Wenn wir daran denken, wie ſich nur in den letzten 30 Jahren die weſtlichen Vororte entwickelt haben — ich will nur einmal von dieſen reden, weil ſie unſerer Betrachtung näher liegen —, wenn wir daran denken, was dann in 90 Jahren ſein kann: meine Herren, da können ſich Verkehrsverhältniſſe entwickelt haben, Verkehrsſtraßen gebildet, es können ſich Verkehrsſchwierigkeiten ergeben haben, gegen die die Untertunnelung der Leipziger Straße überhaupt ein Pappenſtiel iſt! Und um dieſes Dinges willen wollen ſich die Geſellſchaften das Recht ſichern, nicht nur im Weſten, ſondern auch im Oſten und im Norden und im Süden von Berlin die erſte Hand in aller Entwicklung der Verkehrsfragen zu haben, und wie geſagt auf einen Zeitraum von etwa 100 Jahren! — Darin hat ſich allerdings die Große Berliner Straßenbahn getäuſcht, wenn ſie annahm, daß auf dieſes Schreiben hin nun gleich von allen Seiten ihr zuſtimmende Antworten zu⸗ gehen würden. Denn tatſächlich hat ſie, ſoweit ich unterrichtet bin, keine einzige Gemeinde gefunden, welche dieſen ſchwerwiegenden Schritt tun und für 90 Jahre ihre Verkehrspolitik aus den Händen geben wollte. Es wurden Briefe geſchrieben, aber ſie wurden mit einer anderen Adreſſe verſehen: ſie gingen nicht nach Berlin, Leipziger Platz, ſondern nach Berlin C., Königſtraße, nämlich an den Magiſtrat von Berlin, mit der dringenden Aufforderung, jetzt wäre es endlich an der Zeit, zuſammenzutreten und gemeinſam zu beraten, wie dem Anſinnen der Geſellſchaften gegenüber vorzugehen wäre. So alſo iſt der Anfang des Planes, der jetzt Ihrer Genehmigung unterliegt. So iſt es ge⸗ kommen, daß eigentlich die Große Berliner Straßen⸗ bahn ſelber — vielleicht nicht ganz mit ihrem Willen — als Gründerin dieſes eventuellen Zweck⸗ verbandes anzuſehen iſt. Es charakeriſiert ſich für mich, wenigſtens für die nächſten Jahre, dieſer Zweckverband eigentlich als ein Schutzverband gegen die 90 jährige Konzeſſion und gegen die Macht, welche die Große Berliner Straßenbahn durch dieſe Konzeſſion in die Hände bekommen will. (Sehr richtig!) Betrachten wir weiter die ſpäteren Verhält⸗ niſſe, die dann kommen werden, ſo kann ich Ihnen nur ſagen, daß auch ohne dieſen Zweckverband für irgendeine der Gemeinden eine Übernahme des Straßenbahnunternehmens vollkommen un⸗ möglich iſt. Die rechtliche Grundlage hierfür bildet, wie die Sachen heute ſtehen, der § 36 des Vertrages mit der Stadt Berlin, worin der Stadt Berlin die Ubernahme des Bahnkörpers mit dem Jahre 1919 zugeſichert und worin gleichzeitig die Ver⸗ pflichtung enthalten iſt, daß auch den Vorortge⸗ meinden das Recht eingeräumt wird, von eben dieſem UÜbernahmerecht Gebrauch zu machen. Dieſer Vertrag, der ſich alſo juriſtiſch als ein Ver⸗ trag Zweier zugunſten eines Dritten in dieſem Teile charakteriſiert, gibt uns überhaupt eine recht⸗ liche Baſis, gemeinſam mit Berlin zu erwerben. Wir müſſen, und zwar alle Vorortgemeinden müſſen von dieſem Rechte, das ſich Berlin geſichert hat, Gebrauch machen und auf dieſe Weiſe Berlin die Übernahme ermöglichen. Selbſtverſtändlich kann Berlin keinen Torſo kaufen, der an den Grenzen des Weichbildes aufhört, ebenſowenig wie Charlottenburg oder Schöneberg nur die⸗ jenigen Strecken übernehmen kann, die in ihren 43 ——— Straßen laufen und von ihrem Publikum benutzt