Schuldeputation ſeitens der ſtaatlichen Behörden in ihrer Selbſtändigkeit gefördert werden würde. Meine Herren, es beſteht aber doch die Gefahr — oder der Verdacht —, daß eine ſolche Selbſtändigkeit der Charlottenburger Schulbehörde nur erfolgen wird, wenn die Charlottenburger Schulverwaltung eine Reihe von Grundſätzen aufgibt, die ſie im Gegen⸗ ſatz zu der ſtaatlichen Behörde bisher vertreten hat. Gerade deswegen möchte ich im gegenwärtigen Moment auch in bezug auf die Schulen mir eine Anfrage an den Magiſtrat geſtatten. Nach dem neuen Schulunterhaltungsgeſetz iſt es den Gemeinden, in deren Bezirk bisher Volks⸗ ſchulen beſtanden haben, an denen ſowohl evange⸗ liſche wie katholiſche Lehrkräfte unterrichtet haben, geſtattet, auch in Zukunft an dieſem Zuſtande feſt⸗ zuhalten und auch bei der Errichtung neuer Volks⸗ ſchulen ſie als ſolche zu errichten, an denen ſowohl evangeliſche wie katholiſche Lehrer angeſtellt werden. Nun hat der Magiſtrat, ſoviel ich weiß, bisher ſtets auf dem Standpunkt geſtanden, daß unſere Char⸗ lottenburger Volksſchulen Simultanſchulen ſind, daß ſie nicht ſtreng konfeſſionelle Schulen ſind; anderſeits hat die Königliche Regierung ihrerſeits den Standpunkt vertreten, daß unſere Charlotten⸗ burger Schulen konfeſſionelle Schulen ſind. Die Sache iſt nicht weiter zum Austrag gekommen; man hat daran nicht gerührt, man hat den Zuſtand be⸗ ſtehen laſſen, ſolange die Regierung beſondere Ein⸗ griffe nicht für opportun hielt. Es beſteht nun meines Erachtens die Gefahr, daß, wenn die Schul⸗ deputation etwas ſelbſtändiger geſtellt werden ſoll, als ſie bisher geſtellt iſt, dann die Regierung in der Tat den Standpunkt ſtreng konfeſſioneller Schulen in Charlottenburg mehr als bisher zum Ausdruck bringen würde, und es wäre mir ſehr lieb, wenn ich eine beruhigende Erklärung darüber von ſeiten des Magiſtrats erhalten könnte, wie in Zukunft der Magiſtrat unſere Schulen angeſehen wiſſen will. Wir wiſſen ja alle — auch Sie, meine Herren, wiſſen ja —, daß dieſes neue Volksſchulunter⸗ haltungsgeſetz in den betreffenden Beſtimmungen, auf die es hier ankommt, eingegeben iſt von einem außerordentlich engen konfeſſionell⸗kirchlichen Geiſte; wir wiſſen ja auch, daß das Schulunterhaltungs⸗ geſetz in ſeinen Beſtimmungen über die Schul⸗ deputationen getragen iſt von einem außerordentlich kleinlichen Polizeigeiſte. Dieſer polizeiliche Geiſt kommt ja unter anderem auch darin zum Ausdruck, daß die Mitglieder der Schuldeputation, ſoweit ſie der Stadtverordnetenverſammlung angehören, und einige andere Rubriken der Beſtätigung durch die Regierung bedürfen; er kommt weiter darin zum Ausdruck, daß dieſe Mitglieder der Schuldeputation, welche der Beſtätigung durch die Regierung be⸗ dürfen, von der Regierung auch aus der Schul⸗ deputation noch vor Ablauf ihres Amtes wieder entfernt werden können, wenn ſie ſich — wie lautet es doch da ſo ſchön? —: Ein Mitglied, das die Pflichten verletzt, die ihm als ſolchem der Schuldeputation obliegen, oder das ſich durch ſein Verhalten innerhalb oder außerhalb ſeiner Tätigkeit als Mitglied der Schuldeputation der Achtung, des An⸗ ſehens oder des Vertrauens, welche die Zu⸗ gehörigteit zu einer Schuldeputation erfordert, unwürdig macht oder gemacht hat. Man kann aus dieſer Beſtimmung des § 44 heraus⸗ leſen, daß ein Mitglied der Schuldeputation, welches zwar von der