falſch unterrichtet haben. eine Lehre aus dieſem ganzen Vorfall ziehen, dann ſollte es die ſein, daß bei zukünftigen Streitig⸗ keiten der Magiſtrat auf einſeitige Informationen verzichtet und daß er, wenn er überhaupt eingreift, dann beide Parteien hört; oder aber, wenn er nicht unterrichtet iſt, ſoll er ſich eines Urteils enthalten, namentlich wenn ſein Urteil in ſo ſchroffer Weiſe zum Ausdruck kommt. Aber, meine Herren, noch ein anderer Grund iſt es, warum ich die Angelegenheit hier zur Sprache gebracht habe, und das iſt das Intereſſe meiner Partei. Sie wiſſen, daß der Herr Oberbürger⸗ meiſter namentlich bei dieſer Gelegenheit auf die ſozialdemokratiſchen Hetzer und Wühler losge⸗ donnert hat. Es iſt Ihnen allen ja bekannt, daß ſich in Deutſchland bereits eine Zentralſtelle gebildet hat, die alles Material, das irgendwo gegen die Sozialdemokratie vorgebracht wird, mag es nun wahr oder unwahr ſein, begierig ſammelt, um es unter das Volk zu bringen, um dem Volke auf dieſe Weiſe eine ganz falſche Vorſtellung von der Sozial⸗ demokratie zu machen und um womöglich neues Material zu einer Zuchthausvorlage zuſammen⸗ zutragen. Gerade deswegen hielten wir es für nötig, um von vornherein einem derartigen An⸗ griffe gewappnet gegenüber zu ſein, den durch nichts begründeten Behauptungen des Herrn Ober⸗ bürgermeiſters die gerichtlich erwieſenen Tatſachen gegenüberzuſtellen. Ob der Reichsverband zur Verleumdung der Sozialdemotratie, von dem ich hier geſprochen habe, von den Berichtigungen Kenntnis nimmt, das weiß ich nicht; ich glaube es nach dem, was wir bisher von dem Verbande erlebt haben, nicht. Aber ſchließlich teile ich ja die Berichti⸗ gung auch nicht jenen Herren mit, ſondern ich ſpreche nur für anſtändige Leute, und die gehören bekannt⸗ lich nicht dazu. Meine Herren, ich komme damit zum Schluß und möchte Sie dringend bitten, daß auch dann, wenn es ſich bloß um Arbeiter handelt, hier im Saale eine gewiſſe Gerechtigkeit geübt wird und daß man es künftig unterläßt — ſowohl auf Seiten des Magiſtrats als auf Seite der Herren Kollegen —, bei jeder Gelegenheit, wo irgendwie Differenzen zwiſchen Arbeitnehmern und Arbeitgebern vor⸗ kommen, ſofort auf die Arbeitnehmer loszuhauen und die haarſträubendſten Dinge über die Arbeiter zu erzählen. handeln beſtrebt ſind, dann, hoffe ich, werden in Zukunft derartige unangenehme Debatten, wie wir ſie am 15. Mai gehabt haben, nicht wieder ſtattfinden. Borſteher Kaufmann: Ich glaube, daß der Herr Kollege Hirſch ſeine ſonſt ſo ruhigen Aus⸗ führungen am Schluß mit einer kleinen Entgleiſung ausgeſtattet hat. Ich kenne nicht die Herren, die dem Verbande zur Bekämpfung der Sozialdemo⸗ kratie angehören. (Zuruf: Er hat geſagt „zur Verleumdung“! — Stadtv. Hirſch: Das war keine Entgleiſung, das war Abſicht!) Es iſt von Ihnen geſagt worden, Sie teilen das nur für anſtändige Leute mit. (Stadtv. Hirſch: Nein, nein! — Zurufe: Jawohl!) Ich kenne die Herren nicht, möchte aber hier feſt⸗ ſtellen, daß dieſer Ausdruck nicht paſſend iſt für einen Verband, deſſen Mitglieder ich zwar nicht tenne, die wir aber hier nicht als nicht anſtändige Menſchen be⸗ zeichnen dürfen. 