das Gerüſt auf der einen Seite der Brücke zuſammen⸗ geſtürzt iſt, das andere Gerüſt, das ihm gegenüber ſtand, ſich ſehr bedeutend nach der Seite geneigt hat, ſodaß ein Gerüſt vollſtändig abgetragen, das andere durch Seile geſteift werden mußte. Nun iſt es ja einem glücklichen Umſtande zit verdanken geweſen, daß zu jener Zeit an jener Stelle irgend⸗ ein beſonderer Perſonenverkehr nicht ſtattgehabt hat, daß irgend jemand dabei nicht verletzt worden iſt, was um ſo leichter hätte paſſieren können, als das Gerüſt über einer Stelle zuſammengebrochen iſt, die die einzige Perſonenpaſſage für die Brücke zu jener Zeit bedeutete. . 0 Es iſt ſelbſtverſtändlich leicht, über ein vorge⸗ kommenes Unglück nachher Betrachtungen anzu⸗ ſtellen, wie ihm hätte vorgebeugt werden können. Das ſoll nichtlmeine Aufgabe ſein. Ferner wiſſen wir ja auch, daß der Magiſtrat als ſolcher nicht der direkte Bauausführende geweſen iſt, ſondern daß der Aufbau des Gerüſtes einer Firma übertragen wurde, das heißt, derſelben in zweiter Linie wieder von jener Firma übertragen wurde, die die Bild⸗ hauerarbeiten auf der Brücke auszuführen über⸗ nommen hatte. Was mich und meine Freunde in erſter Linie zu der Stellung der Frage veranlaßte, iſt der Umſtand, daß der Magiſtrat als der eigentliche Bauherr auch für derartige Vorkommniſſe gegen⸗ über der Offentlichkeit in letzter Linie die Ver⸗ antwortung zu tragen hat. Hinzu kommt noch, daß ſich an jenen Vorfall in der Preſſe verſchiedene Außerungen geknüpft hatten, die ohne weiteres dem Magiſtrat einen Teil der Schuld, wenn nicht die ganze Schuld, an jenem Vorfall zugeſchoben haben. Unſere Anfrage bezweckt weniger, auf den Vorfall ſelbſt einzugehen, als feſtzuſtellen und vom Magiſtrat hier an öffentlicher Stelle zu hören, in welcher Weiſe derartigen Vorkommniſſen in Zukunft vorgebeugt werden könnte. Stadtbaurat Bredtſchneider: Zur Beant⸗ wortung der geſtellten Frage muß ich auf den Vor⸗ gang ſelbſt eingehen. Wir haben die Herſtellung der künſtleriſchen Aufbauten auf der Eharlottenburger Brücke ver⸗ traglich der Iweltbekannten Firma Philipp Holz⸗ mann übertragen. , Die Firma Philipp Holzmann hat in dem Vertrage die Verpflichtung übernommen, die Gerüſte, welche für die Herſtellung der Tor⸗ aufbauten auf der Charlottenburger Brücke er⸗ forderlich ſind, zu beſorgen und auf ihre Koſten zu unterhalten. Die Firma Philipp Holzmann hatte ſich an einen Unternehmer gewandt und hat die Vorhaltung und Aufſtellung der Rüſtung dem Unter⸗ nehmer Jänicke in Wilmersdorf übertragen. Die Firma Jänicke iſt eine Spezialfirma für Gerüſt⸗ bauten und beſchäftigt ſich ausſchließlich mit der Aufſtellung ſolcher Gerüſte und mit dem Vorhalten derſelben für andere Firmen oder Verwaltungen. Die Firma Jänicke hat für ihren Gerüſtbau ein Patent erworben und ſtellt nach dieſem Patent ihre Rüſtungen her. Sie hat, wie ſich das gehört, für die Aufſtellung ihrer patentierten Rüſtungen die baupolizeiliche Genehmigung nachgeſucht, und zwar bereits im Jahre 1905, und ſie hat die baupolizei⸗ liche Genehmigung von dem Berliner Polizei⸗ präſidium erhalten, und zwar für den Bezirk der Polizeibehörde Berlin, wozu auch wir gehören. Die Genehmigung iſt ganz allgemein erteilt worden, das heißt: die Firma hat das Recht, ohne für jeden einzelnen Fall