Es ſind im höchſten Grade bedauernswerte Roh⸗ heiten vorgekommen, die durch einwandfreie Zeugen vor dem Schöffengericht und vor der Berufungs⸗ inſtanz beſtätigt worden ſind. In welchem Grade, ob in etwas höherem oder geringerem, darüber können wir ſelſtverſtändlich nicht urteilen, das iſt auch vollkommen gleichgiltig. Es bleibt hier nur zu prüfen übrig, ob wir von unſerm Standpunkt den Wunſch äußern müßten, daß der Oberbürger⸗ meiſter erklärt, er habe ſich geirrt, ſeine Informatio⸗ nen wären falſch. Und da muß ich ſagen: ich habe aus dem, was wir insbeſondere aus den vorgele⸗ ſenen Urteilen zu hören bekommen haben, und was dann Herr Kollege Hirſch noch kommentierend zu⸗ geſetzt hat, doch den Eindruck gewonnen, daß das, was der Herr Oberbürgermeiſter damals vorge⸗ tragen hat, der Wahrheit entſpricht. (Sehr richtig!) Im übrigen meine ich, daß weder dem einen noch dem andern Teile damit gedient iſt, wenn man die Gegenſätze verſchärft und Scharfmacherreden hält. (Sehr richtig!) Wir ſollen doch froh ſein, daß jener Streit begraben iſt, daß, wie es ſcheint, heute Friede zwiſchen Arbeit⸗ gebern und Arbeitnehmern herrſcht. Sie machen den Arbeitgebern zum Vorwurf, daß ſie Scharf⸗ macher ſind, daß ſie die Arbeiter drangſalieren; Sie ſind außerordentlich empfindlich, wenn von ſeiten der Arbeitgeber mal ein ſcharfes Wort gegenüber den Arbeitern fällt; Sie haben es dem Herrn Ober⸗ bürgermeiſter furchtbar verargt, daß er von „Buben“ geſprochen hat — ja, meine Herren, ſind Sie eigent⸗ lich im umgekehrten Falle ſo vorſichtig? legen Sie jedes Wort, wenn Sie von den Arbeitgebern ſprechen, auf die Goldwage? Ach, ich glaube, daß Sie da ganz und gar nicht die Goldwage nehmen, ſondern jenen Ton anſchlagen, der einer gewiſſen Partei eigentümlich ſein ſoll. (Stadtv. Hir ch. Wem? Der Freiſinnigen?) Solange der Ton bei Ihnen üblich iſt, ſollten Sie nicht ſo ängſtlich ſein, wenn auf der anderen Seite auch mal eine etwas ſchärfere Tonart angeſchlagen wird. Jedenfalls iſt es dem Frieden der Sache ganz gewiß nicht zuträglich, wenn man auf einen alten Streitfall zurückgreift, während man froh ſein ſoll, daß der Friede zwiſchen Arbeitgebern und Arbeitnehmern wiederhergeſtellt iſt. (Bravo!) Vorſteher Kaufmann: Herr Kollege Barne⸗ witz hat den Schluß der Debatte beantragt. Nach § 44 bedarf der Antrag noch der Unterſtützung von 10 Mitgliedern. (Die Unterſtützung erfolgt. Die Verſammlung beſchließt den Schluß der Beratung.) Stadtv. Zietſch (zur Geſchäftsordnung): Ich bedaure den Schluß der Debatte aus dem Grunde, weil ich — — (Glocke des Vorſtehers.) Borſteher Kaufmann: Das iſt nicht zur Ge⸗ ſchäftsordnung. (Stadtv. Zietſch: Dann zur perſönlichen 2 Bemerkung!) — Zur Geſchäftsordnung haben Sie nicht ge⸗ ſprochen. Nun wünſchen Sie das Wort zur per⸗ ſönlichen Bemerkung. Bitte! 