Profeſſor Albrecht und Profeſſor Franke. Ich glaube, die Namen ſagen genug, um zu beweiſen, daß wir es hier mit einem Verein zu tun haben, der tat⸗ ſächlich gemeinnützig, unparteiiſch und unpolitiſch ſeines Amtes waltet. Nun liegt mir Material vor über die Tätigkeit dieſes Vereins vom April 1907 bis Januar 1908 einſchließlich, Material, das von ſeinen Rechtsaus⸗ kunftsſtellen herſtammt, die ich eben genannt habe. In dieſer Zeit ſind 8561 Auskünfte erteilt, und davon entfallen 6554 Auskünfte an Arbeitnehmer. Nun iſt es von beſonderem Intereſſe, zu erfahren, auf welche verſchiedenen Kategorien ſich dieſe Aus⸗ künfte bezogen haben. Da finden wir 1692 Arbeits⸗ ſtreitigkeiten, 942 Sachen des Familienrechts, 2078 Sachen des Zivilrechts — und, meine Herren, da komme ich auf das zurück, was ich einleitend hier bereits bemerkte, daß offenbar die Tätigkeit dieſer unentgeltlichen Rechtsberatungsſtelle eine nicht unweſentliche Verſchiebung erfahren hat. Während man früher der Meinung war, daß es ſich im weſentlichen nur um die Angelegenheiten der Arbeiterfürſorge handeln wird, zeigt es ſich, daß auch das Privatrecht, das Zivilrecht eine ganz bedeutende Rolle in der Erteilung der Auskunft einnimmt. Wenn wir die Ergebniſſe des Gemein⸗ nützigen Vereins für Rechtsauskunft in Groß⸗Berlin mit denen einer Enquete vergleichen, die im Reichs⸗ arbeitsblatt im Jahre 1907 Heft 9 und 10 bekannt bekannt gegeben iſt, ſo ſtimmen ſie vollkommen überein: auch bei den ſonſtigen Rechtsauskunfts⸗ ſtellen hat man die gleiche Beobachtung gemacht, daß ſie von dem minderbegüterten Publikum vor allen Dingen auch auf zivilrechtlichem Gebiete in Anſpruch genommen werden. Meine Herren, ich glaube, daß gerade auch die Juriſten mir darin vollkommen beiſtimmen werden, wenn ich behaupte, daß eine Rechtsaus⸗ kunft, eine unbeteiligte, rein gemeinützige Rechts⸗ auskunft auch über Fragen des Privatrechts doch ganz gewiß mehr und mehr dringendes Bedürfnis für die minderbegüterten Kreiſe werden wird, die nun einmal nach ihrer ganzen Vermögensver⸗ faſſung doch nicht in der Lage ſind, ſich an einen Rechtsanwalt zu wenden, die eine objektive Aus⸗ kunft dringend nötig haben, für die ſich aber heute keine Stelle findet. Der Herr Oberbürgermeiſter würde ſagen: das iſt eine Angelegenheit der Rechts⸗ pflege, der Juſtiz, die hat dafür Sorge zu tragen. Nun, wenn wir uns aber einmal klar darüber werden, daß die Juſtizverwaltung das nicht tut und ihre Organiſationen dahin nicht ausbaut, ſo, glaube ich, werden wir in Charlottenburg, während in anderen Großſtädten die Rechtsauskunftsſtellen dem Dienſte der Bevölkerung zur Verfügung geſtellt werden, auch nicht ſäumig ſein wollen und —5 Sache im Intereſſe der Bevölkerung näher reten. Ich habe vorhin bereits die Frage aufgeworfen: woher bekommt die Bevölkerung heute Auskunft? und ich habe da die Rechtsanwälte erwähnt. Es kämen neben den Rechtsanwälten die Volksanwälte in Betracht, und gerade für die Kreiſe, für die die gemeinnützige Rechtsauslunftsſtelle geſchaffen wer⸗ den ſoll. Nun, ich glaube nicht, daß von irgend einer Seite ein Bedenken dagegen geäußert werden wird, dieſen Volksanwälten Konkurrenz zu machen, ſon⸗ dern daß man im Gegenteil gerade durchaus be⸗ ſtrebt ſein wird, alle die Organiſationen zu ſtützen, die geeignet ſind, die minderbegüterte Bevölkerung 