Nun kommt aber noch etwas hinzu. Was iſt denn das eigentlich für eine Steuer, die vorge⸗ ſchlagen wird? Das iſt ja eine großartige Steuer, ſie ſoll 480 000 Mark einbringen! Dazu meint aber der Magiſtrat ſelbſt: es iſt nur zu erwarten, daß ſie etwa die Hälfte, 240 000 Mark, bringen wird. So viel ich mich erkundigt habe in Wilmers⸗ dorf und überall, zuckt man die Achſeln und ſagt: mit der Steuer iſt abſolut nichts zu machen, die Erträge ſind ganz gering, und wenn wir etwas haben wollen, iſt überall nichts zu holen. (Heiterkeit.) Und eine ſolche Steuer wird vorgeſchlagen, weil ein Geldbedürfnis für die Stadt vorhanden iſt! Ja, meine Herren, ich kann, offen geſtanden, hier⸗ nach das Praktiſche des Vorſchlags davon nicht einſehen. Da iſt lovels labour lost! Verlorene Liebesmüh', Geld in den Stadtſäckel zu bekommen auf ſolche Weiſe, wo wir uns von vornherein ſagen müſſen, daß das Geld ſchließlich nicht heraus⸗ zuholen iſt. Es iſt von vornherein eine ganz faule Steuer, bei der wenig herauszuſchlagen iſt, und die Freunde des kaufmänniſch⸗gewerblichen Mittel⸗ ſtandes, welcher Fraktion ſie auch angehören, müſſen ſchon aus dieſem Grunde die Steuer einfach rundweg ablehnen. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Wenn Sie nun fragen, meine Herren: womit kann man dem Geldbedürfnis abhelfen? — ſo hat ja der Herr Vorredner ſchon ausgeführt, wie man es machen kann. Er hat allerdings 9nfe gefügt, wenn 110% Zuſchlag zur Einkommen⸗ ſteuer genommen werden, daß dann die Beſorgnis vorhanden iſt, es würden eine Anzahl von Mit⸗ bürgern den Charlottenburger Sand von ihren Füſſen ſchütteln und wo anders hinziehen. (Stadtv. Hirſch: Ich fürchte es nicht!) Ich lenke aber die Aufmerkſamkeit auf eine ganz andere Sache. Iſt denn eine Progreſſion beiſpiels⸗ weiſe in der allgemeinen Gewerbeſteuer vor⸗ handen? Die Gewerbeſteuer fängt an mit 2, % bei einem Einkommen von 1500 Mark und endet bei 1% bei einem Einkommen von 50,000 Mark aufwärts bis einer halben Million und darüber! Iſt denn das eine Progreſſion? Und wenn Sie ſich heute die Verhältniſſe anſehen, wie beiſpiels⸗ weiſe die Einnahmen aus der Gewerbeſteuer geſtiegen ſind, vom Jahre 1900 bis 1905 ſage um hunderttauſend Mark — ein Beweis, daß faſt das ganze Anwachſen von Handel, Gewerbe und Induſtrie der Gewerbeſteuerklaſſe 1 zugefallen iſt —, dann werden Sie mir doch einräumen, daß gerade dieſe Klaſſe ganz gut 2% von der Gewerbeſteuer mehr geben kann. Paragraph 31 des Gewerbeſteuergeſetzes gibt dem Magiſtrat vollſtändig das Recht, einen nach den Klaſſen verſchiedenen Prozentſatz zu bemeſſen. Was die Abwanderung betrifft, ſo muß ich ſagen: Berlin hat doch eine höhere Gewerbeſteuer, als 100% der ſtaatlichen Veranlagung, und ich habe noch nicht gehört, daß deswegen Gewerbe⸗ treibende von Berlin nach Charlottenburg ab⸗ gewandert ſind, weil ſie in Charlottenburg eine geringere Gewerbeſteuer zu zahlen haben. Nein! Als Prinzip muß, glaube ich, daran feſtgehalten werden, daß, wenn ein Geldbedürfnis vorhanden iſt, heute die allerſchlechteſte Zeit iſt, um gerade die 90% der wirtſchaftlich Schwachen, der Selb⸗ ſtändigen und der Unſelbſtändigen, von neuem zu belaſten. