Reich wie in Preußen abwarten wolle, weil ſie allgemeine Grundſätze enthalten könnten, deren Beachtung für die Stadt wichtig oder vielleicht gar notwendig ſei, Er bemerkt weiter, für den Fall, daß dann die diesſeitige Beſoldungsvorlage bis zum 1. April dieſes Jahres nicht fertiggeſtellt wäre, würden die Teuerungsvorlagen weiter ge⸗ währt werden. Bis geſtern hätten meine Freunde ſich mit dieſer Antwort des Magiſtrats ohne wei⸗ teres einverſtanden erklärt. Nach den Vorgängen geſtern im Reichstage und nach den Vorgängen heute im Abgeordnetenhauſe wird, glaube ich, auch der Magiſtrat der Meinung ſein, daß nunmehr dieſe Antwort einer Reviſion unterzogen werden muß. Wir können nicht mehr darauf rechnen, daß die Beſoldungsvorlagen noch vor der Sommer⸗ pauſe verabſchiedet werden. Im Gegenteil, es wird der Oktober, der November herankommen, ehe ſie überhaupt eingebracht werden, und was dann aus der Beratung der Beſoldungsvorlagen werden wird, iſt noch gar nicht abzuſehen. Es iſt freilich im Reichstage geſagt worden man wolle der Beſoldungsvorlage rückwirkende Kraft vom 1. April 1908 ab geben, aber doch mit dem omi⸗ nöſen Zuſatze wenn eine den Bedürfniſſen des Reiches und der Bundesſtaaten genügende Reichsfinanzreform zuſtande käme. Demgegen⸗ über werden wir Stellung nehmen müſſen. Der Etatsausſchuß hat bis jetzt auf Grund eines beſonderen Beſchluſſes vermieden, ſich mit der Frage der Beſoldung und der Löhne überhaupt zu beſchäftigen in der Hoffnung, daß er es ſpäter auf Grund beſtimmter Staatsvorlagen noch tun könne. Dieſe Hoffnung iſt durch das Vorgehen im Reiche und in Preußen vorläufig eitel geworden, und es entſteht erſtens die Frage: wollen wir nun noch warten, ehe wir unſere neuen Beſoldungs⸗ pläne beraten, auf die Vorlagen, die das Reich und Preußen bringen? Die Frage iſt mit einem glat⸗ ten Nein nicht abgemacht. Denn wenn der Ma⸗ giſtrat in ſeiner Antwort ſagt: er will möglichſt einen Normaletat feſtſetzen, der 5 Jahre lang währen ſoll, — ſo bedeutet das, daß gründliche Arbeit gemacht werden muß, gründliche Arbeit nicht nur nach der materiellen, ſondern auch vor allem nach der formellen Seite hin. Nun, glaube ich, werden die Ordnungen, wenigſtens die⸗ jenigen, die von Preußen für die neuen Ober⸗ lehrer⸗ und Lehrergehälter getroffen werden, all⸗ gemeine Beſtimmungen in ſich ſchließen, die die Stadt nach irgendeiner Richtung binden, und es könnte ſehr leicht der Fall eintreten, entweder daß wir überhaupt unſere neuen Beſoldungs⸗ normen von den Aufſichtsbehörden nicht beſtätigt erhalten, oder aber daß wir für den unwahr⸗ ſcheinlichen Fall, daß wir ſie beſtätigt erhalten, ſie nach einem halben Jahr oder nach einem Jahr wieder umarbeiten müßten, (Sehr richtig!) weil ſie gewiſſen Vorſchriften materieller oder formeller Art nicht genügen. Es iſt anderſeits auch mißlich, etwa die Frage der Beſoldung un⸗ ſerer Kommunalbeamten und unſerer Arbeiter endgültig zu regeln, aber die Frage der endgültigen Regelung der Oberlehrer⸗ und Lehrergehälter auszuſcheiden und da die ſtaatlichen Vorlagen ab⸗ zuwarten. Die Frage muß eingehend geprüft werden, und es iſt nicht ganz leicht, zu einem End⸗ ergebnis zu kommen. Ich perſönlich neige nach der augen⸗ blicklicheu Beurteilung der Sachlage allerdings dazu, daß die Stadt doch am beſten tut, wenn ſie die ſtaatlichen Vorlagen abwartet. Wenn Sie ſich dazu entſchließen, meine Herren, dann iſt der Weg, wie er hier vom Magiſtrat, natürlich unter Würdigung der damaligen Verhältniſſe, vorge⸗ ſchlagen wurde, nicht mehr ausreichend, nämlich der Weg, nur die bisherigen Teuerungszulagen weiter zu gewähren. 