105 aus dem Banne jener Winkelanwälte und Volks⸗ anwälte zu befreien. Meine Herren, die Gewerbegerichte, die Ar⸗ beiterſekretariate kämen in Betracht. Nun, die Gewerbegerichte doch immer nur in einem gewiſſen Bannkreis ihrer Tätigkeit. Arbeiterſekretariate — ganz gewiß; aber ohne irgend einem Arbeiter⸗ ſekretariat zu nahe zu treten, ob es von den Gewerk⸗ ſchaften herrührt oder von den Hirſch⸗Dunckerſchen Gewerkvereinen, der politiſche Anſtrich läßt ſich nicht ganz vermeiden. Oder ich will vielmehr ſo ſagen: jeder wird nach ſeiner politiſchen Richtung ſchon zu dem Arbeiterſekretariat ſich hinbegeben, das ihm politiſch am nächſten liegt. Ich bin aber auch der Meinung, daß die Arbeiterſekretariate in ſolchen Einrichtungen der Kommune keine Konkurrenz erblicken werden, und es iſt mir auch nicht ein einziger Fall bekannt, daß von einem Arbeiterſekretariat Proteſt dagegen erhoben worden iſt, daß die Kommunen ſich der Angelegenheit annehmen. In welchem Umfange tatſächlich die Arbeiterſekretariate von der Bevölkerung in An⸗ ſpruch genommen werden, dafür nur eine Zahl: von dem gewerkſchaftlichen Arbeiterſekrtariate ſind in der Zeit von 20 Jahren an 365132 Perſonen Auskünfte erteilt. Ich glaube, daß dieſe Zahl das dringende Bedürfnis für eine ſolche Rechtsaus⸗ kunftsſtelle beweiſt, wenn nicht ſchon das Bedürfnis nachgewieſen wäre durch alle die übrigen Zahlen, die ich hier vorgebracht habe. Meine Herren, ich glaube, daß ich mich zu⸗ nächſt auf dieſe Begründung des Antrages be⸗ ſchränken kann. Ich möchte nur zum Schluß noch⸗ mals darauf aufmerkſam machen, daß ich glaube, durch die ganze Faſſung des Antrages, durch den Hinweis darauf, daß die Kommune nicht als ſolche eine Rechtsauskunftsſtelle einrichten ſoll, ſondern ſich mit dem Gemeinnützigen Verein für Rechts⸗ auskunft in Groß⸗Berlin in Verbindung zu ſetzen hat und dieſem Gemeinnützigen Verein eine Sub⸗ vention von 3000 ℳ. zur Verfügung ſtellt, allen den Einwendungen entgegengetreten zu ſein, die aus der Erwägung herrühren, daß die Kommune ſich hier mit Angelegenheiten befaßt, die an und für ſich ihrer Tätigteit ziemlich fern liegen. Meine Herren, allerdings, wir haben weder in der Städte⸗ ordnung noch ſonſt irgend eine Beſtimmung, die der Kommune die unentgeltliche Ratserteilung oder Rechtsauskunft zur Pflicht macht; aber auch nach manchen anderen Richtungen hin ſind wir ja ſchon vorgegangen und tätig geweſen, ohne daß die Städteordnung uns dazu zwingt oder auch nur die Anregung gibt. Ich glaube, daß, wenn der Weg beſchritten wird, der hier mit dem Antrage gezeigt wird, wir uns dann vollkommen in dem Rahmen halten, den wir uns gegenüber allen gemeinnützigen Beſtrebungen bisher geſteckt haben. Wir wollen, ſolange die gemeinnützige Arbeit auf einem Gebiete ſich betätigt, als Kommune nicht hineingreifen, ſondern die Aufgaben ruhig von dem gemeinnützigen Verein erfüllen laſſen; aber wir haben als Kommune auch die Verpflichtung gefühlt, ſoweit es in unſern Kräften ſteht, helfend beizuſpringen: ſo bei der Säuglingsſterblichkeit und bei ſo und ſo vielen anderen Vereinen. Den Weg ſollten wir auch hier beſchreiten; es werden dann alle die Bedenken fortfallen, die der Herr Oberbürgermeiſter hier geltend gemacht hat; es wird keine Verantwortung für die Stadt entſtehen. Und im übrigen braucht die Stadt keineswegs ganz