——2. 92 —— a, meine Herren, das iſt durchaus naturgemäß, weil die Gewerkſchaften den größten Teil der Ar⸗ beiter umfaſſen, ſpeziell hier in Berlin; hier ſpielen die chriſtlichen Gewerkſchaften überhaupt keine Rolle und die Hirſch⸗Dunckerſchen Gewerkvereine auch nur eine kleine Rolle. Ich bitte, wenn ich in dieſem Zuſammenhang von Gewerkſchaften ſpreche, darunter immer zu verſtehen alle gewerkſchaftlichen Organiſationen der Arbeiter, ob ſie ſich nun Ge⸗ werkſchaften oder chriſtliche Vereine oder Hirſch⸗ Dunckerſche Gewerkvereine nennen. Es iſt übrig geblieben — ſagte ich — das An⸗ erkenntnis der Stadt, dafür zu ſorgen, daß öffentliche Gelder mit für dieſen Zweck aufgewendet werden, es hat überall Fiasko gemacht die Arbeitsloſen⸗ verſicherung der Unorganiſierten, eben deswegen, weil dieſe Unorganiſierten, dieſe ſchlechteſten Ele⸗ mente der Arbeiterſchaft, an die Selbſthilfe nicht heranzubringen ſind und ſich deswegen ſcheuen, Aufwendungen für Verſicherungszwecke aus freiem Entſchluß zu leiſten. Das ſind Schwierigkeiten, die ſich hier in Charlottenburg ſo gut herausſtellen würden, wie ſie ſich anderswo herausgeſtellt haben. Deswegen weiſen wir, die wir das klar vorausſehen, auf den Weg der Subventionierung der Gewerk⸗ ſchaften hin. Aber da Sie, wie ich vorhin ſchon an⸗ führte, um das zu ertennen, erſt Erfahrungen machen müſſen, da Sie, weswegen ich den Aus⸗ druck gebrauchte, noch nicht reif dazu ſind, das zu erkennen, deswegen haben wir den Antrag in dieſer Form noch nicht geſtellt, ſondern in der — ich gebe Ihnen gerne zu — etwas verwäſſerten Form, daß überhaupt nur um eine Vorlage erſucht wird, welche Aufwendungen ſtädtiſcher Mittel für Zwecke der Arbeitsloſenverſicherung beanſprucht, indem wir eben dieſen Weg Ihnen bahnen wollen, Ihrem guten Herzen für die armen Unorganiſierten, die Sie ja nicht auf den Weg der Selbſthilfe ver⸗ weiſen wollen, zunächſt nachgehen zu können. So viel alſo zu unſeren Anträgen und zu dem, was hier geäußert iſt. Auf die ſpeziellen Außerungen des Herrn Stadtv. Stadthagen brauche ich nicht einzugehen. Herr Stadthagen ſagt zwar, er als gelehrter Mann würde ſich, wenn er keine Arbeit finden würde in anderer Weiſe, nicht ſcheuen (Stadtv. Holz: Steine zu klopfen! — Heiterkeit) — nicht ſcheuen, Steine zu klopfen. (Zurufe bei den Sozialdemokraten.) — Es wird mir eben zugerufen, daß er in dieſe Bedrängnis nicht geraten kann, da ſeine Anſtellung eine lebenslängliche iſt. (Große Heiterkeit.) Wenn er vor den Ernſtfall geſtellt wäre, Steine klopfen zu müſſen, — möglich, daß er es tun würde; wenn ihm dafür aber ein Lohn von 2,60 J geboten würde, ſo halte ich es doch für ziemlich ausgeſchloſſen, daß ſelbſt Herr Kollege Stadthagen ſich für einen ſolchen Lohn zum Steineklopfen hergeben würde. (Zurufe bei den Liberalen: Wenn er Hunger hat 21) Herr Stadtverordneter Stadthagen ſagt,“ er habe ſtenographiert, daß ich geſagt hätte, aus dem Umſtande, daß die Leute ſich am Steinplatz nicht gemeldet haben, gehe hervor, die Leute hätten ſich deshalb nicht gemeldet, weil teiner dorthin geht, der beſſere Arbeit finden kann. Nun, meine Herren, ich habe das unkorrigierte Stenogramm nicht vor mir und weiß daher nicht, ob ich mich genau ſo ausgedrückt habe. Selbſtverſtändlich wollte ich ſagen: der