, (Sehr richtig!) und infolgedeſſen möchte ich meinen, es wird Sache des Ausſchuſſes, den Sie wirklich einſetzen, oder Sache des Magiſtrats ſein, für den Fall, daß über⸗ haupt derartig weittragende Pläne, wie ſie Herr Stadtv. Dr Borchardt entwickelt hat, erwogen werden ſollen, das in Verbindung mit Berlin zu tun. Jeden⸗ falls aber, meine Herren, ſteht doch nun unbedingt feſt: wenn auf dieſe Weiſe der Arbeitsloſigkeit ent⸗ gegengetreten werden ſoll, nun, damit können Sie der Arbeitsloſigkeit im Januar 1908 keinesfalls zu Leibe gehen. Darüber werden Jahre vergehen. Der Antrag des Herrn Stadtv. Dr Borchardt hat im Augenblick alſo gar keine Bedeutung und deshalb auch gar keine Dringlichkeit. Herr Dr Borchardt hat auch auf ein Buch des Frl. Dr Fanny Imle verwieſen. Ja, mit der Ver⸗ weiſung auf dieſes Buch haben Sie den Inhalt auch noch nicht genoſſen, und wenn nun auf Grund des Materials, das darin verarbeitet iſt, eine Beſchluß⸗ faſſung der Stadtverordnetenverſammlung er⸗ folgen ſoll, ſo muß doch den Stadtverordneten Ge⸗ legenheit gegeben werden, ſich mit dem Inhalte be⸗ kannt zu machen. Ich kann aus allen dieſen (Gründen nur wiederholt empfehlen, den Antrag an einen Ausſchuß zu verweiſen. Stadtv. Otto: Bei der eigentümlichen Lage, in der wir uns heute Abend befinden, will ich mich ganz kurz faſſen. Nach den Ausführungen des Herrn Bürgermeiſters iſt es wohl für die Mehrheit der Verſammlung klar, daß wir den Antrag in der Form, wie er uns vorliegt, heute nicht glatt an⸗ nehmen können; ich glaube, auch die Herren An⸗ tragſteller haben ſich dieſer Hoffnung nicht hinge⸗ geben. Anderſeits bin ich der Meinung, daß auch meine Freunde — wir haben längere Verhandlungen darüber nicht gehabt — die ganze Frage für eine ſo wichtige halten, daß wir uns näher mit ihr zu beſchäftigen haben, und deshalb beantrage ich, den Antrag einem Ausſchuß von 11 Mitgliedern zu über⸗ weiſen. Der Ausſchuß wird die drei Geſichtspunkte zu prüfen haben, die in der Debatte ſchon hervor⸗ gehoben worden ſind: einmal, ob eine beſondere Arbeitsloſigkeit beſteht, zum zweiten, wie weit die Verpflichtung der Kommune geht, Mißſtänden auf dieſem Gebiete entgegenzutreten, und zum dritten, in welcher Weiſe das zu geſchehen hat. Vielleicht kann der Ausſchuß auch zugleich die Frage in den Kreis ſeiner Erörterungen ziehen, wie weit es möglich ſein wird, abgeſehen von dem augen⸗ blicklichen Notſtand, für die Zukunft etwa dauernde Einrichtungen zu treffen. Er wird aber gerade bei ſolchen Erörterungen den Geſichtspunkt nicht vergeſſen dürfen, daß wir, wenn wir auf dieſem Gebiete etwas Tüchtiges leiſten wollen, das nur in Gemeinſchaft mit Berlin und den anderen Vor⸗ orten tun können. (Sehr richtig!) In dieſem Sinne möchte ich Sie bitten, den Antrag einer Ausſchußberatung zuzuweiſen. Stadtv. Hirſch: Meine Herren, namens meiner Freunde kann ich erklären, daß wir gleichfalls für Einſetzung eines Ausſchuſſes von 11 Mitgliedern ſind. Ich bitte aber, daraus, daß wir auf die Aus⸗ führungen des Herrn Bürgermeiſters jetzt nicht aus⸗ führlich erwidern, nicht etwa den Schluß zu ziehen, als ob wir mit dem, was der Herr Bürgermeiſter hier vorgetragen hat, irgendwie einverſtanden ſind. Wir wären in der Lage, ſeinen Argumenten eine große Reihe gewichtiger Gegenargumente ent⸗ gegenzuſtellen: wir behalten uns vor, dies im Aus⸗ ſchuß zu tun. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt einſtimmig die Einſetzung eines Ausſchuſſes von 11 Mitgliedern und wählt zu Aus⸗ ſchußmitgliedern die Stadtv. Dr Borchardt, Dr Frentzel, Dr de Gruyter, Kaufmann, Liſſauer, Dr v. Liszt, Otto, Dr Spiegel, Dr Stadthagen, Zander und Zietſch.) Vorſteher Kaufmann: Ich konſtatiere, daß durch dieſen Beſchluß gleichzeitig auch die Anfrage der Stadtv. Dr Borchardt und Gen. auf Druckſache Nr. 3 erledigt iſt. Es liegt noch der dringliche Antrag Hubatſch vor. (Der Antrag auf Dringlichkeit wird genügend unterſtützt. Die Verſammlung beſchließt die Dringlichkeit.) Dringlicher Antrag der Stadtv. Dr. Hubatſch und Gen. betr. Polizeikoſtengeſetz. Der Antrag lautet: Die Stadtverordnetenverſammlung wolle be⸗ ſchließen, den Magiſtrat zu erſuchen, gemein⸗ ſam mit ihr bei beiden Häuſern des Landtages gegen den das Selbſtverwaltungsrecht der Ge⸗ meinden beeinträchtigenden Entwurf eines Polizeikoſtengeſetzes zu petitionieren. Antragſteller Stadtv. Hirſch: Meine Herren, ſchon der Umſtand, daß der Antrag die Unter⸗ ſchriften von Herren aus allen Fraktionen trägt, iſt ein Beweis dafür, daß es ſich dabei nicht um das Intereſſe einer beſtimmten politiſchen Partei han⸗ delt, ſondern um eine Angelegenheit, an der wir alle das gleiche Intereſſe haben; gleichzeitig aber auch ein Beweis dafür, daß, ſo groß auch die Gegen⸗ ſätze in dieſer oder jener Frage zwiſchen den ein⸗ zelnen Gruppen der Verſammlung ſind, alle Differenzpunkte verſtummen in dem Augenblick, wo es gilt, einen Angriff auf das Selbſtverwaltungs⸗ recht der Gemeinden abzuwehren. Ich glaube, daß ich mich bei der vorgerückten Zeit ſehr kurz faſſen kann, zumal da ich annehme, daß der Entwurf eines Polizeikoſtengeſetzes, der augenblicklich dem Landtage vorliegt und im Ab⸗ geordnetenhauſe bereits die erſte Leſung paſſiert hat, Ihnen allen bekannt iſt. Ich möchte nur ganz kurz darauf hinweiſen, daß der Entwurf, falls er Geſetz wird, die Gemeinden in doppelter Hinſicht ſchädigt: einmal dadurch, daß er ihnen neue Laſten auferlegt, und zweitens dadurch, daß er das Selbſt⸗ verwaltungsrecht der Gemeinden weiter ver⸗ kümmert. Wir haben es bei dem vorliegenden Antrag nun mit dem zweiten Punkt, mit der Verkümmerung des Selbſtverwaltungsrechts zu tun. Da will ich ganz kurz Ihnen den Inhalt desjenigen Para⸗ graphen mitteilen, der für uns weſentlich in Be⸗ tracht kommt. Das iſt der § 3 des Entwurfs, wonach die Verteilung der Koſten in Zukunft von dem Oberpräſidenten vorgenommen werden ſoll, aber