1 (Sehr richtig!) Wir müſſen dann an die Frage der Teuerungs⸗ zulagen unter drei Geſichtspunkten herantreten: 1. müſſen wir nicht die Höchſtgrenze der Einkommen, bei denen überhaupt Teuerungszulagen gewährt werden, heraufſetzen? — 2. müſſen wir nicht die Teuerungszulagen, in denen jetzt bei einem Ein⸗ kommen von 3000 bis 4000 ℳ Unterſchiede gemacht werden, allen ohne Ausnahme gewähren? (Sehr richtig!) und 3. müſſen wir nicht die Teuerungszulagen an ſich ſelbſt erhöhen? Ich glaube, wenn wir dieſe drei Fragen gründlich prüfen und ſie wohlwollend erledigen, wird es möglich ſein, die ſtaatlichen Normen ab⸗ zuwarten, ohne daß unſere Beamten, Lehrer und Arbeiter in eine wirtſchaftliche Notlage geraten. Das muß unter allen Umſtänden vermieden werden. Ich brauche hier nicht zu wiederholen, daß die wirtſchaftliche Notlage zurzeit und gerade bei den minder beſoldeten Beamten eine außerordentlich große iſt; die Steigerung aller wirtſchaftlichen Be⸗ dürfniſſe ſcheint nicht nachzulaſſen, ſondern zuzu⸗ nehmen. Deshalb iſt es nötig, hier gründliche Hilfe zu ſchaffen und vor allen Dingen auch durch die Höhe der gewährten Teuerungszulage den Gedanken, es handle ſich hier etwa um eine Unter⸗ ſtützung, von vornherein zu beſeitigen, ihn gar nicht aufkommen zu laſſen. 2 (Sehr richtig!) Daß auch auf anderen Seiten eine Regelung der Frage nach dieſen Geſichtspunkten erörtert worden iſt, beweiſt Ihnen ja der nationalliberale Antrag, der im Abgeordnetenhaus eingebracht worden iſt, und der Teuerungszulagen vorſieht bei den oberen Beamten von 10 %, bei den mittleren Beamten von 12 % und bei den unteren Beamten von 15 %. Dieſer Antrag ſchließt — zu meiner großen Befriedigung kann ich es ſagen — die Herren Miniſter von der Gewährung der Teuerungszulagen aus. (Heiterkeit.) Die Herren Miniſter, — das wären wohl unſere Magiſtratsmitglieder, wenn wir ſtädtiſche Ver⸗ hältniſſe heranziehen ſollen. Ich glaube nicht, daß wir bei Gewährung der Teuerungszulagen ſo weit zu gehen brauchen, den Magiſtratsmitgliedern und den höheren Beamten ſolche Zulagen zu gewähren. Aber die Grenze von 4000 ℳ ſcheint mir zu niedrig. Wenn ſelbſt der preußiſche Finanzminiſter heute im Ab⸗ geordnetenhauſe erklärt hat, daß er den preußiſchen Beamten bis zu einem Einkommen von 4300 ℳ eine Teuerungszulage, und zwar in Höhe von 150 ℳ, gewähren will, ſo muß allerdings die Not ſchon hoch geſtiegen ſein, und es wird die Aufgabe der Kommune Charlottenburg ſein, auch in dieſer Beziehung den nicht gerade ſehr wohlwollenden und freigebigen Staat, zu übertreffen und damit ein wirtſchaftliches Bedürfnis, deſſen Notwendig⸗ keit von keiner Seite beſtritten wird, zu befriedigen. 7271 (Bravo!) 424217 T41 ½ 211