des Kompromiſſes ſtehe, d. h., der Magiſtrat ſteht auch auf dem Standpunkt, daß erſt die Maßnahmen zur Hebung der Volksſchule durch⸗ geführt ſein ſollen, bevor an die Gewährung der freien Lernmittel gedacht werden kann. Das iſt ein Standpunkt, der weſentlich von dem Stand⸗ punkt abweicht, den der Magiſtrat früher vertreten hat. Früher hat der Magiſtrat ſtets grundſätzliche Bedenken gegen die Einführung freier Lernmittel vorgebracht. Es wurde in den Ausſchüſſen und auch hier im Plenum darauf hingewieſen, daß dies der Anfang zum Sozialismus ſei, und daß man ſich vor dem erſten Schritt hüten müſſe. Ich konſtatiere alſo jetzt mit Genugtuung, daß der Magiſtrat wenigſtens etwas entgegenkommend iſt, und ich glaube, daß ſich dann um ſo mehr der Antrag meines Freundes Borchardt rechtfertigt, der ja ver⸗ hältnismäßig wenig Mittel erfordert und auch dem Kompromiß nicht widerſpricht. Bürgermeiſter Matting: Ich glaube, die Deutung, die Herr Stadtv. Hirſch den Worten des Herrn Stadtſchulrats gegeben hat, iſt durchaus irrtümlich. Der Kompromiß beſtand darin, daß die Frage der Gewährung freier Lernmittel grundſätzlich aus der Diskuſſion ſcheiden ſollte, ſolange die Verhand⸗ lungen über die Maßnahme zur Hebung der Volks⸗ ſchule im Gange ſei, d. h. für die nächſten vier Jahre. Wenn der Magiſtrat ſich alſo heute auf dieſes Kom⸗ promiß beruft, ſo hat er damit keinesfalls erklärt, daß er nach Hebung der Volksſchule ohne weiteres bereit ſei, dem Antrage ſeinerſeits zuzuſtimmen, ebenſowenig wie diejenigen Herren, die heute gegen den Antrag Borchardt ſtimmen, damit erklären, daß ſie grundſätzlich gegen die Gewährung freier Lernmittel ſind. Jeder von uns beiden behält ſich für die Zukunft ſeine freie Entſcheidung und Stel⸗ lungnahme vor. Das iſt der Sinn und Inhalt des Kompromiſſes, und ich bitte, in dieſem Sinne gegen den Antrag Borchardt zu ſtimmen. (Die Beratung wird geſchloſſen.) Berichterſtatter Stadtv. Otto (Schlußwort): Meine Herren, der Auslegung, die der Herr Bürger⸗ meiſter dem Beſchluſſe des Etatsausſchuſſes ge⸗ geben hat, die Summe für die Lehrer⸗Witwen⸗ und Waiſenkaſſe von 2000 ℳ auf 2500 ℳ zu erhöhen, hätte ich als Referent keinerlei Bedenken entgegen⸗ zuſtellen. Den Antrag des Herrn Kollegen Dr Spiegel kann ich ebenfalls auf das wärmſte empfehlen. Was den Antrag des Herrn Kollegen Dr Bor⸗ chardt angeht, ſo hat Herr Kollege Dr Borchardt zweifellos recht, daß die neu eingetretenen Mit⸗ glieder der Verſammlung an das Kompromiß vom Jahre 1906 nicht gebunden ſind. Ich habe aber ausdrücklich hervorgehoben, daß die Mehrheit des diesjährigen Etatsausſchuſſes bereits den Antrag, der im Etatsausſchuß geſtellt worden war, abgelehnt at. 0 Das viel erörterte Kompromiß hat folgenden Wortlaut: Die Stadtverordnetenverſammlung ſieht der Einbringung einer Vorlage betr. Hebung der Gemeindeſchulen baldigſt entgegen. Sie er⸗ klärt ihr