Te. 46 des Herrn Oberpräſidenten erſähe er überhaupt erſt, welches Intereſſe die Handlungsgehilfen gegen die Aufhebung dieſes Verbotes hätten, er betrachte nun die Sache als ein Kompenſationsobiekt und hätte deshalb keinen Grund, der Aufhebung ohne Gegenleiſtung zuzuſtimmen — meine Herren, ſo iſt das eine Argumentation, die gewiß eher für die Aufhebung als für die Aufrechterhaltung der Verordnung ſpricht! Ich glaube, daß der Magiſtrat ſich um all e Gewerbetreibenden — ich möchte hier den ohne jede Not von Herrn Stadtverordneten Liſſauer hinein⸗ gebrachten Gegenſatz zwiſchen Großgewerbetreiben⸗ den und Kleingewerbetreibenden ganz ausſchalten, denn es handelt ſich um eine Frage, in der beide Kategorien einig ſind und wo für die Konſtruierung eines ſolchen Gegenſatzes wirklich nicht der geringſte Grund iſt — daß der Magiſtrat ſich um alle Ge⸗ werbetreibenden mit offenem Laden ein Verdienſt erwerben würde, wenn er ihren Wünſchen, denen gegenüber ſich, wie mir bekannt, auch ein großer Teil der Handlungsgehilfenſchaft durchaus nicht ablehnend verhält, Rechnung trüge und nochmals in wohlwollende Erwägung zöge, in der Richtung des Antrages Bollmann vorzugehen. Stadtv. Bollmann: Ich möchte dem Herrn Bürgermeiſter erwidern, daß ich nur teilweiſe die Stimmung der Charlottenburger Geſchäftsleute wiedergegeben habe. Ich habe mich auch in durch⸗ aus ſachlicher Weiſe ausgedrückt. Den Magiſtrat böswillig anzugreifen hat mir ganz fern gelegen, wohl aber hielt ich mich für verpflichtet, den Standpunkt, den er eingenommen hat, im vollem Einverſtändnis mit meiner Fraktion, als nicht richtig kennzeichnen zu müſſen. Herr Kollege Meyer hat ja ſchon u. a. näher ausgeführt, daß die Handelskammer Berlin garnicht an den Miniſter herangehen konnte. Der Magiſtrat würde ſich — das möchte ich nochmals betonen — ein großes Verdienſt erworben haben, wenn er die Sache in Fluß gebracht hätte. Das hätte zweifel⸗ los auf den Herrn Miniſter eine Wirkung ausgeübt und ihn als Miniſter Preußens veranlaſſen müſſen, in eine genaue Prüfung der Verhältniſſe ein⸗ zutreten, was der Oberpräſident vielleicht nicht nötig hatte und wohl auch nicht getan hat. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung nimmt Kenntnis.) Vorſteher Kaufmann: Punkt 2 der Tages⸗ ordnung: Vorlage betr. Einſetzung einer Deputation für Kunſtzwecte. — Druckſache 23. Berichterſtatter Stadtv. Holz: Meine Herren, wir kommen jetzt zu einem Thema, bei welchem, wie ich annehmen darf, ein volles Einverſtändnis zwiſchen dem Magiſtrat und der Stadtverordneten⸗ verſammlung vorliegt. Es handelt ſich bei dieſem Punkt der Tagesordnung um die Errichtung der Kunſtdeputation. Die Vorlage entſpricht einem Antrage aus dem Schoße der Stadtverordneten⸗ verſammlung vom 19. November 1904. Der Magi⸗ ſtrat hat jetzt ſein Verſprechen eingelöſt. Nach der Einlöſung dieſes Verſprechens haben wir uns ge⸗ ſehnt, wie der Hirſch nach Waſſer — mit Einfluß unſeres Herrn Kollegen Hirſch, der wohl derſelben Auffaſſung iſt. Wir haben alle der Meinung Aus⸗ druck zu geben, daß es Zeit iſt, uns endlich mit dieſer Frage zu beſchäftigen. 