41 ſind, daß der einzelne kleine, auch vielleicht größere Opfer bringen muß, die aber nicht im Vergleich ſtehen zu dem großen Vorteil, der durch die gemein⸗ ſame Arbeit erreicht werden kann. Sollte ſich, wie ich hoffe, dieſer mein Wunſch erfüllen, ſo werden wir und die, die ſpäter in dieſem Raume Wort und Stimme zu führen haben, ſich wahrſcheinlich recht oft mit der Gründung ſolcher Zweckverbände zu beſchäftigen haben. Bei der Prüfung ſolcher Vorlagen, wie der heutigen, werden wir uns im weſentlichen wohl immer an drei Kardinalfragen zu halten haben, von denen die erſte folgendermaßen zu formulieren wäre: Iſt der Zweck, zu dem ſich hier die Gemeinden zuſammenſchließen wollen, auch ein ſolcher, dem unſere Stadt Charlottenburg rückhaltlos zuſtimmen kann? — Und zweitens — wenn wir die erſte Frage bejahen —: Kann dieſer Zweck erreicht werden eben durch die Gründung eines Zweckverbandes? — Und endlich: Iſt der Zweckverband, wie er uns hier vorgeſchlagen wird, ſo geartet, daß wir die Konſtruktion dieſer Einrichtung gutheißen können, und finden wir, daß der berechtigte Kern, den wir wahren müſſen, auch hier die genügende Rückſicht gefunden hat im Vergleich zu dem, was wir für die Allgemeinheit drauf und drangeben? Wenn wir nun im vorliegenden Falle an die erſte Frage herantreten, ſo muß nach meiner Meinung eine Frage in den Vordergrund geſtellt werden, eine Frage, die merkwürdigerweiſe in der Druckſchrift des Magiſtrats — vielleicht weil ſie als ſelbſtverſtändlich angeſehen worden iſt — nicht den vollen Ausdruck gefunden hat, den ich ihr doch in dieſen Verhandlungen geben möchte. Dieſe Frage, die übrigens auch in Berlin bei den letzten Verhandlungen weniger intenſiv behandelt worden iſt, wahrſcheinlich eben auch deshalb, weil man ſie dort als ſelbſtverſtändlich und erledigt bereits anſah, iſt keine andere als die: Sind wir wirklich der Anſicht, daß es gut und zweckmäßig iſt, wenn wir Charlottenburger die Straßenbahn in eigener Regie führen und betreiben, unſere Machtmittel, die wir in dieſer Beziehung haben, einem ſolchen Zweckverbande zu übergeben, damit dieſer, ge⸗ leitet auch mit unſerer Übereinſtimmung, dieſe Bahnen betreiben kann? Meine Herren, dieſe Frage iſt eine ſehr viel umſtrittene; aber ich würde wünſchen, daß die große Majorität von Ihnen zu der Antwort kommen könnte, die ich, und zwar nach längerem Überlegen und nach reiflicher Erwägung zu geben bereit bin und die in nichts anderem be⸗ ſteht als in einem mit einer gewiſſen Zuverſicht aus⸗ geſprochenen Ja! Denn ich glaube, es iſt ein ge⸗ wiſſer fortſchrittlicher Z3Zug der kommunalen Ent⸗ wickelung, daß die Kommunen ſich in der Be⸗ wältigung urſprünglich rein kaufmänniſcher Auf⸗ gaben mehr zutrauen, als das früher der Fall ge⸗ weſen iſt. Ich darf daran erinnern, daß heute die Frage, ob die Städte Gasanſtalten, Elektrizitäts⸗ werke, Waſſerverſorgung in eigene Regie zu nehmen haben, eigentlich wohl für alle, die ſich mit ſtäd⸗ tiſchen Angelegenheiten beſchäftigen, als eine ge⸗ löſte und im poſitiven Sinne reſtlos gelöſte Frage zu betrachten iſt. Ich darf Sie aber bitten, mit mir noch einige Dezennien zurückzugehen auf den Zeitpunkt, wo Berlin zum erſten Mal vor der Frage ſtand, überhaupt die Gasbeleuchtung ein⸗ zuführen, und ich darf Sie daran erinnern, daß ſich damals die Kommune nicht entſchließen konnte, ſelbſt eine eigene