209 — er dann hier an derſelben Stelle, wo er die! — Ich kenne das Urteil nicht; aber das geht jeden⸗ Anſchuldigungen ausgeſprochen hat, ſie auch zurücknimmt. 9 (Stadtv. Zietſch: Hoffentlich!) Wir werden bei der erſten beſten Gelegen⸗ heit, wenn nicht anders bei der Etats⸗ beratung, darauf zurückkommen. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Herr Stadtverordneter Hirſch hat dann die Tat⸗ ſachen, die ich vorgebracht habe, als Ammen⸗ märchen bezeichnet, mit denen man er⸗ wachſenen Männern nicht kommen ſoll. Dann hat auch Herr Stadtverordneter Dr Borchardt nachher geſagt: „Ganz gewiß teile ich den Standpunkt des Herrn Kollegen Hirſch in⸗ ſofern, daß ich die erzählten Ammen⸗ märchennichtglaube.“ Alſo, meine Herren, die Tatſachen, die ich Ihnen damals angeführt habe, und von denen ich Ihnen geſagt habe, daß ſie mir von der Direktion mitgeteilt worden ſind, — ich habe alſo diejenigen, von denen ich die Dinge habe, hier als meine Gewährsmänner genannt — dieſe Tatſachen. haben die Herren Hirſch und Dr Borchardt als Ammenmärchen bezeichnet und haben geſagt, daß auch nicht ein Fall davon wahr ei. (Stadtv. Hirſch: Das muß erſt bewieſen werden!) Heute haben nun die Herren an mich das Er⸗ ſuchen gerichtet, ich ſollte das zurücknehmen, was ich damals geſagt habe. Meine Herren, es könnte mir gar keine größere Freude paſſieren als eine Zurücknahme deſſen, was ich damals geſagt habe, wenn in der Tat dieſe Ausſchrei⸗ tungen nicht vorgekommen wären. Ich habe dieſe Ausſchreitungen am allerleb⸗ hafteſten bedauert, und ſie ſind mir damals wirk⸗ lich tief in die Seele gegangen. Daraus iſt auch zu erklären, daß ich damals in einer gewiſſen Schärfe mich ausgeſprochen habe. Ich habe es auf das lebhafteſte bedauert, als mir mitgeteilt worden iſt, ſolche Ausſchreitungen ſeien hier in Charlotten⸗ burg paſſiert von Arbeitern gegen Arbeiter. Und wenn in der Tat vom Gericht feſtgeſtellt wäre, daß nichts davon wahr iſt, dann würde ich mit Freude heute vor Sie treten und ſagen: ich habe mich Gott ſei Dank geirrt. Nun, aber, meine Herren, Sie ſehen ſchon aus der Darſtellung des Herrn Stadtv. Hirſch, daß er nicht recht ha, wenn er ſagt: es iſt nichts davon vorgefallen. Herr Stadtv. Hirſch hat Ihnen ja ſelbſt ſchon mitgeteilt, daß Urteile in 14 Fällen ergangen ſind. Ich bin gar nicht in der glücklichen Lage wie Herr Stadtv. Hirſch, von 14 Fällen zu wiſſen; ich habe mir nur Material beſorgen können von 8 Fällen, und den kraſſeſten Fall, in dem jemand mit einem Monat Gefängnis be⸗ ſtraft iſt, habe ich bisher nicht gekannt, von dem höre ich erſt heute vom Herrn Stadtv. Hirſch, und ich bin ihm ſehr dankbar, daß er mir das Material zur Verfügung ſtellt. Alſo es iſt auch nach der Darſtellung des Herrn Stadtv. Hirſch vorgekommen, daß ein Mann mit einem Monat Gefängnis beſtraft iſt wegen Um werfung eines Wagens, von dem Herr Hirſch geſagt hat, der Wagen ſei nur im Sande ſtecken geblieben. Meine Herren, deswegen, weil ein Wagen im Sande ſtecken bleibt, wird ein Mann nicht mit einem Monat Gefängnis beſtraft! Da muß doch wohl etwas anderes