— 74 in dieſem Augenblick gar keinen Zweck hat. Würde Herr Kollege Hirſch blos den Antrag wegen der Bezirkseinteilung gebracht haben, dann würden wir wahrſcheinlich Alle für dieſen Antrag haben ſtimmen können. Er hat aber dieſen Antrag mit einem andern verquickt, um eine Debatte herauf⸗ zubeſchwören, die nach meiner Anſicht zunächſt feinen beſonderen Zweck hat. Wenn Herr Kollege Hirſch trotzdem der Meinung iſt, daß er in dem Kampf mit mir recht bekommen wird, ſo wünſche ich ihm alles Gute. Ich hoffe aber, er wird in dieſem Falle nicht recht bekommen. Stadtv. Hirſch: Meine Herren, ich habe nicht geſagt, daß ich recht be kommen werde, ſondern daß ich recht habe. (Heiterkeit.) (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt die Einſetzung eines Aus⸗ ſchuſſes von 11 Mitgliedern und wählt zu Aus⸗ ſchußmitgliedern die Stadtverordneten Bollmann, Dzialoszynski, Dr Frentzel, Hirſch, Kaufmann, Otto, Protze, Dr Stadthagen und Wilk.) Vorſteher Kaufmann: Punkt 4 der Tages⸗ ordnung: Antrag der Stadtv. Liſſauer und Gen., betr. Fernſprechgebühren. Druckſache 67. Der Antrag lautet: Die Unterzeichneten beantragen, den Magiſtrat zu erſuchen, Vorſtellungen bei dem Reichspoſtamte zu machen gegen die von demſelben beabſichtigte, in der bezüglichen Denkſchrift (veröffentlicht im Reichsanzeiger vom 27. Dezember 1907) ausführlich begründete Verteuerung der Fern⸗ ſprechgebühren. Antragſteller Stadtv. Liſſaner: Meine Herren, die Angelegenheit iſt ja eigentlich in der langen Zeit, die ſeit dem 26. Januar verfloſſen iſt, ziemlich bekannt geworden. Es ſteht wohl feſt und braucht nicht weiter bewieſen zu werden, daß die Vorlage, die der Reichspoſtfekretär gemacht hat, im Grunde darauf hinzielt, eine bedeutende Verteuerung der Fernſprechgebühren hervorzu⸗ bringen und, wie ich nachher zeigen werde, auch ſo erhebliche Mehreinnahmen zu erlangen, daß ſie allerdings für den Staatsſäckel ſehr bedeutend ſein würden. Nun könnte vielleicht die Frage aufge⸗ worfen werden, inwieweit das denn den Magiſtrat beſonders intereſſiert. Um dieſe Frage abzuſchnei⸗ den, möchte ich mich auf § 35 der Städteordnung und auf die bezüglichen Kommentare beziehen, die ſagen, daß abgeſehen von den ſpeziellen Gemeinde⸗ angelegenheiten das Petitionsrecht der Kommune doch in allen Angelegenheiten zuſteht, die auch nur mittelbar das Wohl und Wehe der Ortseinge⸗ ſeſſenen beeinfluſſen. An der Sache ſelbſt hätte ja auch der Magiſtrat ein Intereſſe, wenn auch nur ein kleines, denn für Fernſprechgebühren gibt derſelbe ca. 13000 ℳ aus. iſt er natürlich für ſeine Ortseingeſeſſenen intereſſiert, von denen unter den 8500 Fernſprechanſchlüſſen 5000 ungefähr in Frage kommen. Es ſind das die Anſchlüſſe mit Pauſchalgebühr, denen jetzt die Verteuerung droht. Die zweite Kategorie, die Holz, Jachmann, IJ In größerem Maße ph 3500 Anſchlüſſe, die nicht Pauſchalgebühr, nur Grundgebühr bezahlen, würden ja vielleicht eine tleine Verbilligung erfahren, die aber gegenüber der Verteuerung kaum in Betracht kommen könnte. Die Sache liegt ſo, daß