Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten und bei der Ausführung der Beſchlüſſe in allen Angelegenheiten entzogen iſt. Es hat alſo die Stadtverordnetenverſammlung auch nach der Anſicht des Oberverwaltungsgerichts eine Berechtigung, direkt oder indirekt bei allen Hand⸗ lungen, alſo auch bei den Fragen der Naturaliſation, mitzuwirken. Meine Herren, von dieſer Rechts⸗ auffaſſung ausgehend, bitte ich Sie, die Geſchichte zu verfolgen. Wir haben eine Geſchäftsordnung für die Stadtverordnetenverſammlung. Die Geſchäftsord⸗ nung ſchreibt in § 30 vor: „Dem Wahlausſchuß ſind diejenigen Vorlagen zur Vorberatung und Begut⸗ achtung zu übergeben, welche“ —, und dann kommt unter C: „Geſuche von Ausländern um Aufnahme in den preußiſchen Staatsverband mit Begründung eines Wohnſitzes in Charlottenburg (Naturaliſation).“ Ferner iſt in § 10 der Geſchäftsordnung noch einmal darauf verwieſen, daß derartige Verhand⸗ lungen in geheimer Sitzung ſtattzufinden haben. Meine Herren, es iſt im Ausſchuſſe, wie Herr Kollege Crüger hervorgehoben hat, von einem Mit⸗ gliede, das ſeit Jahren im Wahlausſchuſſe tätig iſt, darauf hingewieſen worden, daß die Möglichkeit nicht ausgeſchloſſen iſt, daß der Wahlausſchuß bzw. die Stadtverordnetenverſammlung, die hinter ihm ſteht, auf eine Naturaliſation wohltätig einwirken kann. Das Mitglied hat einen Fall ſpeziell erwähnt, in welchem bei einer Naturaliſation durch die Ein⸗ wirkung des Wahlausſchuſſes der Magiſtrat ver⸗ anlaßt worden iſt, eine andere Erklärung abzugeben, als er urſprünglich abgeben wollte. Wenn eine derartige Tatſache feſtſteht, wenn feſtſteht, daß die Tätigteit der Stadtverordnetenverſammlung — — (Unruhe. Glocke des Vorſtehers.) Vorſteher Kaufmann: Ich muß die Verſamm⸗ lung wiederholt bitten, die Privatgeſpräche außer⸗ halb des Sitzungsſaales zu halten. Stadtv. Holz (fortfahrend): Meine Herren, ich ſage, wenn feſtſteht, daß die Tätigteit der Stadtverord⸗ netenverſammlung auch auf dieſem Gebiete nur mög⸗ licherweiſe wohltuend wirken kann, ſo ſehe ich nicht die geringſte Veranlaſſung, weshalb wir an einem beſtehenden Zuſtande rütteln ſollen. Wir haben uns nicht beſchwert, und es kommt plötzlich die Vorlage; der Magiſtrat will uns, wie uns mit⸗ geteilt iſt, von einer Laſt erleichtern. Wenn wir erklären: wir wollen dieſe Erleichterung nicht, ſo, glaube ich, kann der Magiſtrat es ruhig bei dem beſtehenden Zuſtande bewenden laſſen. Es iſt in der Vorlage auf Berlin hingewieſen worden. Die Mitteilung in der Vorlage iſt nicht richtig; ſie muß auf falſcher Information beruhen. Mir iſt heute von einem angeſehenen Mitgliede der Stadtverordnetenverſammlung in Berlin ein Brief zugeſtellt worden, aus welchem hervorgeht, daß die Stadtverordnetenverſammlung von An⸗ fang bis zu Ende bei jeder Naturaliſation tätig iſt. Ich will den Brief nicht wörtlich verleſen; es heißt an einer Stelle: Die Naturaliſationsgeſuche werden bei uns aus allgemeinem Rechtsſatz her als gemein⸗ ſchaftliche Verwaltungsangelegenheiten an⸗ geſehen, welche die Stadtverordnetenver⸗ ſammlung dem Magiſtrat allein zu überlaſſen im Intereſſe der Bürgerſchaft nicht für zweck⸗ mäßig erachtet. 