dahinter ſtecken. (Zuruf des Stadtv. Hirſch.) geklagten die Leute geſchlagen hat. Herren, die Zeugen haben den Tatbeſtand, den falls aus der Beſtrafung hervor, daß in jenem Fall ſehr grobe Ausſchreitungen vorgekommen ſein müſſen; ſonſt wäre der Mann nicht mit Ge⸗ fängnis beſtraft. Alſo einen Fall grober Aus⸗ ſchreitung hat Herr Stadtv. Hirſch ſelbſt feſtgeſtellt. (Stadtv. Hirſch: Sehr richtig!) Dann hat er einen zweiten Fall feſtgeſtellt wo ein Mann mit einer Woche Gefängnis beſtraft worden iſt, und dann hat er ferner einen dritten Fall erwähnt, wo jemand mit 6 ℳ beſtraft worden iſt. Alſo doch immerhin ſchon drei Beſtrafungen! (Stadtv. Zietſch: Aber doch keine Arnarchie wegen drei ſolcher lumpigen Fälle! Das iſt eine ſtarke Übertreibung!) Alſo die Behauptung, die Herr Stadtv. Hirſch in der damaligen Sitzung ausſprach, daß das alles Ammenmärchen ſeien und kein einziger Fall wahr ſei, iſt jedenfalls durch ihn ſelbſt heute ſchon wider⸗ legt worden, (Sehr richtig!) und ebenſo hat er durch ſeine eigenen Angaben ſelbſt ſchon widerlegt, was er heute wieder ſagte: daß ich durch nichts bewieſene Behauptungen auf⸗ geſtellt hätte. Nun, meine Herren, kann ich Ihnen aber noch mehr erzählen, als was Herr Hirſch Ihnen erzählt hat, von dem Verlauf der Strafanzeigen und den Ermittlungen. Es iſt zunächſt richtig, daß in den 8 Fällen, die ich kenne, und über die ich mir Material beſorgen konnte, zunächſt 3 Frei⸗ ſprechungen zu verzeichnen ſind. Zunächſt eine Freiſprechung, wo jemand angeklagt war wegen Vergehens gegen § 153 der Reichsgewerbeordnung. Das iſt, meine Heren, der bekannte Paragraph über das Streikvergehen. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Streikpoſten⸗ ſtehen!) Der Hauptſache nach ſagt dieſer Paragraph, daß derjenige, der einen andern, arbeitswilligen Ar⸗ beiter verhindert, zu arbeiten, beſtraft wird, und zwar mit Gefängnis bis zu drei Monaten. In dieſem Falle alſo ſtand der § 153 in Frage und außerdem Beleidigung. Hier iſt Freiſprechung erfolgt. Der Richter hat nur feſtſtellen können, daß eine Beleidigung vorlag; daß der Tatbeſtand des § 153 vorlag, iſt vom Richter nicht anerkannt worden. Die Zeugen haben bekundet, daß der An⸗ geklagte ſie mit Worten beläſtigt habe; der Richter hat auch anerkannt, daß Beleidigung vorliegt; aber da Strafantrag nicht geſtellt war, mußte Frei⸗ ſprechung erfolgen. Ein zweiter Fall, in dem ebenfalls Frei⸗ ſprechung erfolgte, iſt folgender. Es iſt Anklage erhoben wegen Körperverletzung, wegen Ver⸗ gehens gegen §§ 152, 153 der Gewerbeordnung. Der Richter hat freigeſprochen, weil Zeugen, die er gehört hat, ihm teils unbeſtimmte, teils wider⸗ ſpruchsvolle Angaben angegeben hatten. Die Zeugen waren ihm alſo nicht glaubwürdig ge⸗ weſen. Aber fünf Zeugen haben — vier eidlich und einer uneidlich — bekundet, daß einer der An⸗ Alſo, meine ich erwähnte, auch hier feſtgeſtellt. Der Richter hat — ich weiß nicht, aus welchem Grunde; ich bin bei der Urteilsſprechung nicht perſönlich dabei geweſen — der Richter hat die Zeugenausſagen aber nicht für genügend erachtet, um darauf eine