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Ich glaube, daß wir uns auf einer ſchiefen Ebene in ſozialpolitiſcher Hinſicht bewegen, wenn wir die Hand dazu reichen, daß wir einen ſolchen ab⸗ ſchüſſigen Weg betreten. Daher ſtimme ich mit dem Herrn Vorredner darin vollſtändig überein, es wäre peinlich, in dem Ausſchuſſe, wenn er niedergeſetzt wird, prinzipiell gegen alle Vorſchläge und Abänderungsvorſchläge ſtimmen zu müſſen: das Einfachſte, Glatteſte und Korrekteſte iſt meiner Anſicht nach die einfache Ablehnung der Vorlage! (Bravo! bei den Sozialdemokraten.) Stadtv. Meyer: Meine Herren, namens einer großen Anzahl meiner Freunde habe ich zu erklären, daß wir aus wirtſchaftlichen und politiſchen Gründen der vorgeſchlagenen Steuer ablehnend gegenüberſtehen. (Bravo! bei den Sozialdemokraten.) Was zunächſt die Begründung des Magiſtrats anlangt, ſo kann ich mich in vielen Punkten den Ausführungen des Herrn Kollegen Hirſch an⸗ ſchließen. Herr Kollege Hirſch hat bereits ausge⸗ führt, wie verfehlt es iſt, hier von einer Beſteuerung eines unverdienten Wertzuwachſes zu ſprechen, und hat dabei das Hauptgewicht darauf gelegt, daß es ſich nicht um etwas Unverdientes handelt, ſondern daß der Gewinn, der ſich ergeben könnte, im weſentlichen gewöhnlich begründet ſein wird in der perſönlichen Qualifikation und den Leiſtungen des Gaſtwirts. Ich möchte noch hinzu⸗ fügen, daß es auch kein Wertzuwachs im eigentlichen Sinne iſt, der mit dieſer Steuer ge⸗ troffen werden würde, und darin unterſcheidet ſich dieſe Steuer gerade von der Wertzuwachsſteuer. Die Wertzuwachsſteuer faßt die poſitive Steige⸗ rung ins Auge, die von einem Beſitzerwerb zum anderen in dem Werte eines Grundſtückes wirk⸗ lich erzielt wird; ſie richtet ſich nach der Höhe des tatſächlich erlangten Gewinns. Die Schankkon⸗ zeſſionsſteuer aber, meine Herren, ſoll erhoben werden ohne Rückſicht auf die Höhe des Gewinns, ohne Rückſicht darauf, ob der Konzeſſionsempfänger einen Gewinn überhaupt wird erzielen können, ja ohne Rückſicht darauf, ob nicht ſogar Verluſte eintreten werden. Weiter wird in der Magiſtratsvorlage ein Hauptgewicht auf die „Beſchränkung der Kon⸗ kurrenz und die entſprechende Steigerung des Ertrages“ gelegt. Aus zwei Geſichtspunkten her⸗ aus halte ich dieſe Begründung für grundſätzlich verfehlt. Wenn die Beſchränkung der Konkurrenz gewünſcht wird, ſo vertritt hier der Magiſtrat einen zünftleriſchen Gedanken, den meines Erachtens unter keinen Umſtänden liberale Männer auf⸗ nehmen können. (Bravo!) Die Beſchränkung der Konkurrenz iſt ja für das Wirtsgewerbe bereits, wie der Magiſtrat richtig hervorhebt, im gewiſſem Maße durch die Kon⸗ zeſſionspflicht vorhanden. Wir ſollten das aber nicht dadurch verſtärken, daß wir eine Steuer der⸗ art, wie ſie der Magiſtrat vorſchlägt, hinzufügen, eine Steuer, welche — und das iſt der zweite hier in Betracht kommende Geſichtspunkt — da⸗ zu führen würde, die Großbetriebe zum Nachteile der mittleren und kleinen zu fördern. Denn, meine