Einverſtändnis damit, daß in den nächſten vier Jahren⸗ — der Beſchluß wurde am 28. März 1906 gefaßt ⸗ die Frage der Gewährung freier Lernmittel für alle Schüler der Gemeindeſchulen zurück⸗ geſtellt werde. (Stadtv. Hirſch: Nur für die unterſte Klaſſe!) Ich kann für meine Perſon erklären, daß ich vor wie nach auf dem Boden des Kompromiſſes ſtehe, und wenn Herr Kollege Hirſch mir jetzt zurief, daß ja ein Eventualantrag die Freiheit aller Lernmittel nur für die unterſte Klaſſe vorſehe, ſo würde dieſe Auslegung wörtlich vielleicht zu rechtfertigen ſein, dem Sinne des Kompromiſſes aber nicht entſprechen. Zweifellos iſt die Auffaſſung des Herrn Bürger⸗ meiſters richtig, daß man ein grundſätzlicher An⸗ hänger der Gewährung freier Lernmittel für alle Gemeindeſchüler ſein kann und doch unter den be⸗ ſonderen Umſtänden jetzt dieſe Frage für weitere zwei Jahre zurückſtellt. Ich ſtehe auf dieſem Stand⸗ punkt. Der Vorſchlag, der hier gemacht worden iſt, zunächſt mit der Freiheit der Lernmittel bei der unterſten Klaſſe zu beginnen, war ſeinerzeit von mir hier in der Verſammlung gemacht worden, als wir noch nicht über die Mehrheit in der Verſammlung verfügten. Dieſer Vorſchlag wird, wenn das Kom⸗ promiß abgelaufen iſt, als „echt freiſinniger Antrag“, um den Ausdruck des Herrn Kollegen Dr Borchardt zu wiederholen, wiederkommen, (Lachen bei den Sozialdemokraten; Stadtv. Hirſch: Falls nichts dazwiſchen kommt!) und wir werden, wenn wir heute gegen den Antrag Borchardt ſtimmen, keineswegs die Deutung gelten laſſen, daß wir eine alte liberale Forderung grund⸗ ſätzlich ablehnen. Vorſteher Kaufmann: Wir kommen nunmehr zur Abſtimmung. Es liegen verſchiedene Anträge vor. Zunächſt der Antrag des Herrn Kollegen Dr Borchardt: Abſchnitt 6 Poſition 22 zu ändern in: „Lern⸗ mittel für die Schüler der Gemeindeſchulen“ und auf 100 000 ℳ zu erhöhen. Ich laſſe über dieſen Antrag als den weitgehendſten zuerſt abſtimmen. (Die Verſammlung lehnt den Antrag ab.) Wir kommen nun zu dem Eventualantrag des Herrn Stadtv. Dr Borchardt, über den namentliche Abſtimmung beantragt iſt: in Abſchnitt 6 als Nummer 23 eine Poſition einzuſetzen: „Freie Lernmittel für die Schüler der unterſten Klaſſen der Gemeindeſchulen 8000 ℳj “. Die namentliche Abſtimmung wird bei Spalte 1 beginnen. Ich bitte diejenigen Herren, die für den Antrag Borchardt auf Einſetzung von 8000 ℳ ſtimmen wollen, mit Ja zu ſtimmen, diejenigen, die gegen den Antrag ſind, mit Nein zu ſtimmen. (Der Namensaufruf erfolgt. Es ſtimmen mit Ja die Stadtverordneten Bartſch, Bollmann, Dr Borchardt, Flemming, Gebert, Dr de Gruyter, Haack, Hirſch, Holz, Kern, Klick, Mottek, Dr Röthig, Scharnberg, Sellin, Dr Spiegel, Vogel 1, Wilt, Zander, Zietſch, mit Nein die Stadtverordneten Barnewitz, Becker, Dunck, Dr Flatau,Dr Frentzel, Freund, Gredy, Harniſch, Dr Hubatſch, Jaſtrow, Jolenberg, Kaufmann, Dr Lands⸗