217 — Stadtv. Zietſch (perſönliche Bemerkung): Dann bedaure ich in perſönlicher Bemerkung, daß ich ſo anſtändig geweſen bin auf der Rednerliſte Herrn Kollegen Crüger den Vort itt zu laſſen. Sonſt wäre mir das Wort nicht abgeſchnitten worden. Stadtv. Gebert (per önliche Bemerkung): Meine Herren, ich bedaure lebhaft, daß Sie mir nicht Gelegenheit gegeben haben, dem Herrn Oberbürgermeiſter eine Erwiderung zu geben. Denn ich bin durch den Herrn Oberbürgermeiſter, auch in ſeiner letzten Bemerkung, ziemlich arg an⸗ gegriffen worden. Ich kann das nicht unwider⸗ prochen laſſen und werde bei einer günſtigen Ge⸗ legenheit abermals au; dieſen Fall zurückkommen. Stadtv. Dr. Crüger (perſönliche Bemerkung): Ich möchte nur feſtſtellen, daß es nicht mein Wunſch geweſen iſt, daß der Kollege Zietſch zurück⸗ trete, ſondern es war der Wunſch des Herrn Kol⸗ legen Hirſch. Stadtv. Hirſch (perſönliche Bemerkung): Meine Herren, gewiß; die Rednerliſte war ſo ge⸗ ſtaltet, daß Kollege Zietſch unmittelbar hinter mir kam und dann Kollege Erüger. Darauf habe ich die Herren Kollegen Crüger und Zietſch gebeten, zu tauſchen, — natürlich; denn wir wußten ganz genau, daß ſich Herr Kollege Crüger hier zum Verteidiger des Magiſtrats aufwerfen würde. Wir waren aber der Meinung, daß ſeine Freunde nicht unmittelbar hinter ihm durch einen Schlußantrag der Debatte ein Ende machen würden — — (Zurufe bei den Liberalen: Das iſt nicht mehr perſönlich! — Haben wir auch nich getan!) — Das haben Sie nicht getan?! (Glocke des Vorſtehers.) Vorſteher Kaufmann: Herr Kollege Hirſch, das iſt nicht perſönlich; das iſt ſchon eine Kritik der Sache. Ich ſtelle hiermit feſt, daß der Vorgang ſich ſo abgeſpielt hat, wie es Herr Kollege Dr. Crüger dargeſtellt hat. Herr Kollege Hirſch iſt gekommen und hat gebeten, Herrn Kollegen Erüger zwiſchen ihn und Herrn Kollegen Zietſch zu ſetzen, und Herr Kollege Zietſch hat ſich damit einverſtanden erklärt. Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Weiter muß ich feſtſtellen, daß Herr Kollege Barne⸗ witz den Antrag geſtellt hat, ohne davon Kenntnis zu haben, daß Herr Crüger mit Herrn Zietſch ge⸗ tauſcht hatte, (Zurufe bei den Sozialdemokraten: Sie haben dafür geſtimmt!) und daß die ganze Verſammlung von dieſem — — (Unruhe und wiederholte Zurufe bei den Sozial⸗ demokraten) — ich möchte doch bitten, daß Sie mich anhören! — daß die ganze Ver ammlung von dem Vorgange, der ſich hier zwiſchen den Herren Hirſch, Ziet ch und Dr. Crüger abgeſpielt hatte, keine Kenntnis hatte, daß ſie alſo bei der Abſtimmung über den Schluß⸗ antrag ſich ganz unabhängig von dieſen Dingen entſchieden hat. (Stadtv. Hirſch: Auch die Freunde des Herrn Kollegen Dr. Crüger?!) Stadtv Zietſch (perſönliche Bemerkung): Ich kann mich durch die Worte des Herrn Vorſtehers nicht getroffen fühlen und möchte nur darauf hin⸗ weiſen, daß es früher Uſus geweſen iſt, wenn je⸗ mand zurückgetreten war, daß die Fraktionen ſich