54 reichen können, wollen wir gar nichts. Ich glaube, das wäre ein falſcher Weg. Wir ſtehen erſt im Be⸗ ginn dieſes Kampfes gegen die ſchrecklichen Volks⸗ ſeuchen, die vorhin vom Herrn Referenten ſehr zu⸗ treffend genannt worden ſind, Syphilis, Tuber⸗ tulbſe und Alkoholismus. Der Alkoholismus iſt der ſchlimmſte, denn er fördert die beiden erſten, er iſt ihr Vater und ihre kräftigſte Stütze. Wir ſollten uns endlich einmal dazu aufraffen, den erſten Schritt auf dem Wege zur Bekämpfung des Alkoholismus zu tun! Wir kommen dann in der ferneren Arbeit ſchon weiter. Aber wir ſollen doch nicht aus falſch verſtandenen nationalökonomiſchen Rückſichten nun dieſe ſoziale Fürſorge von der Hand weiſen und die Augen verſchließen vor der Gefahr, die in unſerem Volke täglich und ſtündlich ungeht. Alſo ich betone, meine Herren: wir wünſchen den Anfang zu machen mit einer ſozialen Für⸗ ſorge in dem Kampfe gegen den Alkoholismus. Wen trifft nun die Steuer? Jedenfalls, Herr Stadtv. Littauer, nicht die 90 % der minder⸗ f bemittelten Leute, von denen Sie vorhin ſprachen: die werden nicht von der Steuer getroffen! Inter⸗ eſſant war es mir, von Herrn Hirſch heute zu hören, daß er dagegen auftrat, daß man eine Klaſſe, nämlich die der Gaſtwirte, mit dieſer Steuer belaſte. (Stadtv. Hirſch: Sehr richtig!) Es war mir das um ſo intereſſanter, als der Frak⸗ tionsgenoſſe des Herrn Hirſch, Herr Zietſch, in der vorigen Sitzung, als es ſich um die Einrichtung einer Zahnklinik handelte und als geſagt wurde: wir müſſen auf unſere Zahnärzte Rückſicht nehmen, dürfen denen nicht das Geſchäft vollſtändig lahm legen, mit dem Ausdruck der Entrüſtung oder mit dem Bruſtton der Uberzeugung, wenn das viel⸗ leicht beſſer klingt, ſagte: was gehen un⸗ einzelne Stände an, es iſt das öffentliche Intereſſe, das wir zu vertreten haben. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Ja, meine Herren, damals ſtand Herr Zietſch auf dem Standpunkt, daß das öffentliche Intereſſe der Bevölkerung ausſchlaggebend ſei, nicht das Intereſſe des einzelnen Standes. Heute betont Herr Hirſch das Intereſſe des einzelnen Standes und ſagt, das öffentliche ſei nicht maßgebend, (Widerſpruch und Zuruf des Hirſch: I bewahre!) das Intereſſe des einzelnen ſei die Hauptſache. Bei der Beratung über die Volksbibliothek haben die Herren auf der Seite des Herrn Hirſch gegen⸗ über dem Einwand, daß die Leihbibliotheten doch dadurch geſchädigt würden, geſagt, darauf käme es nicht an, das öffentliche Intereſſe ſei wichtiger als das Intereſſe der Leihbibliotheken. (Stadtv. Hirſch: Sehr richtig!) Bei der Badeanſtalt ſind Sie ruhig über die Privat⸗ badeanſtaltsbeſitzer hinweggegangen! Bei dem Arbeitsnachweis haben Sie erklärt: das Schreien der Geſindevermittler, die geſchädigt zu werden behaupteten, ſtört uns nicht, wir müſſen im öffent⸗ lichen Intereſſe einen Arbeitsnachweis einrichten! (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) und bei den Arzten, meine Herren, hatten Sie auch gar keine Bedenken, einzugreifen. Heute ſteht auf der Tagesordnung ein Antrag wegen