14 gegen dieſen Verteilungsmodus nicht mehr der bisher offengehaltene Weg der Klage beim Ober⸗ verwaltungsgericht zuläſſig iſt: 32 1 71r. 2t7, 4t (hört, hört!) 5 vielmehr hat die Regierung ſelbſt darüber zu ent⸗ ſcheiden, ob der von ihren Organen feſtgeſetzte Verteilungsmodus richtig iſt oder nicht. Daß das einen Eingriff in die Selbſtverwaltung bedeutet, das, glaube ich, brauche ich Ihnen nicht näher auszuführen. Bedenken wir weiter, daß aus den Verhandlungen des Abgeordnetenhauſes auch her⸗ „1.1 — vorgeht, daß die Regierung nichts mehr von einer Ubertragung der Wohlfahrtspolizei an die Ge⸗ meinden wiſſen will, obwohl in früheren Jahren ſogar die Konſervativen des Herrenhauſes einen entſprechenden Antrag geſtellt haben, ſo wird Ihnen zur Genüge klar ſein, daß es ſich tatſächlich um eine große Gefahr für die Gemeinden handelt. Dieſe Gefahr abzuwenden, halte ich für unſere Pflicht. Der Herr Oberbürgermeiſter hat vorhin in der Rede, mit der er die neuen Herren Kollegen begrüßt hat, auf das hundertjährige Jubiläum der Städteordnung hingewieſen. Es unterliegk gar keinem Zweifel, daß die Städteordnung einen gewaltigen Fort⸗ ſchritt bedeutet; aber anderſeits dürfen wir uns doch der Tatſache nicht verſchließen, daß das Selbſt⸗ verwaltungsrecht, das den preußiſchen Gemeinden vor hundert Jabren gewährt iſt, im Laufe dieſer hundert Jahre an allen Ecken und Enden ver⸗ fümmert iſt. Deswegen haben wir um ſo mehr die Pflicht, uns jedem weiteren Verſuch der Re⸗ gierung nach dieſer Richtung auf das entſchiedenſte zu widerſetzen. Das einzige Mittel, das uns offen ſteht, iſt ja unter den gegenwärtigen Verhältniſſen leider nur eine Petition an den preußiſchen Landtag. Aber wir ſollten wenigſtens von dieſem Mittel Gebrauch machen. Ich zweifle nicht daran, daß der Antrag einſtimmig angenommen wird, und ich hoffe, daß auch der Magiſtrat ihm beitritt. Das gute Beiſpiel, das die Gemeinde Charlottenburg damit gibt, wird voransſichtlich auch anderen Gemeinden ein An⸗ ſporn ſein, denſelben Weg zu betreten, und wenn dann ein einmütiger Proteſt aller vreußiſchen (Gemeinden vorliegt, dann kann meiner Meinung nach der preußiſche Landtag über einen ſolchen Proteſt nicht zur Tagesordnung übergehen. Sollte er es dennoch tun, ſo iſt das ſeine Sache; wir können uns dann wenigſtens damit tröſten, daß wir unſere Pflicht erfüllt haben. Der Herr Oberbürgermeiſter hat vorhin die beherzigenswerten Worte geſprochen: wir ſollen feſthalten an dem Selbſtverwaltungsrecht, und wir wollen es mit aller Zähigteit und Hart⸗ näckigkeit verteidigen. Meine Herren, hier iſt eine Gelegenheit, das Selbſtverwaltungsrecht zu ver⸗ teidigen. Ich bitte Sie dringend, daß Sie den Worten des Herrn Obe rbürgermeiſters auch die Tat folgen laſſen. Oberbürgermeiſter Schuſtehrns: Meine Herren, das neue Polizeitoſtengeſetz iſt ein Geſetz, welches in ſehr ſtarker Weiſe wieder in die Selbſt⸗ verwaltung der Städte eingreift und dieſen wieder Rechte nimmt, die ihnen lange zuerkannt waren, die ihnen auch durch die Juditatur im Gegenſat zu der Haltung der Regierung in einer langen Reihe von Jahren zuerkannt worden ſind, und wel⸗ ches als „Aquivalent“ für das Nehmen der Rechte wieder ſehr erhebliche