beſſere Arbeit zu finden hoffen kann. Ich nehme an, daß das unkorrigierte Stenogramm das auch ausweiſen wird. Der Sinn mußte das in dem Zu⸗ ſammenhang ſelbſtverſtändlich ſein; denn nicht davon war die Rede, daß die Leute beſſere Arbeit gefunden haben, ſondern davon, daß ſie hoffen, eine ihren Leiſtungen, ihren Qualifikationen angemeſſene Ar⸗ beit finden zu können. Nun ſagt Herr Stadtrat Samter allerdings — und es wurde von einigen Herren daraus geſchloſſen, daß dadurch der Beweis erbracht ſei —, es habe ſich nicht um aualifizierte Arbeiter gehandelt; Herr Stadtrat Samter ſagte, nach den Erhebungen, die angeſtellt ſind, ſeien darunter geweſen Maler, Tiſchler, Maurer, Zimmerleute dieſe vier Gruppen habe ich in der Aufzählung in der Eile gehört. Maler, Tiſchler, Maurer, Zimmerleute (Zurufe bei den Sozialdemokraten: Stellmacher!) — ja, Stellmacher wurden auch genannt ja, meine Herren, ich halte dieſe für qualifizierte Arbeiter! (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Solche Leute ſind allerdings nicht in der Lage, ohne weiteres Steine zu klopfen für einen Lohn von 2,60 ℳ, der ſpäter vielleicht, wenn ſie ſich einge⸗ gearbeitet und verdorben haben für ihre eigene Berufsarbeit, auf 4 ℳ hinaufgehen kann. Herr Kollege Stadthagen verſicherte, in der Branche der Feinmechanik ſei keine Arbeitsloſigkeit, und er machte ſich anheiſchig, wenn wir ihm nur die geſchickten Feinmechaniker ſenden, ihnen Arbeit nachzuweiſen. Ja, Herr Kollege Stadthagen, das iſt uns kein Geheimnis, daß in der heutigen Welt jedermann, der über mehr als Durchſchnittsfähig⸗ keit verfügt, immer lohnende und zum Teil ſehr gut entlohnte Arbeit findet. Ich gebe ihm zu, daß in jedem Handwerk Arbeiter, die es in ihrem Hand⸗ werk zu beſonders guten Leiſtungen gebracht haben, immer Arbeit finden werden. Wenn er aber daraus ſchließt, daß unter den Metallarbeitern, unter den Feinmechanikern an ſich keine Arbeitsloſigkeit be⸗ ſtehe, ſo ſchließt er eben aus einem ganz engen Ge⸗ ſichtskreiſe, den er überſehen kann, auf allgemeine Erſcheinungen und ſchließt dabei notwendigerweiſe falſch. Tatſächlich iſt die Arbeitsloſigkeit dauernd noch hinaufgegangen. Ich empfehle dem Herrn Kollegen, das Jannarheft des Reichsarbeitsblattes durchzuſehen. Ich will, um die Verhandlungen nicht noch länger aufzuhalten (Bravo!) — nicht lediglich zur Belehrung des Herrn Kollegen Stadthagen länger aufzuhalten —, die betreffenden Stellen nicht vorleſen; die anderen Herren werden wiſſen, daß tatſächlich die Arbeitsloſigkeit — Sie nennen ſie nicht kritiſch, Sie nennen ſie ernſt jedenfalls ernſt und groß iſt, eben auch gerade in der Metallinduſtrie. 27 Nun, meine Herren, ich will damit ſchließen. (Bravo!) Ich möchte nur noch ſagen, daß wir auch über den Eventualantrag, ſtatt „ob“ zu ſetzen „in welcher Weiſe“, die namentliche Abſtimmung beantragen. Wir haben dies vorher nicht beantragt, weil ja der Antrag überhaupt nur eventuell zur Abſtimmung kommen kann, wenn nämlich der andere abgelehnt wird. Wir meinen, daß gerade nach den Ausfüh⸗ rungen des Herrn Kollegen Stadthagen ein ſehr großer Teil der Herren, die anfangs noch zweifelhaft waren, ob ſie für unſer zweites Amendement ſtimmen ſollen, nunmehr dafür ſtimmen werden, wobei ich allerdings der Hoffnung Ausdruck geben