Einführung einer Poliklinik in unſerem Krankenhaus. Stadtv. (Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Da überall kümmert es alſo die Herren gar nicht, daß ein einzelner Stand belaſtet wird. Nur hier bei den Schankwirten! — Meine Herren, das gibt zu denken, das läßt tief blicken, ſagt Sabor. (Heiterkeit und Zurufe.) Nun die Wirkungen der Steuer! Da ſind Be⸗ denken in der Bürgerſchaft und in den Kreiſen der Gaſtwirte, ſehr erhebliche Bedenken laut geworden, die ihren Ausdruck in einer Reſolution gefunden haben, die mir hier vorliegt. In dieſer Reſolution wird geſagt, daß die Steuer imſtande ſei, das Gaſt⸗ und Schankwirtsgewerbe zugrunde zu richten, und daß die Vorlage abgelehnt werden müſſe, um nicht tauſend Steuerzahler und Gewerbetreibende dem Ruin entgegenzutreiben. Nun, die Herren, die dieſe Reſolution gefaßt haben, ſind ſich nicht im klaren über das geweſen, was dieſe Steuer für Wir⸗ tungen hat und haben ſoll. Zunächſt möchte ich ausdrücklich hervorheben, was niemand von den Herren Vorrednern erwähnt hat — es will mir ſcheinen, als wenn auch noch niemand daran gedacht hat —, daß die Steuer, die wir ein⸗ ühren wollen, erſt in der Zukunf t zu zahlen iſt, (ſehr rich tig!) daß alle diejenigen, welche heute eine Gaſt⸗ oder Schankwirtſchaft betreiben, keinen Groſchen Steuer zu zahlen haben werden. (Sehr richtig!) Ja, daß dieſe Herren gegen früher bevorzugt ſind, denn ſie bekommen damit ein gewiſſes Monopol. Alſo es iſt ganz falſch, wenn dieſe Herren glauben, ſie würden durch die Einführung der Steuer ge⸗ ſchädig t. Das Gegenteil iſt der Fall. Die Herren ſind beati possidentes, die in den Beſitz ihrer Konzeſſion gelangt ſind, ohne eine Steuer zu zahlen, und der Umſtand, daß künftig die Leute, die eine Schankwirtſchaft aufmachen wollen, Geld zahlen müſſen, ſchützt dieſe Herren in ihrem Beſitz. (Zuruf bei den Sozialdemokraten.) Ja, ſie haben einen direkten Vorteil. — Es iſt falſch, meine Herren, wenn hier geſagt worden iſt, daß dieſe Steuer unſer Gaſtwirtsgewerbe ſchädigt und daß die tauſend Steuerzahler, die jetzt das Gaſtwirtsgewerbe betreiben, in ihrem Beſtande ruiniert werden. Ich möchte das gerade hier noch beſonders unterſtreich en, damit die Herren Gaſtwirte, welche die Reſolution in Entrüſtung, wie ſie ſagen, eingeſchickt haben, ſich die Sache überlegen un d ein⸗ ſehen, daß ſie gegen ihr Intereſſe handeln, wenn ſie gegen d i e Schankkonzeſſionsſteuer Propa⸗ ganda machen. (Sehr richtig!) Dazu kommt, daß der große Wechſel, der heute ſtattfindet — 700 neue Schankſtellen in jedem Jahr —, ſicherlich ausbleiben wird, wenn die Steuer zu zahlen iſt. Denn es werden ſehr viele Leute, die nicht geeignet zu dem Gewerbe ſind, durch die Steuer abgeſchreckt werden. Meine Herren, ich komme jetzt zu der ein⸗ ſchräntenden Wirkung dieſer Steuer. Es iſt zweifel⸗ 1os, daß ſie einſchränkend wirken wird. Heute tommt jeder, der nicht weiß, was er machen ſoll, der nicht recht Luſt hat zu einer ordentlichen, tüchtigen Arbeit, auf den Gedanken: du wirſt Schantwirt. Geld braucht er dazu in vielen Fällen