2 Meine Herren, der Antrag, den wir damals geſtellt hatten, enthielt zwei Sätze: erſtens in Kapitel XIV des Haushaltungsplans, verſchiedene Einnahmen und Ausgaben für das Etatsjahr 1905, einen Betrag von 20 000 ℳ zur Verwendung für Kunſtzwecke einzuſtellen; zweitens der Stadtver⸗ ordnetenverſammlung alsbald eine Vorlage zur Errichtung einer ſtädtiſchen Deputation für Kunſt⸗ zwecke zu machen. Dieſer Antrag war damals von dem Antragſteller und aus dem Schoße der Ver⸗ ſammlung heraus insbeſondere mit dem Hinweiſe darauf begründet worden, daß die Kunſt nicht ein Luxus, ſondern ein notwendiges Bildungs⸗ und Kulturelement iſt. Die Kunſt, die himmliſche Gabe, ſei dazu da, Schmuck und Zier im öffentlichen Leben zu ſein, ſie ſorge dafür, daß in die Bürger⸗ ſchaft einer Gemeinde wie überhaupt in die ganze Menſchheit das Gefühl für Schönheit und Harmonie hineingetragen wird. In dieſer Beziehung herrſchte damals bei Einbringung des Antrages nur eine Stimme. Nicht aber bloß dieſe Rückſicht, ſondern auch die Rückſicht auf die Künſtlerſchaft ſelbſt war es, welche uns bewogen hat und bewegen ſollte, zu dieſer Frage Stellung zu nehmen. Die Künſtler⸗ ſchaft, welche bisher von dem kaufträftigen Pub⸗ likum, nur von den reichen Leuten abhängig iſt, ſeufzt, wie mit Recht hervorgehoben werden muß, unter dieſer Laſt und ſehnt ſich danach, nur der reinen Kunſt zu dienen. Das kann nur ermöglicht werden, wenn der Künſtler ohne Rückſicht auf be⸗ ſtimmte Intereſſen von einer unabhängigen Be⸗ hörde, wie es z. B. die Stadt Charlottenburg iſt, angeregt ſeinen Beruf erfüllen könnte. Leider ſteht ja Charlottenburg, wie bereits damals betont worden iſt und wie auch heute wohl noch zugegeben werden muß, auf dieſem Gebiete ſehr zurück, Charlottenburg, das mit Recht als eine Stadt be⸗ zeichnet werden kann, die auf ſozialpolitiſchem und anderen Gebieten vielen oder allen Städten voran iſt, muß auf dieſem Gebiete gewiſſermaßen vls ein Parvenu angeſehen werden. Die Stadt iſt reich, ſie wird als die reichſte angeſprochen, ſie hat wunderſchöne Bauten, aber iſoliert, es fehlt jede Einheitlichleit, es fehlt jeder Plan, vor allen Dingen das Bewußtſein der Bürger, eine eigene Stadt zu haben, eine Stadt, auf die man ſtolz ſein kann. Trotz ſeiner Millionäre iſt von einer Bürger⸗ tugend auf dem Gebiete der Kunſt wenig zu merken. Es fehlt im Verhältnis zu der Größe der Stadt und zu ihrer Bedeutung an gemeinnützigen Bürgern, welche bereit und willens ſind, für dieſe Zwecke Geld in großem Maße herzugeben. Ich brauche keinen Vergleich zwiſchen Charlottenburg und Städten wie Nürnberg, München und ähnlichen anzuſtellen, die weniger reich ſind und doch un⸗ geheuer viel mehr präſtieren, als Charlottenburg ſeit ſeiner Entwickelung geleiſtet hat. Charlotten⸗ burg macht heute in der Tat nicht den Eindruck, den es als die Reſidenzſtadt und als Stadt von nicht wegzuleugnendem Ruf beanſpruchen kann. Des⸗ halb fand dieſer Antrag vom 9. November 1904 wohl auf allen Seiten dieſes Hauſes freudige Zu⸗ ſtimmung. Dieſe Zuſtimmung kam beſonders zum Ausdruck in den ſchönen Worten, welche damals der Herr Oberbürgermeiſter namens des Magi⸗ ſtrats an die Verſammlung richtete. Dieſe Worte entſprachen auch ſeiner ganzen Haltung bei dem Rathausbau, bei der, Einweihung des Rathauſes