163 befinden, daß die Selbſthilfe alle Mißſtände im Leben am beſten beſeitigt (ſehr richtig!) und daß es falſch iſt, wenn man von Stadt wegen auf einem Gebiete eingreift, wo ſich die Selbſthilfe in erfreulicher Weiſe praktiſch erweiſt und ſich rege betätigt; und das iſt hier der Fall. Wir haben in den letzten Jahren, hervorgerufen durch die Mißſtände, die bei uns vorhanden ſind, Beſtre⸗ bungen auftauchen ſehen, die eine ausgezeichnete Wirkſamkeit auf dieſem Gebiete entfaltet haben. Ich bin der Anſicht, daß wir gar nicht ſo wirken können, wie dieſe Baugenoſſenſchaften und Bau⸗ vereine, die ſich ſelbſt helfen. „Hilf dir ſelbſt, dann hilft dir Gott!“ — das iſt ein Grundſatz, zu dem wir uns immer bekannt haben, und von dem wir auch hier nicht ablaſſen wollen. Was nun die Wohnungen betrifft, die dieſe Vereine, insbeſondere der Berliner Bau⸗ und Spar⸗Verein, bauen, ſo finde ich die, Herr Stadt⸗ verordneter Vogel, ausgezeichnet nach allen Rich⸗ tungen hin. Sie haben geradezu vorbildlich auf dem Gebiete des Wohnungsbaues für kleine Woh⸗ nungen gewirkt. Ich bin in den Häuſern geweſen und habe mir die Wohnungen angeſehen. Die Häuſer ſind mit Abſicht ſo gebaut, daß eben eine Durchlüftung ſtattfinden kann. Es mag ſein, daß einmal bei einem Beamtenwohnhauſe, wenn der Bauplatz gerade ſo geſchnitten iſt, das nicht über⸗ all möglich iſt. Nun, man kann nicht immer alles aufs beſte durchführen:; man muß ſich manchmal auch mit minder Gutem behelfen. Deshalb iſt hier minder Gutes noch nicht ſchlecht. Ich glaube, meine Herren, daß wir ganz mit Ihnen übereinſtimmen, wenn wir ſagen: wir wollen dieſer Entwicklung nicht vorgreifen, ſondern ſie ruhig ſich entfalten laſſen und nur da, wo es nötig iſt, ihr fördernd und helfend an die Seite treten. Stadtv. Dr Borchardt: Meine Herren, der Herr Oberbürgermeiſter hat, wie ich glaube, mit Recht betont, daß der Magiſtrat bei dieſer Frage ſich in Übereinſtimmung mit der Mehrheit dieſer Verſammlung befindet. Ich möchte bei dieſer Ge⸗ legenheit aber doch konſtatieren, daß gerade dieſe Übereinſtimmung nur dadurch erreicht iſt, daß der Magiſtrat ſeinen früheren Standpunkt — ich will ſagen, um kein anderes Wort zu gebrauchen, verlaſſen und vor den Einflüſſen, die auch die Mehrheit hier beherrſchen, kapituliert hat. Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Meine Herren, ich möchte doch bitten, an die Entwicklung der Dinge zu denken. Als wir damals den Stand⸗ punkt einnahmen, daß der Magiſtrat eingreifen ſollte, exiſtierten überhaupt keine Vereine, kein Bauverein, keine Baugenoſſenſchaft, die bei uns baute. Das hat ſich ſeit der Zeit aber völlig geändert. Wir haben Ihnen ja angeführt, was für eine große Anzahl von Wohnungen hier aus eigener Kraft ge⸗ baut wird. Da dieſe erfreuliche Wendung der Dinge eingetreten iſt, ſo haben wir geglaubt, ihr nicht entgegentreten oder ſie beeinflußen zu ſollen da⸗ durch, daß wir unſererſeits eingreifen. Wir freuen uns, daß die Bürger in gutem Sinne ſich aus eigener Kraft entwickeln. Borſteher⸗Stellv. Dr Hubatſch: Frage 8. — Frage 9. — Frage 10 iſt erledigt. — 11. — 12. — 13. — 14. Stadtv. Bollmann: Schon am 12. September 1906 hat der Magiſtrat die landespolizeiliche Ge⸗ nehmigung zur Errichtung eines Gemeindefried⸗ hofs nachgeſucht. Die Angelegenheit liegt nun endlich in den Händen des Herrn Kultusminiſters und des Herrn Polizeiminiſters. Meine Herren, wenn dieſe beteiligten Reſſortsminiſter zur Frage der konfeſſionellen oder interkonfeſſionellen Fried⸗ höfe den Standpunkt beibehalten, den ſie in dem bekannten Simmerner Kirchhofsſtreit eingenommen haben, ſo wird unſer Kommunalfriedhofsprojett nicht verwirklicht werden. Es iſt ja bekannt, daß die Berliner Stadtſynode gegen den Willen der beteiligten Gemeinden große Terrains — angeblich unter dem Druck der Regierung — zur Anlegung von evangeliſchen Sammel⸗ friedhöfen angekauft hat, und daß es für ſie — in Anbetracht ihrer ſchlechten Finanzen eine Lebensfrage iſt, daß neue Friedhöfe nicht angelegt werden, ſpeziellnicht von wohl⸗ habenden Kirchengemeinden oder Kommunen. Ich bin jedenfalls jetzt der feſten Ueberzeugung, daß Charlottenburg zur Anlegung eines Simultanfriedhofs die Genehmi⸗ gung nicht erhalten wird. Vielleicht wird man dem Magiſtrat ſogar ſeitens der Stadtſynode einen Teil des Stahns⸗ dorfer Terrains zur Anlage eines Friedhofs für die Beerdigung Andersgläubiger zur Ver⸗ fügung ſtellen. Bürgermeiſter Matting: Meine Herren, wenn ich der Entwicklung der Angelegenheit auch nicht mit großen Erwartungen entgegenſehe, ſo ſcheint mir doch der Peſſimismus, der eben aus den Worten des Herrn Stadtv. Bollmann ge⸗ klungen hat, unbegründet, und ich möchte nicht, daß die ſtädtiſchen Körperſchaften den Antrag, den ſie nach reiflicher Erwägung geſtellt haben, jetzt ſchon als abgetan betrachten. Ich möchte hier ausdrücklich betonen, daß der Magiſtrat ganz ent⸗ ſchieden den Standpunkt vertreten wird, daß wir einen eigenen Kommunalfriedhof haben wollen, (Sehr gut! und Bravo!) daß wir uns unter keinen Umſtänden durch den Einſpruch der Stadtſynode abweiſen laſſen werden. (Sehr richtig!) Es werden aller Wahrſcheinlichkeit nach, wenn ich recht informiert bin, in der nächſten Zeit kom⸗ miſſariſche Verhandlungen über dieſen unſern Antrag im Miniſterium des Innern ſtattfinden, und der Magiſtrat wird entſchieden den Standpunkt vertreten — und ich hoffe, in voller Überein⸗ ſtimmung mit der Stadtverordnetenverſammlung 1. %, wir einen kommunalen Friedhof haben wollen. (Bravo!) Stadtv. Bollmann: Ich bin ſehr erfreut, daß der Magiſtrat auf ſeinem Standpuntt ſtehen bleiben will. Es wird aber jetzt außerordentlich ſchwierig ſein, für Charlottenburg das Be d ür f⸗ nis nachzuweiſen, gerade aus dem Grunde, weil Terrains von der Stadtſynode angekauft worden ſind. Für die Kirche iſt das Beerdigungsweſen ein ſehr rentables Geſchäft. Sobald ihr das