eine beſondere Genehmigung nach⸗ 136 zuſuchen, ihre Rüſtungen nach dem Patent an einer beliebigen Stelle aufzuführen. Sie iſt nur ver⸗ pflichtet, dem zuſtändigen Polizeirevier vorher Anzeige zu machen. Die Firma Jänicke hat ſeit dem Jahre 1905 viele Gerüſte an vielen Orten auf⸗ geſtellt; ein Unglücksfall ähnlicher Art iſt bisher meines Wiſſens noch nirgends eingetreten. Auch bei dem neuen Rathausbau in Berlin ſteht zurzeit das gleiche Gerüſt. Die Firma Jänicke hat der Firma Philipp Holzmann die allgemeine polizei⸗ liche Genehmigung übergeben, dies iſt uns, der Bauverwaltung, mitgeteilt worden, und es iſt der Nachweis geführt worden, daß der beabſichtigte Bau dem zuſtändigen Polizeirevier angemeldet worden iſt. Es war nunmehr unſererſeits gegen den Bau des Gerüſtes eine Einwendung nicht zu erheben. 2 Der Bau der Rüſtung iſt nach dem Patent ausgeführt worden und hat ſeit Auguſt 1907. an Ort und Stelle geſtanden. Er hat an dieſer Stelle alſo ſchon die Herbſtſtürme durchgemacht. Am 28. Januar, nachmittags 2¾ Uhr, ſtürzte eins von den zwei nebeneinander aufgeſtellten Gerüſten bei einem ſehr ſtarken Weſtſturm ein. Der Bau iſt in ganz kurzer Zeit, im Moment, umgeworfen worden, und zwar lediglich durch den koloſſalen Wind, nicht etwa dadurch, daß fehlerhaftes Holz oder ſonſtiges fehlerhaftes Material Verwendung gefunden hat oder mangelhafter Baugrund vorhanden geweſen iſt. Der Grund des Einſturzes kann nur in einem plötzlich außerordentlich ſtark wirkenden Windſtoß gefunden werden. Die Charlottenburger Brücke liegt ganz frei, dazu noch erhöht gegenüber den übrigen Teilen der Berliner Straße; der Sturm, der an jenem Tage wütete, hatte genau die Richtung der Berliner Straße, er fuhr alſo die Straße entlang und hat ſeine Macht auf dem Wege bis zu der Brücke vervielfacht und damit das Gerüſt zum Umſturz gebracht. Der Sturm iſt verhältnismäßig kräftig geweſen; immerhin hatte er noch nicht die Maximalſtärke, die ſonſt der allerſtärkſte Sturm erreicht. Nun fragt der Herr Frageſteller, welche Maß⸗ nahmen der Magiſtrat zu treffen gedenkt, um einer Wiederholung ſolcher Vorkommniſſe vorzubeugen. Meine Herren, nachdem wir mit dieſem Gerüſt die böſe Erfahrung gemacht haben, werden wir, das brauche ich nicht erſt beſonders zu verſichern, prinzi⸗ piell Abſtand davon nehmen, derartige Gerüſte, die nicht die nötige Stärke beſitzen, zu verwenden. Schön wäre es, wenn man den Bau ohne irgend⸗ welche Gerüſte herſtellen könnte. Das läßt ſich leider nicht machen. Die Gerüſte müſſen hergeſtellt werden, und zwar nicht eins, ſondern zwei; denn das eine war umgefallen und das andere haben wir abgebrochen, weil es infolge des Sturms ſehr wacklig geworden war. Wir haben bereits veranlaßt, daß uns Zeichnungen für die neuen Gerüſte vorgelegt werden. Wir werden dieſe auf ihre Stabilität rechneriſch gründlich nachprüfen und werden darauf halten, daß die Gerüſte überſtark gemacht werden, nicht nur ſo ſtart, daß ſie ſchon ganz allein in ihrer Konſtruktion dem ſtärkſten Sturm mit Sicherheit Widerſtand leiſten können, ſondern wir werden außer⸗ dem noch die Gerüſte mit Drahtſeilen und mit Holzſtreben nach allen möglichen Richtungen hin derartig verſichern, daß ſie nunmehr ſtandhalten werden, ſo lange ſie an Ort und Stelle werden ſtehen müſſen.