Gasanſtalt zu bauen, ja daß ſo⸗ gar ein weiterſchauender Polizeipräſident der Stadt überhaupt die Gasbeleuchtung aufdrängen mußte! Ich muß Sie daran erinnern, meine Herren, daß die Folge eben dieſes Schwankens und Zuwartens auch die geweſen iſt, daß Berlin heute in ſeiner Gasverſorgung nicht ſein eigener Herr iſt, ſondern daß es als Pfahl im Fleiſch die Große engliſche Gasgeſellſchaft zu ſtecken hat, und daß auf dieſe Weiſe alljährlich viele Millionen an Dividenden an die engliſchen Shareholders gehen, die ſelbſt dem großen Säckel der Stadt Berlin ſehr zu paß kommen würden. Ich kann mir denken, daß es auch eine Zeit geben wird, wo ebenſo wie über dieſe Frage die große Allgemeinheit der Kommunal⸗ politiker über die Frage der Übernahme von Straßenbahnen in ſtädtiſche Regie denken wird. Ich glaube, daß eine Zeit kommen wird, wo man mindeſtens für große Kommunen in dieſer Be⸗ ziehung irgend welche Zweifel nicht mehr hegt. Es werden, und das mit Recht, von einzelnen die nicht ſo günſtig lautenden Erfahrungen, die auf kleinere Städte ſich beziehen, hier angeführt. Aber ich glaube, wir können dieſe nicht in Vergleich ſtellen mit einer ſo großen gewaltigen Verkehrs⸗ einheit, wie es die iſt, die wir in dieſem Augen⸗ blicke zu beurteilen haben. Im weſentlichen wird die Beantwortung der Frage: ſind die Kommunen oder ſind die kauf⸗ männiſch geleiteten Geſellſchaften diejenigen, welche den Verkehr zu verwalten haben? — von dem Stand⸗ punkte abzuhängen, den wir überhaupt dieſer Frage gegenüber einnehmen. Sieht man die Verkehrseinrichtungen als nichts anderes als kauf⸗ männiſche Unternehmungen an, die einen möglichſt hohen Ertrag abwerfen ſollen, die möglichſt hohe Dividenden ihren Beſitzern geben ſollen, — ja, meine Herren, dann ſind Kommunen allerdings wohl kaum die geeigneten Behörden, um ſie zu leiten. Meint man aber, daß die Verkehrs⸗ einrichtungen um des Verkehrs willen da ſind, meint man, daß die Verkehrseinrichtungen ſo be⸗ ſchaffen und geartet ſein müſſen, daß die größt⸗ mögliche Anzahl von Perſonen von dieſen Ein⸗ richtungen Gebrauch machen können, und meint man weiterhin, daß dieſe größtmögliche Anzahl von Perſonen möglichſt ſchnell, möglichſt billig und möglichſt bequem zu befördern iſt, dann wird man zu einem andern Schluſſe kommen. Teilen Sie meine Anſicht, daß bei der Neuprojektierung von Linien, bei der Aufſtellung von Tarifen nicht allein die Frage der Rentabilität in den Vorder⸗ grund zu ſtellen iſt, ſondern daß bei aller Berück⸗ ſichtigung guten und ſorgfältigen kaufmänniſchen Arbeitens doch daran zu denken iſt, daß dieſe Neu⸗ inſtitutionen auch unaufgeſchloſſene Gegenden in einzelnen Städten und Ortſchaften aufſchließen ſollen, — ſind Sie mit mir der Anſicht, daß auf dieſe Weiſe nicht ſowohl dem Stadtſäckel ſelbſt neue Steuerzahler zugeführt werden, ſondern daß auch einer großen und ſich immer mehr er⸗ weiternden Anzahl von Bürgern es ermöglicht werden ſoll, zwar weiter entfernt von dem Zentralpunkt des Verkehrs, dafür aber deſto billiger, ſchöner und geſunder zu wohnen: dann, meine Herren, werden Sie unter Zugebung dieſer Prämiſſe ſich auch dem Schluſſe anſchließen, daß die Leute, welche die ſtädtiſchen Angelegenheiten zu leiten haben, auch die eigentlichen Leiter und Träger des Verkehrsweſens ſein ſollten, ſoweit er ſich in ihren eigenen Straßen abſpielt. Denn dann, meine