T e, 134 Armenverwaltung in die Anſtalten geſchickt. Das hat große Nachteile zur Folge. Ich weiß das aus meinen Erfahrungen in der Armenverwaltung und auch ſonſt. Es ſind eine ganze Menge von Leuten bei mir geweſen, die mir geklagt haben: „Ich bin um Überweiſung in eine Lungenheil⸗ 46 eingekommen, ich habe ſo lange Karten ge⸗ lebt, es iſt alles in Ordnung, und jetzt kriege ich die Mitteilung, daß ich entſendet werden ſoll von der Armenverwaltung! Lieber ſterbe ich, als daß ich das tue! Von der Armenverwaltung laſſe ich mich nicht hinſchicken, da verliere ich ja das Wahl⸗ recht!“ Ich habe Mühe gehabt, den Leuten klar zu machen, daß ſie dadurch das Wahlrecht nicht verlieren; die Gemeinde Charlottenburg iſt weit⸗ herzig genug, ſolchen Leuten das Wahlrecht zu laſſen. Aber das können wir uns nicht verhehlen: wenn ſich irgendein Mitbürger findet, der einmal in einem Falle die Klage beim Oberverwaltungs⸗ gericht einreicht, dann iſt 1000 gegen 1 zu wetten, daß das Oberverwaltungsgericht dann auch uns gegenüber ſo entſcheiden wird, wie es andern Städten gegenüber getan hat, nämlich daß das als Armenunterſtützung anzuſehen iſt. Die Folge iſt dann, daß die Maßnahmen, namentlich auf dem Gebiete der Lungenfürſorge, völlig illu⸗ ſoriſch gemacht werden. Hier muß eine Anderung Platz greifen. Das Beſte wäre, man ſtellt beſtimmte Fonds zur Verfügung, wie ja auch der Reichs⸗ kanzler einmal angeregt hat, und man ſorgt dafür, daß die Überweiſung, ſoweit es ſich nicht um wirk⸗ liche Arme handelt, die überhaupt bereits der Armenverwaltung zur Laſt gefallen ſind, durch eine andere Deputation, vielleicht durch die Ge⸗ ſundheitsdeputation, erfolgt. Ich behalte mir vor, dieſe Frage noch einmal anzuregen, und hoffe, daß alle Mitglieder der Verſammlung ſich einer ſolchen Anregung geneigt zeigen. Aber, meine Herren, noch eins dürfen wir nicht vergeſſen: daß alle Bemühungen auf dem Gebiete der Lungenfürſorge, ſo teures Geld ſie uns auch koſten, fruchtlos bleiben werden, ſolange nicht Hand in Hand damit eine vernünftige Wohnungs⸗ fürſorge geht. (Sehr richtig!) Da muß ich auf das lebhafteſte bedauern, daß der Magiſtrat, wie aus der Vorlage vom Dezember hervorgeht, ſich gezwungen geſehen hat, vor den hausagrariſchen Beſtrebungen zu kapitulieren. Wer die uns vor langen Jahren — ich glaube, vor §Jahren — zugegangene Magiſtratsvorlage über die Be⸗ ſchaffung von Wohnungen für die Minderbemittel⸗ ten durchgeleſen hat, wer ſich der Debatten darüber erinnert, und wer nun die Magiſtratsmitteilung lieſt, daß auf dieſem Gebiete alles der Privattätig⸗ keit überlaſſen werden ſoll — ich glaube, ſo ähnlich heißt es —, der wird ein Bedauern darüber nicht unterdrücken können, daß dieſe Beſtrebungen ſo allmählich eingeſchlafen ſind. Wir haben allerdings eine Deputation zur Erörterung der Frage der Beſchaffung von Wohnungen; aber die Depu⸗ tation ſteht nur auf dem Papier; ich bin ja Mitglied — ich weiß nicht, wie lange ich nicht zur Sitzung eingeladen bin. Wenn mir die Tätigkeit in jeder Deputation ſo wenig Arbeit verurſachte, nun, da könnte man gleich 100 Deputationen und noch mehr angehören. 