Koſten auf die Gemeinden den die Staatsregierung leider in den letzten Jahren öfter gegangen iſt den wir auf anderen Gebieten ſchon zu beklagen gehabt haben. Heute-Nachmittag hat im Rathauſe zu Berlin eine Verſammlung der Bürgermeiſter ſämtlicher Städte, die in Betracht kommen, getagt, welche zuſammengetreten ſind, um ſich zu entſchließen, wie gegen dieſen Geſetzentwurf Stellung genommen werden ſoll. Die Anſicht ging allgemein dahin, daß es unmöglich ſei, dieſen Entwurf ſtillſchweigend vorübergehen zu laſſen. Darüber war Einigkeit vorhanden. Ich mußte die Sitzung vor deren Schluß verlaſſen und kann deshalb den Wortlaut des Beſchluſſesnoch nicht mitteilen. Die Verhandlungen aber, denen ich beiwohnen konnte, haben einen (ang genommen, daß ich mit Beſtimmtheit er⸗ warte, daß ein Beſchluß dahin gefaßt iſt, daß alle Städte gemeinſam bei dem Landtag gegen den Geſetzentwurf vorgehen ſollen. Ich habe die Über⸗ zeugung, daß auch der Magiſtrat in demſelben Sinne beſchließen wird, ſodaß wir uns alſo in Überein⸗ ſtimmung in der Berämpfung des Geſetzes be⸗ finden. (Bravo!) Stadtv. Otto: Ich habe im Namen meiner Freunde die Erklärung abzugeben, daß wir dem Antrage einmütig zuſtimmen. Es iſt, wie Herr Kollege Hirſch zutreffend hervorgehoben hat, in erſter Linie unſer ernſter Entſchluß, das Recht der Selbſtverwaltung zu wahren, das uns dazu ver⸗ anlaßt: aber ich möchte im Gegenſatz zu Herrn Kollegen Hirſch den Puntt, den er hier als für uns nicht in Betracht kommend bezeichnete, hervor⸗ heben, nämlich die finanzielle Neubelaſtung. Meine Herren, wenn Sie ſich vergegenwärtigen, daß von dieſem Geſetz nur 25 Städte betroffen werden, und daß dieſe 25 Städte in Zukunft beinahe 5 Millionen Mark mehr aufbringen ſollen, ſo haben Sie ein Bild, wie groß die Mehrbelaſtung ſein wird. Es iſt zweifellos gegen das bishe rige Prinzip der Auf⸗ bringung der Polizeikoſten manches berechtigter⸗ weiſe einzuwenden, und es iſt nicht zu verkennen, daß der neue Entwurf ein gerechteres Prinzip vorſchlägt. Aber daß in demſelben Augenblick aus dem Drittel, das bisher die Städte zu den Polizei⸗ koſten beizuſteuern hatten, zwei Fünftel gemacht werden, das ſchließt jene Unfreundlichkeit der Staatsregierung in ſich, die der HerrOberbürger⸗ meiſter ſoeben hervorgehoben hat. Bei der Sachlage, die wir aus den Ausfüh⸗ rungen des Herrn Oberbürgermeiſters erkennen können, empfiehlt es ſich, daß — und ich zweifle mit Herrn Kollegen Hirſch nicht daran, daß es geſchieht — die Stadtverordnetenverſammlung ebenfalls ein⸗ mütig erklärt, daß ſie, wie unſer Magiſtrat es hoffent⸗ lich tun wird, der gemeinſamen Petition gegen dieſen ſtädteunfreundlichen Entwurf, um ihn ganz milde zu charakteriſieren, ſich anſchließt. Stadtv. Dr. Hubatſch: Ich habe zu erklären, daß meine Freunde ſich ebenfalls einmütig dem Antrage, anſchließen werden. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die kVer⸗ ſammlung nimmt den Antrag einſtimmig an.) Vorſteher Kaufmann: Das heutige Protokoll bitte ich zu vollziehen die Herren Kollegen Protze, Dr Röthig und Vogel I. Ich ſchließe die öffentliche Sitzung⸗ (Schluß der Sitzung 9 Uhr.) wälzt. Das iſt ein Weg, Druck von Adolf Gertz, G. m. b. H., Charlottenburg.