—— 180 Stadtv. Dr. Penzig: Nur wenige Worte! Wenn man ein neues Fach einführen will, ſo findet man natürlich bei allen denen, die das Alte verteidigen, den größten Widerſtand. Ich geſtehe zu, daß es ſich um ein neues Fach handelt; denn ich bin ganz und gar nicht mit der Art und Weiſe einverſtanden, daß man nur gelegentlich im deut⸗ ſchen Unterricht, Mathematik⸗ und Geſchichts⸗ unterricht moraliſche Belehrungen erteilen ſollte. Es handelt ſich tatſächlich um einen ſyſtematiſchen, direkten Unterricht, der die jungen Leute in die ſittlichen Verhältniſſe unſeres ganzen Lebens ein⸗ führen ſoll. Ich kann aber dem Herrn Stadt⸗ ſchulrat erwidern, daß, wie die Verhältniſſe liegen, es ſich augenblicklich nicht darum handelt, in die obligatoriſche Fortbildungsſchule ein obligatoriſches neues Fach einzuführen, ſondern nur darum, fakultativ die Sache zu machen. Fakultativ würde ich die Sache um ſo lieber machen, weil mir um den Erfolg gar nicht bange iſt. Überall, wo in der Schweiz, in Amerika, in Deutſchland, in Belgien, in Holland dergleichen Unterweiſung bereits ſtatt⸗ gefunden hat, hat ſich gezeigt, daß dies einem ungeheuren Bedürfnis der jungen Leute entgegen⸗ kommt, daß die jungen Leute geradezu dahin ſtürmen, weil ſie vollſtändig ſchutz⸗ und führerlos in das Leben losgelaſſen worden ſind. Wenn nun der Herr Stadtſchulrat meinte, daß der Magiſtrat ſich von vorſichtigen Erwägungen habe leiten laſſen, unter anderen auch von der Er⸗ wägung, daß dann auch von der Seite der jetzigen Landtagsmehrheit und von kirchlicher Seite weitere Anforderungen an die Fortbildungsſchule erhoben werden könnten, ſo würdige ich dieſe Bedenken vollſtändig. Ich möchte nur, um die Befürchtungen nicht allzu groß anſchwellen zu laſſen, noch be⸗ tonen, daß ſich allerdings die Kirche in eine merk⸗ würdige Stellung begeben würde, wenn ſie für diejenigen Schüler, die bereits die Konfirmation hinter ſich haben, nun noch Religionsſtunden ein⸗ führen wollte. Die Kirche hat in unſeren Elemen⸗ tarſchulen bekanntlich 4 Stunden wöchentlich, bei 40 Schulwochen ſind das jährlich 160, bei 8 Schul⸗ jahren 1280 Religionsſtunden; wenn ſie in dieſen 1280 Religionsſtunden nicht dazu gekommen iſt, den jungen Leuten vom 6. bis 14. Lebensjahr einen Führer durchs Leben beizugeben, ſo weiß ich nicht, wie ſie es motivieren will, daß ſie bei den wenigen fakultativen Stunden, die für die Fortbildungsſchule noch verbleiben, dies nachholen könnte. Jedenfalls würde ſie ja die Konfirmation, durch die ſie die jungen Leute für reif fürs Leben erklärt hat, gewiſſermaßen annullieren. Es würde ſelbſtverſtändlich der Theologie und der Bureau⸗ kratie gelingen, ſich auch über dieſen direkten Widerſpruch irgendwie hinweg zu ſetzen. Ich möchte aber noch darauf aufmerkſam machen, daß die Fortbildungsſchulen dem Miniſterium für Han⸗ del und Gewerbe unterſtehen und nicht dem Kultus⸗ miniſterium; es müßte alſo auch da erſt wieder eine Anderung ſtattfinden. Jedenfalls bitte ich, daß die Herren die Sache durchaus im Auge behalten. Sie iſt wahrlich des Schweißes der Edlen und des ganzen Volkes wert. (Bravo!) Stadtſchulrat Dr. Neufert: Wenn ich Herrn Stadtv. Vogel richtig verſtanden habe, ſo haben ſich Lehrer