5 Allerdings ſtellt uns ja der Magiſtrat ein Vorlage betr. Errichtung eines Wo hnungs⸗ amtes in Ausſicht. Ja, meine Herren, das mag ſehr ſchön ſein; wir billigen es durchaus, daß an eine ſolche Einrichtung gedacht wird; aber wir dürfen doch nicht vergeſſen, daß ein Wohnungs⸗ ami an ſich doch eigentlich gar nichts bedeutet. Ein Wohnungsamt, eine Wohnungsinſpektion und ein Wohnungsnachweis haben doch nur dann eine Bedeutung, wenn Hand in Hand damit auch poſitive Maßnah men zur Förderung des Wohnungsbaues gehen, und daß das not⸗ wendig iſt, das geht aus den Verwaltungsberichten des Magiſtrats hervor. In jedem Jahre finden Sie in dem Bericht der Armenverwaltung ein Klagelied darüber, daß die Wohnungspreiſe in Charlottenburg noch eine beträchtliche Höhe haben, und auch aus dem letzten Bericht, der Ihnen vor wenigen Tagen zugeſtellt iſt, klingt die gleiche Klage hindurch. Da heißt es: Die Preiſe für Armenwohnungen haben nicht nachgelaſſen, ſondern im Gegenteil, ſie haben zum Teil weitere Erhöhungen gegen das Vorjahr erfahren. Es heißt dann weiter: Naturgemäßgzwingen Mietspreiſe in dieſerHöhe kinderreiche Familien, ſich dauernd mit dem geringſten noch möglichen Raum zu begnügen. Ich hielt es für notwendig, wieder darauf hinzu⸗ weiſen, weil leider die Wohnungsfrage bei uns in Charlottenburg ſo gut wie eingeſchlafen iſt, und ich möchte dringend bitten, daß der Magiſtrat mit einer neuen Vorlage kommt, vielleicht mit einer Vorlage, die ſich auf demſelben Boden bewegt wie die Vorlage, die er uns vor § Jahren unter⸗ breitet hat. Ich gebe mich der Hoffnung hin, daß der Vorlage diesmal ein beſſeres Geſchick be⸗ ſchieden ſein wird. Nun noch ein Wort über die Koſten der Polizeiverwalt un g. Es iſt ja bereits von verſchiedenen Rednern darauf hingewieſen, daß uns in Zukunft aus der Polizeiverwaltung höhere Koſten erwachſen werden. Auch die Un⸗ ſicherheit in den Straßen Charlottenburgs iſt er⸗ wähnt worden, und ich halte mich für verpflichtet, dem Wunſche der Oberin unſeres Bürgerhauſes Ausdruck zu geben, die in einer ziemlich entlegenen Gegend wohnt. Sie wiſſen ja, daß das Bürgerhaus ziemlich abgelegen iſt, in der Sophie⸗Charlotten⸗ Straße. Ich war in meiner Eigenſchaft als Haus⸗ kommiſſar dort, und da klagte mir die Oberin ihr Leid, daß überhaupt in jener Straße Polizei⸗ beamte ſo gut wie gar nicht zu ſehen ſind. Ihrer Tochter iſt es paſſiert, als ſie eines Abends nach 12 Uhr von einer Konzertvrobe nach Hauſe kam, daß ſie dort überfallen, zu Boden geworfen und ſchwer verletzt wurde, (Hört, hört!) und trotz energiſcher Hilferufe war es ihr nicht möglich, polizeilichen Schutz zu erlangen. In⸗ folge dieſes Vorfalls hat der Arzt des Bürger⸗ hauſes eine Eingabe an die Polizeiverwaltung gemacht, und es ſollen jetzt auch am Tage ein oder zwei Schutzleute dort vatrouillieren. Ich mache beſonders darauf aufmerkſam, daß ſich dieſer Vorfall zugetragen hat an einem Tage, wo ſonſt gar nichts los war, wo weder ein patriotiſches Feſt gefeiert wurde (Heiterkeit) noch auch eine Wahlrechtsdemonſtration ſtattfand. Selbſt nicht an ſolchen Tagen verfügt die Char⸗ lottenburger Polizei über genügend Schutzleute, um für ausreichenden Schutz des Publikums zu