werden. Wir haben ja auch gar kein Intereſſe da⸗ ran, daß eventuell Berlin allein durch eine Ver⸗ einbarung mit der Großen Berliner Straßenbahn diejenigen Linien übernimmt, die durch Char⸗ lottenburg gehen, ſondern das Heil liegt für alle einzig und allein darin, daß wir gemeinſam alle Linien übernehmen und gemeinſam an ihrem Riſiko und ihrem Nutzen beteiligt ſind. Es iſt nun die Frage, ob man irgend welche Gegengründe gegen dieſen 3weckverband anführen könnte. Den einen, daß die Kommunem überhaupt nicht in der Lage wären, ſolche Unternehmungen zu betreiben, habe ich ſchon beleuchtet. Der andere iſt der, der in der Vorlage des Magiſtrats ſeinen Ausdruck gefunden hat: wenn wir zu einem ſolchen Zweckverbande zuſammentreten, ſo könnte die Oppoſition der Geſellſchaften eventuell noch ver⸗ ſtärkt werden, und es könnten bis zur endgültigen Übernahme die Verkehrsverhältniſſe dadurch noch verſchlechtert werden. Für uns trifft das auf keinen Fall zu; denn gemäß unſerem Vertrage haben wir das Recht, ſtets den Bau derjenigen Linien zu verlangen, die wir für zweckmäßig halten, vorausgeſetzt, daß wir die Selbſtkoſten garantieren. Endlich, meine Herren, kommé ich zu dem Verbande ſelber, zu ſeiner Konſtruktion und zur Beleuchtung des Aufbaues ſowie zu der Frage, ob wir uns mit der Vorlage und mit dem Statut in dieſer Beziehung einverſtanden erklären können. Ich glaube, daß wir dieſe Fragen im Plenum er⸗ ſchöpfend nicht werden löſen können. Deswegen werde ich den Antrag ſtellen, dieſe Vorlage einem Ausſchuſſe, und zwar von 15 Mitgliedern, zur Be⸗ handlung eben dieſer Fragen zu überantworten. Allerdings bin ich mir darüber klar, daß die Arbeit dieſes Ausſchuſſes eine mehr informierende, eine eher aufklärende als eine kritiſierende ſein muß. Denn demjenigen, der die Vorlage im ganzen an⸗ nehmen will, wird es einleuchten, daß weſentliche Anderungen in den Einzelheiten nicht möglich ſein werden, einfach deshalb nicht, weil ſonſt ia viel⸗ leicht auch von den 17 andern beteiligten Gemeinden eventuell ſolche Anderungen gewünſcht würden, und dann das Werk überhaupt nicht zur Perfektion gelangen würde. Ich möchte nur ganz kurz einige Hauptgeſichtspunkte, welche der Bearbeitung diefes Entwurfs zu Grunde gelegt worden ſind, hier er⸗ wähnen. * E. Es erſcheint mir zunächſt die Form dis Ver⸗ bandes als eines Vereins durchaus die richtige. Eine Altiengeſellſchaft oder eine Geſellſchoft mit beſchränkter Haftpflicht würde nach moiner Mei⸗ nung in unzuläſſiger Weiſe die Kapitalbeteiligung und das bloße Kapital in den Vordergrund rücken und keinen Raum für die individualiſtiſche Be⸗ tätigung der Einzelgemeinden belaſſenn Ich bin mit dem Magiſtrat der Anſicht, daß ein Landge⸗ meindeverband abſolut unbrauchbar iſt, weil dieſer eine Schwerfälligkeit der Bewegungen eirſchliefen würde, wie ſie für ein Vertehrsunternehmen über⸗ haupt nicht geeignet iſt. Ich bin endlich auch der Anſicht, daß die Ermittelung des Anteils, den eine jede Gemeinde an dem Gewinn haben ſoll, nämlich nach dem Bruttoertrage, die richtige iſt““ Denn ab⸗ geſehen von unſern geſetzlichen Rechten iſt tat⸗ ſächlich das, was wir in den Verband hineinbringen, der Verkehr, den wir, das heißt unſere Einwohner, ſtellen, und die Ermittelung dieſes Verkehrs in der vorgeſchlagenen Weiſe erſcheint mir nument⸗