unſerer obligatoriſchen Fort⸗ bildungsſchule an ihn gewandt mit einer Bitte, er möge für eine Beſchleunigung des Baues ſorgen Daraus hat der Herr Stadtverordnete dann den Schluß gezogen: es ſcheint im Magiſtrat etwas langſam in dieſer Sache vorwärts zu gehen. Darin, meine Herren, muß ich einen Vorwurf erblicken, und dieſen Vorwurf halte ich nicht für gerecht⸗ fertigt und muß ihn zurückweiſen. Es iſt, ſeitdem wir Mittel in der Anleihe vorgeſehen haben, wiederholt in der Deputation darüber verhandelt worden; es ſind gewiſſe Beſchlüſſe gefaßt worden, welche eine Unterlage für das neue Projekt bilden können; der neue Herr Baurat iſt wiederholt er⸗ ſucht worden, in dieſer Richtung zu arbeiten, und ich habe die Nachricht von ihm bekommen, daß das geſchieht. Es geht aber, da es ſich hier um ein ganz neues, umfangreiches Unternehmen handelt, nicht ſo ſchnell, wie Herr Stadtverordneter Vogel vielleicht denken mag. Ich bitte, doch unſerem Herrn Stadtbaurat ſo viel Zeit zu laſſen, daß er ein wirklich gutes Projekt vorlegt und nicht ein überhaſtetes. Selbſtverſtändlich haben wir den Wunſch, daß wir ſo ſchnell wie möglich ein eigenes Gebäude für die obligatoriſche Fortbildungsſchule bekommen, und nicht nur für dieſe, ſondern auch für die anderen Fortbildungsſchulen und erſt recht für die Gemeindeſchulen, wo wir im Rückſtande ſind. Aber wir müſſen doch mit den vorhandenen Kräften rechnen. Unſer Herr Stadtbaurat ver⸗ ſicherte mir wiederholt, daß es nicht möglich iſt, ſchneller zu arbeiten. Stadtv. Bogel 1: Einen Vorwurf habe ich dem Herrn Stadtſchulrat und dem Herrn Stadt⸗ baurat nicht machen wollen; denn ich weiß, wie lebhaft ſie ſich dafür intereſſieren. Aber es hängt nicht allein vom Herrn Stadtſchulrat und vom Herrn Stadtbaurat ab; es ſind auch noch andere Mitwirkende dabei — Kämmerer uſw. (Heiterkeit.) Ich bin eben von dem Rektor und den Lehrern erſucht worden, ich möchte es anregen, daß ſo 1 14 wie möglich ein eigenes Gebäude errichtet wird. (Die Beratung wird geſchloſſen.) Berichterſtatter Stadtv. Holz (Schlußwort): Wir können Herrn Kollegen Zietſch ſehr dankbar ſein, daß er meine kurzen Ausführungen über die langen Verhandlungen des Etatsausſchuſſes wirk⸗ ſam ergänzt hat. Ich freue mich auch, daß er auf den vom Herrn Stadtſchulrat vorgelegten Stunden⸗ plan eingegangen iſt, wenn ich auch nicht in allen Punkten mit ihm übereinſtimmen kann. Was zunächſt das Strafrecht anbetrifft, ſo folgt ja ſchon aus den von dem Herrn Stadtſchulrat angegebenen Daten, aus dem Inhalt des Stunden⸗ planes, daß eine derartige Differenzierung jetzt ſchon vorhanden iſt, daß es wirklich ſchwer iſt, ſo tief in die Materien einzudringen, wie es Kollege Zietſch wünſcht. Ich kann es mir auch vom pädagogiſchen Standpunkt überhaupt ſchwer vor⸗ ſtellen, wie bei den fluktuierenden Klaſſen es möglich ſein ſoll, auf dem Gebiete des Rechtslebens den Unterricht ſo zu erteilen, wie Herr Kollege Zietſch es verlangt hat. Ich glaube daher, daß deſonders der Unterricht auf dem Gebiete des Strafrechts nur ganz unvollkommen ſein würde. Ich für meine Perſon möchte noch beſonders her⸗ vorheben, daß ich auf die Omiſſion in dieſer Be⸗ zeihung gar kein Gewicht lege. Denn was ein