0 Ich meine, wenn wir (Stadtv. Hirſch: Die verbandes wollte ich als unanſtändige Menſchen Wenn wir alle in dieſem Sinne zu 206 Mitglieder des Reichslügen⸗ bezeichnen!) — Dann, Herr Stadtv. Hirſch, rufe ich Sie zur Ordnung! (Bravo!) Stadtv. Gebert: Meine Herren, wenn ich über dieſe Angelegenheit ſpreche, ſo können Sie mir das vielleicht nachfühlen, da der Herr Ober⸗ bürgermeiſter in der denkwürdigen Sitzung vom 15. Mai vorigen Jahres ſpeziell meine Perſon in ein Licht hineingeſtellt hat, welches — na, ſagen wir gelinde — nicht gut zu nennen iſt. Ich bedaure leb⸗ haft, daß der Herr Oberbürgermeiſter nicht ſo freund⸗ lich war, ſich an die Stelle zu wenden, die ihm ganz ausführliche Berichte ſchicken konnte. Der Herr Oberbürgermeiſter wird ja heute eines anderen be⸗ lehrt worden ſein, weil er in der Zwiſchenzeit er⸗ fahren hat, welche Perſonen ſich an der Stelle dieſer Geſellſchaft ſeinerzeit befunden haben. Ich will auf einen Fall ſpeziell noch hinweiſen, den bereits mein Kollege Hirſch anführte, es iſt dies der Fall mit dem Wagenumwerfen. In dem Gerichts⸗ termin iſt definitiv feſtgeſtellt worden, daß eine Ausſperrung ſtattgefunden hat. In der Sitzung am 15. Mai und auch in den letzten Sitzungen, die wir hatten, wurde immer behauptet, es ſei ein Streik geweſen, Streik und Streik. Es iſt aber ge⸗ richtlich feſtgeſtellt worden, daß von einem Streik keine Rede ſein konnte, ſondern daß es ſich um eine Ausſperrung handelte. Es iſt ein gewaltiger Unter⸗ ſchied zwiſchen Streik und Ausſperung. Die Leute ſind von der Geſellſchaft auf das Straßenpflaſter geſetzt worden. Der Herr Oberbürgermeiſter war ſo freundlich, in ſeinen Auführungen am 15. Mai folgendes zu ſagen, als die Frage aufgeworfen wurde, ob der Vertreter der Organiſation, der ich ſeinerzeit war, berechtigt geweſen iſt, an den Beratungen mit der Geſchäftsleitung teilzunehmen: „zu welchem Zwecke dieſe Perſon an den Beratungen teilnimmt — doch nicht etwa, um Frieden zwiſchen die Parteien zu bringen, ſondern um Unfrieden zu ſtiften.“ — Meine Herren, ſo lange ich mich in der allgemeinen Be⸗ wegung befinde, habe ich ſtets und ſtändig vermittelt und zum Frieden gewirkt. Das beweiſt auch das Zutrauen, das mir meine Wähler entgegengebracht haben, indem ſie mich in das Stadtparlament hinein⸗ dirigiert haben. Das iſt ein Zutrauen, auf das ich mich wohl ſtützen kann. Es iſt aber dann noch von ſeiten des Herrn Oberbürgermeiſters behauptet worden, die Organi⸗ ſation hätte ſich in dieſen Betrieb hineingedrängt. Ich will Ihnen einen Ausſpruch des Herrn Direktors Werner zum Beſten geben, der folgendermaßen lautet: Es iſt immer beſſer, wenn ein Vertreter von Ihnen anweſend iſt, weil mit den ungebildeten Leuten ſich ſchlecht verhandeln läßt. — Hier war es alſo die Geſellſchaft ſelbſt, welche verlangte, daß ein Vertreter an den Verhandlungen teilnehmen ſollte. Sie werden dann weiter in den abgeſchloſſenen Protokollen ſtets die Namen der Vertreter meiner Organiſation finden. In allen Verhandlungen, die wir ſeit dem Jahre 1902 mit dieſer Geſellſchaft gepflogen haben, haben wir immer im beſten Ein⸗ vernehmen geſtanden und haben den beſten Weg zum Frieden gefunden. Sie ſehen alſo daraus, meine Herren, daß der Herr Oberbürgermeiſter voll⸗ ſtändig falſch unterrichtet war.