113 — Meine Herren, ich hatte bei der erſten Beratung der Sache trotz des größten Vertrauens, das ich gewiß zu unſerem gegenwärtigen Magiſtrat habe, darauf hingewieſen, daß doch immerhin die Mög⸗ lichkeit beſtehen kann, daß ſpäterhin einmal der Magiſtrat nicht aus ſolchen objektiven und gerechten Erwägungen heraus, wie wir ſie immer an ihm gewohnt waren, ſeine Beſchlüſſe faßt. Warum ſoll dann die Stadtverordnetenverſammlung aus⸗ geſchaltet werden? Dazu liegt doch nicht die ge⸗ ringſte Veranlaſſung vor. Und wenn in einer Ver⸗ waltung wie Berlin, die viel umfangreicher iſt als die unſrige, es bei dem beſtehenden Zuſtande be⸗ wendet, wenn die Stadtverordnetenverſammlung nicht ausgeſchaltet worden iſt, ſo würde ich bitten, es auch bei uns dabei bewenden zu laſſen. In der Vorlage war als beſonderer Grund her⸗ vorgehoben worden, daß dadurch, daß die Stadtver⸗ ordnetenverſammlung in den Ferien die Angelegen⸗ heit nicht beraten könnte, für den Betreffenden eine Verzögerung entſtehen würde. Meine Herren, ich bin in der Lage, aus meiner Praxis als Rechts⸗ anwalt Ihnen mitzuteilen, daß dieſe Behauptung nicht zutrifft. Ich habe wiederholt bei Naturali⸗ ſationsgeſuchen die Erfahrung gemacht, daß die Verzögerung nicht bei der Stadtverwaltung liegt, ſondern bei der Regierung. Ich habe eben ein Naturaliſationsgeſuch in Bearbeitung von einem ſehr angeſehenen, ſehr hervorragenden Gelehrten ſogar. Dieſes Geſuch beſchäftigt die Behörde be⸗ reits ſeit mindeſtens 9 Monaten. Es iſt längſt aus der Stadt Berlin heraus. Woran das liegt, weiß ich nicht. Jedenfalls iſt das aber ein Beweis dafür, daß jedenfalls die Tätigkeit der Stadtverordneten⸗ verſammlung gar nicht oder äußerſt ſelten hem⸗ mend wirken kann. Nun will ich nicht ſo weit gehen, etwa den Kon⸗ fliktparagraphen, § 36 der Städteordnung, herauf⸗ zubeſchwören. Ich ſtehe mich perſönlich mit dem Magiſtrat ſo gut, daß ich keine Veranlaſſung habe, hier von Konflikten zu reden. Aber wozu wollen wir eine ſolche Sache übers Knie brechen? Ich ſtelle daher den Antrag, die Vorlage in den Aus⸗ ſchuß zurückzuverweiſen. Der bisherige Ausſchuß beſtand aus 9 Mitgliedern, von denen nur 6 zu⸗ letzt anweſend waren. Ich weiß nicht, wie die Ab⸗ ſtimmung ausgefallen iſt; ich glaube, es waren 4 gegen 2 oder 3 gegen 3 Stimmen. Sollen wir dem Beſchluſſe einer ſolchen Zufallsmajorität hier folgen? (Stadtv. Dr Crüger: 5 gegen 1 Stimme!) Ohne eine ausführliche Rechtsbelehrung, ohne Material zu haben, wie ich es verlangt habe? Ich hatte den Vertreter des Magiſtrats erſucht, uns Material zu verſchaffen durch Befragung der ein⸗ zelnen Stadtverwaltungen, beſonders von Berlin, um authentiſch nachzuweiſen, ob die Sache in Berlin ſo gehandhabt wird, wie es die Vorlage darſtellt. Ich ſtelle deshalb formell den Antrag, die Sache noch einmal in den Ausſchuß zurückzu⸗ verweiſen, und ich meine, wir können uns dieſem Antrag fügen. (Bravo!) (Die Beratung wird geſchloſſen.) Berichterſtatter Stadtv. Dr Erüger (Schluß⸗ wort): Ich möchte nur feſtſtellen, meine Herren, daß im Ausſchuſſe nicht durch eine Zufallsmehr⸗ heit dieſer Beſchluß gefaßt worden iſt. Wenn es