—— 100 — weil es mir nur telephoniſch mitgeteilt worden iſt —: wenn ein Naturaliſationsgeſuch eingeht, ſo wird in Berlin der Stadtverordnetenverſammlung mitgeteilt: Herr N. N. von da und da hat ſein Naturaliſationsgeſuch eingereicht, das Geſuch iſt ausgelegt, — ſodaß die Stadtverordnetenverſamm⸗ lung in der Lage iſt, zu prüfen, ob das Geſuch be⸗ gründet iſt oder nicht, und Erklärungen abzugeben. Ich meine, wir können die Sache nicht ſo erledigen. Ich behalte mir alle meine Erklärungen für den Ausſchuß vor; ich wollte nur jetzt ſchon ankündigen, wie ich zurzeit zur Sache ſtehe. Stadtrat Seydel: Meine Herren, auch ich be⸗ halte mir ſelbſtverſtändlich die weſentlichen Er⸗ klärungen für den Ausſchuß vor. Ich möchte nur heute Herrn Stadtverordneten Holz erwidern: wir halten die Angelegenheit der Einbürgerungsgeſuche für eine große Lappalie und hielten es deshalb nicht für erforderlich, weiterhin den großen Mechanismus des Magiſtrats und der Stadtverordnetenverſamm⸗ lung in Gang zu ſetzen, um dieſe kleinen, wirklich herzlich unbedeutenden Sachen zu erledigen; wir haben die Vorlage aber auch deshalb gemacht, um den Wünſchen der Petenten nachzukommen, mög⸗ lichſt ſchnell die Erledigung ihrer Geſuche zu er⸗ langen. In den Stadtverordnetenferien dauert die Erledigung oft 3 Monate, während die Leute vielfach aus triftigen Gründen Gewicht darauf legen, ſo bald als irgend möglich ihre Geſuche ge⸗ nehmigt zu erhalten. Weil wir ſelbſt unſerer Mit⸗ wirkung bei den Einbürgerungsgeſuchen ſo ſehr wenig Gewicht beimeſſen, glaubten wir, daß die Stadtverordnetenverſammlung; ohne Sang und Klang dieſe große Kleinigkeit aus der Hand geben würde. Wenn wir auf Widerſtand im Ausſchuß ſtoßen ſollten, werden wir wahrſcheinlich der Ver⸗ ſammlung ſogar die Mitwirkung belaſſen; ſo wichtig iſt die Sache nicht. Wir wollten nur eine Geſchäfts⸗ erleichterung herbeiführen. Vorſteher Kaufmann: Den folgenden Herren Rednern iſt bekannt, daß ein Ausſchuß beantragt worden iſt. Stadtv. Bollmann: Ich bin ganz der Anſicht des Herrn Kollegen Holz und kann als Mitglied des Wahlausſchuſſes nur beſtätigen, daß wir gerade die Einbürgerungsgeſuche mit beſonderer Liebe be⸗ handelt haben. Es iſt jedenfalls ganz gut, daß die Stadtverordnetenverſammlung mitzuſprechen hat. Ich würde, trotz der angeführten juriſtiſchen Gründe, ein bisheriges Recht nicht ohne weiteres aufgeben. Es iſt beſonders betont, daß verſchiedene Antragſteller ſich beſchwert hätten, da die Natu⸗ raliſationen ſo lange dauern. Das liegt nich t nicht am Magiſtrat, noch an der Stadt verordneten verſammlung, ſondern ganz wo anders, wie mir berichtet worden iſt, an den Miniſterien, dem Polizeipräſidium uſw. Ich bin entſchieden dagegen, daß die Stadtver⸗ ordnetenverſammlung ein auch nur vermeintliches Recht aufgibt. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt die Einſetzung eines Aus⸗ ſchuſſes von 11 Mitgliedern und wählt zu Ausſchuß⸗ mitgliedern die Stadtverordneten Dr. Borchardt, Dr. Crüger, Dr. Flatau, Holz, Jachmann, Dr. v. Liszt, Meyer, Otto, Protze, Stein und Wilt.) Stadtv. Dr. Borchardt (zur Geſchäftsord⸗ nung): Ich wollte Widerſpruch erheben — ich weiß nicht, ob das jetzt noch zuläſſig iſt; die Sache ging ſo ſchnell, daß ich nicht Widerſpruch erheben konnte — gegen meine Wahl. An Stelle des Dr. Borchardt ſollte Scharnberg cſet ewen Vorſteher Kaufmann: Das können Sie jeder⸗ zeit beantragen. Wenn ich keinen Widerſpruch höre, konſtatiere ich, daß die Verſammlung damit einverſtanden iſt, daß an Stelle des Herrn Dr. Bor⸗ chardt Herr Scharnberg in den Ausſchuß eintritt. (Zuſtimmung.) Nunmehr ſchließe ich die öffentliche Sitzung. (Schluß der Sitzung 11 Uhr 35 Minuten.) Druc bon Adolf Gerg, G. m. ö. §., Charlotenburg.