Königlichen Regierung beſtätigt 35 worden iſt, aus dieſer ſeiner Stellung wieder entfernt werden kann, wenn es vielleicht eine Feier zu Kaiſers Geburtstag nicht mitmacht oder auch, wenn es an der genügenden Anzahl von Sonntagen nicht die Kirche beſucht. Nun, meine Herren, beſteht eben die Be⸗ fürchtung, daß die Schuldeputation, um eine größere Selbſtändigkeit bei der Verwaltung der Schulangelegenheiten zu erringen, in ſolchen Rich⸗ tungen dem Drucke der Regierung nachgibt. Das wäre allerdings außerordentlich zu beklagen. Frei⸗ lich, meine Herren, Geſetze ſind nicht in letzter Linie beſtimmend für die geſamte Entwicklung des Volks⸗ lebens, und ſie ſind auch ſchließlich nicht im letzten Sinne beſtimmend für die Entwicklung unſeres Schulweſens und unſeres Schullebens. Wenn der Geiſt, der aus dieſen Geſetzbeſtimmungen ſpricht, wirklich außerordentlich ſtark und lebendig werden würde bei uns in Charlottenburg, dann würde unſere Volksſchule ſich vermutlich in recht wenig vorteilhafter Weiſe entwickeln. Ich will aber hier doch der Meinung und auch der Hoffnung Ausdruck geben, daß bei uns in Charlottenburg dieſer enge Geiſt nicht lebendig werden wird, nicht lebendig werden kann, und ich habe auch die Hoffnung, daß die Königliche Regierung, trotz der Beſtrebungen, die innerhalb der Regierung und innerhalb weiter maßgebender Kreiſe des Landtages mächtig ſind, ſich der Einſicht gar nicht wird verſchließen können, daß die geſamte Entwicklung des Volksſchullebens aufs ſchwerſte leiden muß, wenn die Städte in ihrer freien Entwicklung allzuſehr eingeengt werden. An der inneren Notwendigkeit der Entwicklung unſeres Volkes, welche mit der Entwicklung unſerer Schulen ja außerordentlich eng zuſammenhängt, wird eben der Verſuch ſcheitern müſſen, allzuſehr dieſen engen Geiſt in unſer Volksſchulleben hineinzutragen. (Stadtv. Holz: Sehr richtig!) Ich hege die Hoffnung, daß auch trotz dieſes Schul⸗ unterhaltungsgeſetzes und ſeiner kleinlichen polizei⸗ lichen Beſtimmungen wir zu einer gedeihlichen Ent⸗ wicklung unſerer Volksſchule noch kommen werden. Ich möchte aber in bezug auf die Frage, die ich vorhin anregte, ſehr gern eine beruhigende Antwort vom Magiſtratstiſch hören. Bürgermeiſter Matting: Meine Herren, ſehr viel, glaube ich, werden wir auf Grund des bis⸗ herigen Zuſtandes im Sinne der Anregung des Herrn Stadtv. Dr Borchardt nicht machen können. Zwar haben die ſtädtiſchen Körperſchaften bisher die ſogenannten nichtkatholiſchen Schulen als nicht konfeſſionelle immer bezeichnet wie Herr Stadtv. Dr Borchardt aber hinzugefügt hat, iſt dieſe Auf⸗ faſſung von der Schulaufſichtsbehörde nicht an⸗ erkannt worden, und es iſt nun bei dieſem gegen⸗ ſeitigen Widerſpruch nicht nur geblieben, ſondern die Königliche Regierung hat ihrer Auffaſſung dadurch Nachdruck gegeben, daß ſie wiederholt Wahlen der Schuldeputation von Lehrern nicht evangeliſchen Glaubensbekenntniſſes, z. B. katholi⸗ ſcher Lehrer an dieſe Schulen nicht beſtätigt hat. Sie hat auf dieſe Weiſe den Zuſtand erhalten, daß an den von uns zwar als nichtkonfeſſionelle Schulen bezeichneten Schulen nur Lehrer einer Konfeſſion, nämlich der evangeliſchen, vorhanden ſind, und das genügt nach der bisherigen Praxis und der Aus⸗ legung der Staatsregierung, um dieſen Schulen von vornherein den konfeſſionellen Stempel aufzu⸗ drücken. Dieſer Grundſatz iſt ja auch in dem neuen