212 immer beſſer, daß man ſich von ſolchen Sachen führungen angehört haben, dann allerdings wundert fernhält, mit denen man nichts zu tun hat. (Zuruf bei den Sozialdemokraten.) Ich kann es ihm daher allerdings heute nicht er⸗ ſparen, daß ich ihm den Vorwurf mache, daß er ſich ungerufen in die Dinge hineingemiſcht und das tatſächlich friedliche Verhältnis, das zwiſchen Arbeitgeber und Arbeitnehmern beſtand, in Un⸗ frieden umgewandelt hat. Was den Fall mit dem Revolverſchießen anbetrifft, ſo kann ich auch darüber Aufklärung geben. Ein Junge von 14 Jahren, der in der Erregung geweſen iſt und geſehen hat, daß ein anderer geſchlagen worden iſt, hat in der Angſt einen geladenen Revolver, den er hatte, hervor⸗ gezogen und geſagt: „Laßt das ſein, ich ſchieße!“ Das hat er zwei⸗ oder dreimal gerufen; dann iſt ihm ein Erwachſener in den Arm gefallen und hat ihm den Revolver weggenommen. In Wirklichkeit iſt alſo nicht geſchoſſen worden, ſondern ein 14jäh⸗ riger Junge hat damit gedroht. Die Sache iſt alſo nicht ſo ſchlimm, wie ſie ſchien. Immerhin erkenne ich an: es iſt nicht ſchön, daß jemand mit dem Revolver droht. Aber wenn die Dinge ſo liegen, wenn Haß und Erregung einmal vorhanden ſind, ſind die Menſchen nicht mehr in der Lage, die Tragweite ihrer Handlungen zu überſehen und ſich im Zaume zu halten. Deshalb ſoll man von vornherein ſich hüten, ſolche Dinge anzuregen. Dagegen habe ich mich damals gewendet. Ich ſchließe alſo damit, daß ich zu meinem Bedauern nicht in der Lage bin, dem Wunſche des Herrn Stadtv. Hirſch ſtattzugeben und zu ſagen: es iſt alles nicht wahr, was ich damals geſagt habe, — ſondern ich muß zu meinem lebhaften Bedauern feſtſtellen, daß durch die polizeilichen und gericht⸗ lichen Verhandlungen die Tatbeſtände durchaus erwieſen ſind, und daß ſich alles im weſentlichen ſo verhalten hat, wie ich es damals vorgetragen habe. (Lebhaftes Bravo.) Stadtv. Hirſch: Meine Herren, daß Sie Bravo ſchreien würden, wenn der Herr Oberbürgermeiſter ſeine Behauptungen vom 15. Mai wiederholt, (lebhafte Rufe: Schreien?!) ſtand ja feſt. Der Herr Oberbürgermeiſter kann ſagen, was er will, Ihren Beifall findet er immer. [Lebhafter Widerſpruch.) Was hat der Herr Oberbürgermeiſter getan? Er hat im weſentlichen das, was er am 15. Mai geſagt hat, in milderer Form wiederholt; er hat einige der ſchwerſten Behauptungen ganz außer acht gelaſſen, einige Darlegungen von mir in anderer Weiſe wiedergegeben und ſich dann hin⸗ geſtellt und geſagt: es iſt alles im weſentlichen richtig, was ich geſagt hatte. Wie wenig der Herr Oberbürgermeiſter infor⸗ miert iſt — auch jetzt noch —, dafür möchte ich nur einen Beweis anführen. Der Herr Oberbürger⸗ meiſter ſagte, als ich den Fall von dem Wagen anführte, der im Sande ſtecken geblieben iſt, (Lachen) ich hätte hier witzig geſagt, daß der Wagen im Sande ſtecken geblieben ſei. Nein, Herr Oberbürger⸗ meiſter, ich habe das nicht geſagt, ſondern ich habe Ihnen das vorgeleſen, was das Landgericht III feſtgeſtellt hat. Wenn Sie Ihre Informationen auch ſo gründlich durchſehen, wie Sie meine Aus⸗ es mich nicht, wenn Sie zu ſolchen Schlüſſen kommen. (Zuruf bei den Liberalen: Wenn!) Der Herr Oberbürgermeiſter ſagt: „„Es iſt alles erwieſen, was ich geſagt habe“. Ich muß das auf das allerentſchiedenſte beſtreiten. Es tut mir leid, daß ich noch einmal auf einige Ausführungen des Herrn Oberbürgermeiſters vom 15. Mai zurück⸗ kommen muß, die ich lieber übergangen hätte. Der Herr Oberbürgermeiſter ſagte damals: Die Leute wurden aufs roheſte beſchimpft, es wurden die Stränge durchgeſchnitten, Leute und Pferde wurden mit großen, ſchweren Steinen beworfen. 4 Ja, wo iſt das erwieſen? Das wurde vor Gericht von einigen Zeugen behauptet, von anderen wurde das Gegenteil behauptet, und daß Stränge durch⸗ ſchnitten worden ſind, davon iſt überhaupt nichts bewieſen worden! Weiter hat der Herr Oberbürgermeiſter geſagt vehe kommt der Fall, den ich vorhin erwähnt abe — An einer Stelle jenſeits der Spree, wo nicht viele bewohnte Häuſer ſtehen, iſt einer dieſer ſchweren Wagen mit den darauf ſitzenden drei Leuten von Leuten auf der Straße umgeſtürzt und in einen Graben geworfen worden. Die Leute ſind blutig unter dem Wagen vorgezogen worden. Es iſt eine glückliche Fügung Gottes, daß hier kein Todesfall vorgekommen iſt. Wo iſt das erwieſen? Vor Gericht? Das Gericht hat gerade das Gegenteil als erwieſen angenommen! Das Gericht hat feſtgeſtellt, daß der Wagen im Sande ſtecken ge⸗ bli eben iſt. 5. (Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Und dafür hat der Mann einen Monat Gefängnis bekommen?!) — Der Herr Oberbürgermeiſter ruft mir zu: „Dafür hat der Mann einen Monat Gefängnis bekommen?!“ Nein, meine Herren, ich habe vorhin geſagt, daß der Mann wegen anderer Dinge, wegen verübter Roheiten, einen Monat Gefängnis be⸗ kommen hat, nicht, weil er den Wagen umgeworfen hat, ſondern der 111. iſt ſtecken geblieben! (Lachen.) Der Mann iſt wegen einer andern Sache verurteilt worden. (Lebhafte Rufe: Ganz vorleſen!) — Das iſt meine Sache, was ich 4 (Rufe: Aha! und Lachen.) Aber im übrigen kann ich Sie beruhigen: ich war eben dabei, das vorzuleſen. (Erneute Rufe: Das Ganze) — Ich kann Ihnen noch mehr vorleſen, wenn Sie Zeit haben. (Lebhafte Rufe: Wir haben Zeit!) Ich muß vorausſchicken, daß es ſich hier um ein Berufungsurteil handelt. Es wird darin Bezug genommen auf das Urteil des Schöffengerichts, das beide Angeklagten verurteilt hatte: In der erneuten Hauptverhandlung, in welcher P. ſeine Freiſprechung, D. eine mildere Beſtrafung beantragt, geben die Angeklagten zunächſt glaubhaft an, ſie hätten zu denjenigen Müllkutſchern gehört, die einen höheren Lohn bei ihrem Arbeitgeber an⸗ ſtrebten und, weil dieſem Wunſche nicht ge⸗ willfahrt wurde, das Arbeitsverhältnis löſten