bisher ein Teilnehmer für 180 ℳ eine beliebige Anzahl von Ferngeſprächen führen konnte. Jetzt ſoll nur eine Grundgebühr erhoben und auf 90 ℳ — ſtatt bisher 100 ℳ — herabgeſetzt werden, jedes Geſpräch ſoll für die erſten 2000 mit 5 Pf. für die nächſten 4000 mit 4½ und alle Geſpräche, die über 6000 ſind, mit 4 Pf. bezahlt werden. Es fragt ſich nun: wie ſtellt ſich der einzelne dazu? Da gibt uns die Statiſtik, die der Reichs⸗ poſtſekretär der Vorlage beigegeben hat, den beſten Aufſchluß. Er ſetzt nämlich auseinander, daß in denjenigen beiden Bezirken, wo die meiſten An⸗ ſchlüſſe ſind, alſo in Hamburg und Berlin, auf den Kopf des Teilnehmers pro Tag 15 Geſpräche auf Großberlin, 17,9 auf Hamburg entfallen. 15 Geſpräche pro Tag machen 5400 Geſpräche im ahr. Für die Grundgebühr von 90 ℳ ſind im ganzen 1800 Geſpräche à 5 Pf. frei; es würden alſo von jedem Teilnehmer von neuem zu bezahlen ſein 3600 Geſpräche à 47 Pf. Das macht 170 ℳ, während früher für dieſelbe Leiſtung nur 90 ℳ zu zahlen waren. Deshalb würde jeder Teilnehmer in Berlin⸗Charlottenburg, der einen Pauſchal⸗ gebührenanſchluß hat, 80 ℳ mehr per Jahr zu zahlen haben. 80 ℳ per Jahr auf 5000 macht be⸗ tanntlich 400 000 ℳ, und mit dieſer Summe würde Charlottenburg hier intereſſiert ſein, abgeſehen von der kleinen Ermäßigung, die die Grundge⸗ bührenanſchlüſſe haben würden. Meine Herren, es würde ſich jetzt um die Frage handeln: welches Intereſſe haben wir, uns dem zu widerſetzen? Ich glaube, daß ſich unter dieſen 5000 Teilnehmern eine überaus große Anzahl von Gewerbetreibenden befindet, von denen der größte Teil — ich erinnere an die Reſtaurateure, an die Kolonialwarenhändler, Zigarrenhändler, Drogiſten — gezwungen iſt, ſich Telephon zu halten, teils für ſich, teils aus Rückſicht auf ſeine Kundſchaft, die gewöhnt iſt, zum nächſten Kaufmann zu gehen und ſich dort des Telephons zu bedienen. Man wird erwidern können, daß für die Folge ja der Teilnehmer das Recht hat nach den Vorſchlägen des Reichspoſtſekretärs, ſich ein jedes Geſpräch bis zum Preiſe von 10 Pf. vergüten zu laſſen. Wer aber den Verkehr im Kleinhandel kennt, weiß ganz genau, daß das nicht möglich iſt. Der eine wird es aus Kulanz gratis geſtatten, der Nachbar iſt ſomit gezwungen, es ebenfalls zu tun, und ſo würde wohl kaum irgendeiner auf das Telephon, das ihm ſelbſt notwendig iſt und das er auch ſeiner Kundſchaft zur Verfügung ſtellen muß, verzichten, ſodaß eine ganz erhebliche Mehrausgabe, wie ich mir ſchon erlaubt habe auseinanderzuſetzen, auf dieſe 5000 Pauſchalgebührteilnehmer in har⸗ lottenburg entfallen würde. Wenn wir uns nun die Verhältniſſe anſehen, wie ſie in anderen Ländern liegen, ſo ſehen wir, daß in Schweden, Norwegen und, Dänemark; die Teilnehmer ſich ganz bedeutend mehr des Tele⸗ ons bedienen als bei uns zu Lande. Während 1677 Geſpräche auf den Teil⸗ entfallen in Schweden 4200, in Norwegen 3900, in Dänemark ebenfalls 3900 Geſpräche im Jahre auf den Teilnehmer. Die Koſten betragen pro Teilnehmer in Schweden in Deutſchland nur nehmer entfallen,